Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 20. März 2012
Position Prickley Bay, Grenada, West Indies
Seemeilen bisher 33014
Wind Süd-Ost 5 Bft
Tage unterwegs 1041




Ascension (Himmelfahrtsinsel)
ist nur ein Pünktchen auf unserem Wasserballglobus
und nur die Spitze eines gewaltigen Vulkanbergs, der 4000 Meter vom Meeresspiegel zum Meeresgrund in die Tiefe hinab ragt. Entstanden ist die 91 Quadratkilometer kleine Insel, wie auch St. Helena, durch einen hot spot in der Erdkruste, auf halbem Weg zwischen Afrika und Südamerika, genauer auf 8 Grad südlich des Äquators.




Im Vorfeld wusste ich so gut wie nichts von dieser Insel, deshalb erwähne ich kurz was da so abging bevor Momo landete.
1501 wurde die Insel von Joao da Nova entdeckt, aber sie wirkte so unwirtlich dass niemand bleiben wollte, so wurde sie einfach vergessen. Lediglich später vorbei segelnde Schiffe ankerten in der Clarence Bay zwecks Verproviantierung - sie ernteten Schildkröten.
Als 1815 Napoleon nach St. Helena verbannt wurde, besetzte die Royal Navy die Insel Ascension und baute, um Befreiungsversuche zu erschweren, eine Festung. Weiter entstand ein Stützpunkt für das Westafrika Geschwader. 1836 landete Charles Darwin mit der HMS Beagel. Darwin wollte einen Garten Eden aus der Insel machen, so begeisterte ihn das Erscheinungsbild der Insel. Darwin erschuf tatsächlich ein Ökosystem und ließ u. a. Eukalyptus, Pinien und Bambus einschiffen und auf Ascension anpflanzen.
1899 verlegten die Eastern Telegraph Company und andere Firmen die ersten Seekabel zur Insel, um London und das damalige britische Kapstadt zu verbinden. Das war der Beginn der Insel als Kommunikationsknotenpunkt. Im 1. Weltkrieg wurde die erste Funkanlage gebaut. Im 2. Weltkrieg diente die Insel zur Überwachung der Handelsrouten. 1941 hat die United States Army Air Force die Südatlantik-Brücke in Betrieb genommen. Nach dem Krieg wurde die Insel als Testgelände für Interkontinentalraketen verwendet. Die ESA und NASA bauten Bodenstationen. Ascension bekam eine Station für ein Satellitennavigationsystem, GPS, und sie wurde Standort einer Kurzwellensendeanlage des BBC.
1982 diente die Insel den Briten als Basis für die Rückeroberung der Falklands.
2004 erst wurde Ascension für das öffentliche Publikum geöffnet. Heute leben 900 Menschen auf der Vulkaninsel: Amerikaner, Briten und Menschen aus St. Helena, die meisten sind Mitarbeiter der verschiedenen Organisationen.



Am Dienstag, dem 7. Februar wachen wir in der Clarence Bay auf.
Eine Nacht mal wieder durch schlafen hat gut getan. Und der Anker hat gehalten, die See ist nämlich rough und starke Roller brechen sich am Ufer. Ausbooten und Anlanden auf Ascension mit der Einklarierung steht auf unserem Programm heute. An der steilen Hafenmauer und der daran angebrachten Eisentreppe ist wegen der starken Brandung das Ausbooten und Anlanden mit dem Schlauchboot ein Abenteuer. Wir setzen mit einer „Prahm“ (ein offenes Boot) über, welche an der Treppe festgemacht ist und mit Abstand, sie hängt an einer Leine, im ruhigeren Wasser schwoit. Das funktioniert so: wir binden an diesem Boot unser Dinghy an, steigen über auf die Prahm und hangeln uns an der Leine entlang zur Hafenmauer hin, warten einen günstigen Moment ab um dann auf die Leiter zu hechten. Unser wasserdichter Rucksack bewährt sich mal wieder richtig. Unser Hilfsboot treibt nun an der Leine wieder zurück, der Nächste kann kommen. Bei der Rückkehr holt man einfach das Boot wieder dicht. Anlegemanöver klar?


dieses Gefährt ist die Fähre vom Dingy zur Treppe

Wo gab es das seither noch, direkt am Hafen befindet sich sowohl der Zoll als auch die Hafenbehörde und auch noch in einem Büro und Humor haben die Beamtinnen auch noch. Der spezielle Service auf Ascension, das Putzen des Schiffes durch die Triggerfische, sei kostenlos, meinen sie schmunzelnd. Wir bedanken uns freundlich und suchen anschließend noch das kleine Büro der Immigration in Georgetown auf. Einen Schildkrötenstempel in den Pass hat auch nicht jeder, wir freuen uns wie kleine Kinder.


von den Putzer Piranhas haben wir ja schon letztes Mal berichtet

Georgetown
wir schlendern durch einen beschaulichen verschlafenen Ort mit einem Ladengeschäft, wobei auch hier Frischware Mangelware ist, dann gibt’s noch einen Imbiss, die Kirche St. Marys Church aus dem Jahre 1847, die Old Marine Barracks, ein Postamt, ein observation office, eine Bar und das Hotel Obsidion mit einem Souvenir Shop und einem Autoverleih. Kaum ein Auto fährt auf der Straße, auch wirkt der Ort fast menschenleer. Auf der leeren Terrasse des Hotels Obsidion können wir immerhin Internet empfangen und damit e-mails abrufen und schreiben und Wetterberichte holen. Zu trinken gibt’s leider nichts, nicht mal einen Kaffee.



Wenn das Wetter mit macht, wollen wir am Freitag wieder weiter – wohin genau diskutieren wir noch. Vorher steht auf jeden Fall noch „Insel angucken“ und „Schildkröten beobachten“ auf dem Programm.
Auf der Suche nach dem Teufel Devils Ashpit, Devils Inkpot, Devils Cauldron, Devils Riding School.
Bei der Namensgebung der Inselspots scheint der Teufel eine große Rolle gespielt zu haben. Die wenigen Straßen die es hier gibt sind geteert und seit der amerikanische Flughaufen gebaut ist, wird rechts gefahren, Vorfahrt haben die Bergab fahrenden und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 64 Kilometer in der Stunde. Mit dem Auto fahren haben wir somit kein Problem. Unübersehbar ist die Insel vulkanischen Ursprungs, sie ist gespickt mit verkohlten Kegeln und Kratern, sie wirkt nackt und roh, gealtert durch Zeit und Wetter. Unentwegt nagt die Erosion an dem Vulkangestein und irgendwann wird die Insel wieder verschwunden sein – unter dem Meeresspiegel – aber nicht so lange wir hier sind.



Am Denkmal „The Lizard“
halten wir kurz an, soll das ein Kunstwerk sein? Wir lassen uns belehren: Im Zeichen tiefster Verachtung, bewirft man das Denkmal mit Farbe – so ist es Tradition – und dann musst du nicht mehr auf die Insel zurück kommen. (Das spricht nicht für ein glückliches Leben auf der Insel.) Originell sind auch die Bushaltestellen. Ein kleines Holzboot, senkrecht aufgestellt, ist weniger als Unterstand für den Regen gedacht, sondern als Schattenspender.


"The Lizard"

Busstop

Außer dem Hauptort Georgetown gibt es noch im Inselinneren das One Boat und Two Boats Village und die Siedlungen Wideawake und Cat Hill der Royal Airforce und der US Basis. Der Green Mountain, völlig im Kontrast zum restlichen Inselland, steht der 800 Meter hohe Berg als saftig grüne Insel mitten im Dessert. Wir finden eine dichte tropische Vegetation mit Farnen und Grasbüscheln, Ingwer, Pandanus, Kakteen, Eukalyptusbäume und Kiefern vor, an den Hängen wachsen Lilien, genannt Lily. Häufiger Nebel und sogar Regen erschaffen diese Oase. Schon im 18. Jahrhundert bauten die Royal Marines ein Tunnelsystem mit Wasserleitungen vom Berg abwärts ins trockene Flachland. Auf der Höhe erblicken wir Schafe und Hasen und auf den Serpentinen abwärts begegnet uns am Straßenrand der „Red Necked Francolin“, der einem Huhn gleicht.






tropischer Regenwald am Green Mountain


Auch Esel gehören zum Straßenbild von Ascension.

Unübersehbar ein Kommunikationsknotenpunkt
ist der Nordwesten der Insel. Statt eines Nadelwaldes gibt es hier einen Antennenwald, gebaut auf Vulkangestein. Unser Weg führt weiter zur English Bay, Comfort Hess Bay und zur Clarence Bay.




Stopp! Fast hätten wir ihn übersehen, den Golfplatz. Er ist als solcher auch kaum zu erkennen, würden nicht Fähnchen auf dem „Grün“stecken. Wahrscheinlich heißt das „Grün“ hier anders, vielleicht sandy circle, es ist so wenig grün wie das „Fairway“ - nichts ist grün, das ganze Gelände ist ein Sandplatz aus braunrotem Vulkangestein. Rasen mähen ist hier jedenfalls nicht möglich oder nötig.



An den Stränden treffen wir auch keine Badenden an, nur Sandhügel an Sandhügel fallen uns auf, alle sind zirka 70 Zentimeter hoch und zwischen den Hügeln verlaufen Spuren, wie von Geländewagen. Über die seltsamen Spuren und Hügel erfahren wir morgen mehr, bei der Turtle Abendexkursion, geleitet vom observation office.

Turtles - oder die Suppenschildkröte.
Eine Ewigkeit, 150 Millionen Jahre haben die Reptilien überlebt. Sie drohten erst auszusterben, als der Mensch sie als Nahrung entdeckte. Seit der Entdeckung der Insel im 16. Jahrhundert werden die Schildkröten „geerntet“ und als Schiffsproviant verwendet. Auf den Schiffen konnten die lebenden Schildkröten monatelang ohne Wasser und Nahrung auskommen, also ideal geeignet als Frischfleisch. Als kulinarische Spezialität wurden sie regelmäßig nach England verschifft - für die Suppentassen der Königlichen Familie. Die Firma Lacroix in Frankfurt (Deutschland!) verarbeitete noch im Jahr 1959 zweihundertfünfzig Tonnen Schildkrötenfleisch und füllte es in Dosen als Feinkostsuppe. Seit 1988 nun sind die Schildkröten durch das Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt und die Population konnte wieder anwachsen. Mit 4000 weiblichen Schildkröten, die in Intervallen von 3 bis 4 Jahren ihre Eier auf Ascension ablegen, befindet sich auf der Vulkaninsel die zweitgrößte Population im Atlantik. Zwischen Dezember und Mai ist die Brutsaison der Schildkröten
Wie wir selbst von Bord aus beobachten konnten, paaren sich die Schildkröten im Wasser vor dem Sandstrand und stören sie sich in keinster Weise an den ankernden Segelbooten. Eher umgekehrt, wir halten uns mit Schwimmen zurück und beobachten die 250 Kilogramm schweren Riesenreptilien lieber von Deck aus.



Die 25 Jahre alten erwachsenen Schildkröten haben eine lange Reise hinter sich, sie sind von der Nordostküste Brasiliens 1250 Meilen weit über den Ozean geschwommen, um an der Küste von Ascension ihre Eier abzulegen. Den Wellen und Brechern unterwegs trotzen sie mit ihrem stattlichen Gewicht. Die große Gefahr unterwegs für sie sind aber die Netze der Fischer.

Was treiben die Turtles bei Vollmond?
Nach Sonnenuntergang, die Luft hat sich etwas abgekühlt, der helle Vollmond beleuchtet uns (ein paar Segler und unsern Guide) eine eigentümliche Szenerie am Strand. Gespenstische dunkle Schatten bewegen sich gemächlich vom Wasser über den Strand. Es sind Riesenschildkröten, designed für das Leben auf See. Durch den Sand müssen sie sich mit viel Mühe langsam und schwer atmend hoch schleppen, sie hinterlassen eine tiefe Spur – ähnlich eines Geländewagens- zu dem Platz hin, wo sie einmal geboren wurden, um dort ihre Eier im warmen Sand abzulegen.



Zwischen Hunderten von Hügeln, fast der ganze Strand ist schon belegt, finden sie noch ein weiteres Plätzchen – Sand fliegt, eine harte und langwierige Arbeit beginnt. Ist die Schildkröte noch beim Graben, fühlt sie sich schnell gestört und es kann passieren, dass sie unverrichteter Dinge zurück ins Meer flüchtet. Deshalb führt unser Naturschützer seine Gruppe an ein Nest, wo die Schildkröte schon begonnen hat ihre vielen Eier abzulegen. In diesem Stadium lässt sich die Turtle nicht mehr stören, sie ist wie in Trance.



Wir sitzen bei Mondlicht im warmen Sand und beobachten das Eier-Lege-Ritual, das sich genau so schon seit 200 Millionen Jahren abspielt. Mit einer Rotlichtlampe beleuchtet unser Guide die nächtliche Szene.
Als alle 100 golfballgroßen Eier gelegt sind, beginnt das Tier das Loch über den Eiern mit seinen Flossen geschickt zuzuschaufeln, verdichtet es, schaufelt weiter.... und zum Schluss häufelt die Schildkröte noch einen Sandberg auf, bevor sie sich wieder ins Wasser zurück schleppt, wo die männlichen Schildkröten auf sie warten.

Fünfmal, in Intervallen von zwei Wochen, macht das Weibchen diese Brut-Tortur. Ob sich männliche oder weibliche Schildkröten aus dem Ei entwickeln, hängt allein von der Temperatur des Sandes ab. Unter 29 Grad gibt es mehr männliche Tiere, darüber mehr weibliche. Heute sind zweidrittel der Tiere weiblich. Nur Eine von Tausend wird überleben und Ascension wieder sehen.

Nach 6 bis 10 Wochen schlüpfen die kleinen baby turtles aus, Hunderte, sie graben sich, ihrem Instinkt folgend, während der Nacht in Teamarbeit aus dem Sand, hinaus in eine gefährliche Welt. Eine Invasion von kleinen Schildkröten bewegt sich vom Nest zum Strand, aber nur wenige erreichen ihn. Sind die Schlüpflinge morgens zu spät dran, ist die gnadenlose Sonne ihr Feind und sie vertrocknen. Aber auch von lauernden Fregattvögeln werden sie sofort abgegriffen. Diejenigen die entwischen können, stürzen sich in die angeblich sichere See und paddeln gegen die Wellen, aber da warten schon Schwärme der schwarzen immer hungrigen Möchtegern-Piranhas.
Die wenigen Verbliebenen, die es schaffen, sich frei zu schwimmen, sammeln sich im „Korallen-Kindergarten“, wo sie sich von Seegras ernähren. Wenn sie nach einigen Jahren tellergroß gewachsen sind, wandern sie aus an Brasiliens Nordostküste.


Die Thule Crew war vier Wochen nach uns da und hat uns
dieses Foto von den Turtle Babies überlassen


Irgendwann, im Alter zwischen 25 und 30 Jahren geben sie ihr leichtes Leben auf und schwimmen die 1250 Meilen über den Ozean nach Osten, dabei sind sie sechs Wochen unterwegs und leben nur von ihren Fettreserven. Wie sie genau die Stelle finden wo sie vor 30 Jahren ausgeschlüpft sind? Keine Ahnung, Turtle Navigation! Von Tausend Schlüpflingen wird nur eine Schildkröte ihren Geburtsort Ascension wieder sehen. Seit mehr als 150 Millionen Jahren bevölkern Seeschildkröten die Erde. Die Welt hat sich dramatisch geändert – Eiszeiten kommen und gehen, Inseln erscheinen und verschwinden, die Dinosaurier sind längst ausgestorben und die Turtles, die gibt es immer noch. Sie haben sich an alle Konditionen angepasst, sie haben überlebt, seit 150 Millionen Jahren.

Eine Fahrt ins Blaue!
Abfahrt am Freitag, dem 10. Februar 15.30 Uhr.
Wir müssen los, wir leben hier in der Dünung wie in einer Schiffschaukel. Auch das Anlanden mit unserem Beiboot wird mit jedem Tag ungemütlicher. Bis die Baby-Schildkröten ausschlüpfen können wir eh nicht warten. Kurs 285 Grad nach West-Nord-West.

Wohin genau, das wissen wir immer noch nicht. Auf jeden Fall wird es mal wieder ein langer Schlag. Mindestens 10 Tage lang werden wir kein Land sehen. Unser einziger Trost, der Vollmond wird uns leuchten. Bis der Vollmond aufgeht steht ein gigantischer Sternenhimmel über uns, eine friedliche schöne erste Nacht, bei gemütlichem Südostwind mit 4 Beaufort. So kann es weiter gehen.



Momo läuft mit fünf Knoten unter Passatsegeln und der Seegang ist nicht schlimmer als am Ankerplatz.

Tag 2:
Funk mit Hank, der auf dem Weg in die Karibik ist. Wir hören, dass die SY Thule in Cape Town gestartet ist. Bordzeit umgestellt: UTC-1 Stunde. In der Nacht haben wir einen schwarzen Steuermann an Bord, ein schwarzer Vogel sitzt auf der Bank hinter dem Steuer. Schön, Gesellschaft zu haben. Leider scheißt er alles voll.


Gegen 4.00 Uhr in der früh fliegt ein fliegender Fisch in den Salon und verpasst dabei ganz knapp den Herd – der stinkt vielleicht. Einen fliegenden Fisch noch lebend wieder über Bord zu werfen ist nicht möglich, nach wenigen „Flossenzapplern“ verendet sofort und fängt gleich an zu stinken.

Tag 3:
nichts Besonderes. Routine an Bord. Unser Etappenziel steht jetzt fest, Uwe will die brasilianische Insel Fernando de Noronha anzulaufen, um dann in die Karibik weiter zu segeln.

Tag 4:
Immer noch Südost mit 4 Beaufort. Ein fliegender Fisch kommt durch das Oberlicht in den Salon geflogen, platscht auf den Boden, zappelt kurz und stinkt. Es gibt Semmelknödel und Kraut. Ein richtiges Menü. Das Kraut ist noch aus Südafrika und die Knödel aus altbackenem Weißbrot aus Namibia und St. Helena. Der Skipper hat starke Schmerzen in der Schulter. Nachts steuert wieder der schwarze Vogel. 446 Meilen liegen im Kielwasser.

Tag 5:
Der Südostwind legt auf 5 Beaufort zu dazu gibt es Squalls. Zum Mittagessen gibt’s das beste Essen was die Bordküche her gibt: weiße Bohnen in Tomatensoße. Unsere kostenlose Fähre hat sich unter den Vögeln rum gesprochen, heute Nacht fahren zwei blinde Passagiere mit. Einer balanciert unermüdlich krächzend auf dem Solarpaneel, der Zweite macht es sich auf dem Großbaum gemütlich. Schön bei so viel Gesellschaft durch die Nacht zu fliegen.

Tag 6:
Wind Südost 4 bis 5 Beaufort, sonnig und heiß. Die Schulter vom Skipper ist besser. Thule ist unterwegs von Lüderitz nach Walvisbay, wir sind mal gespannt, wann sie uns mal wieder einholen. Die Schlafplätze unserer Vögel heute: der Rettungsring und das rutschige Solarpaneel.

Tag 7:
wahnsinnig heiß und schwül, abends zieht ein Gewitter auf, darauf folgen Squalls mit Regen und ständigem Wechsel der Windstärke. Wir sind beschäftigt mit ein- und ausreffen, auch in der Nacht. Um 4.30 Uhr frühmorgens sehen wir das erste Schiff seit unserer Abfahrt auf Ascension.

Tag 8:
Mittags findet um Momo eine kleine Delfinshow statt. Mehr als Hundert Tiere springen wie toll aus dem Wasser, drehen Saltos schauen mit einem Auge hoch zur Momo, aber nach zehn Minuten müssen sie weiter. Schon wieder Büchsenkost zum Mittagessen, Uwe hätte gerne mal wieder Fisch gegessen aber leider beißen die Fische nur seine Plastikköder ab – wohl bekomms. Momo läuft den ganzen Tag schon 6 Knoten schnell. Mit diesem Tempo berechnen wir, erreichen Fernando de Noronha bei Dunkelheit. Die Sorge erledigt sich, denn in der Nacht „verhungert“ die Momo in der Flaute und wir werden von Meile zu Meile langsamer, die Segel killen.

Tag 9:
Jetzt wird es richtig nass und ungemütlich, Wind, Regengüsse, Flaute – in ständigem Wechsel. Ups – da ist ja plötzlich ein Schiff, keine halbe Meile vor uns quert und glättet es die See. Die"Hannah Schulte" war das, sagt uns das AIS. Wir nützen eine längere Regenphase um eine Süßwasserdusche zu nehmen – hoffentlich hält der Regen durch, bis das Shampoo abgespült ist!? Bei jedem Regenguss müssen wir die Oberlichter und die Bretter am Niedergang schließen. Am Horizont beobachten wir eine Wasserhose. Der Wirbelwolkenschlauch zwischen Wasseroberfläche und Wolke löst sich zum Glück wieder auf. Eine anstrengende Nacht folgt wieder, aber zum Glück die Letzte – auf dieser Etappe.


Tag 10:
Um 5.00 Uhr morgens, der Skipper hat Wache, kommt Land in Sicht. Eine Stunde später sehen wir eine geniale Silhouette aus dem Ozean ragen, eine Felsnadel, gleich einem Phallus! Wir sind angekommen, am 1015ten Tag seit unserer Abreise! Auf Fernando de Noronha fällt unser Anker um 7.50 Uhr nach 1139 gesegelten Meilen. Um diese Zeit gibt’s Frühstück statt Anlegerbier. Die Plätze hinter der geschützten Steinmauer sind leider den Fischerbooten, Ausflugs-, und Versorgungsschiffen vorbehalten. Wir liegen draußen in der Baia Porto de Santo Antonio und brauchen uns nicht zu wundern, dass wir schon wieder ungemütlich im Schwell liegen, so ein massiger Vulkanberg mitten im Ozean stört die Meeresströmungen gewaltig.




Fernando de Noronha, Brasilien auf 03°54' Süd und 032°25' Wes
t
Die Inselgruppe ist durch einen Vulkanausbruch vor 12 Millionen Jahren entstanden. Sie liegt 290 Seemeilen nordöstlich von Recife am brasilianischen Festland und besteht aus einer Hauptinsel, 13 Inselchen, 8 Klippen und besitzt die schönsten Stränden Brasiliens. 17 Quadratkilometer Landfläche mit dem 323 Meter hohen Krater des Morro do Picco erheben sich über den Meeresspiegel und unter dem Meeresspiegel, auf 4000 Meter Tiefe, liegt der Fuß beziehungsweise die Basis des Vulkans. Besiedelt ist die Inselgruppe seit 400 Jahren, unterstand dann bis 1987 dem brasilianischen Militär und war für Touristen gesperrt.



Momo klariert in Brasilien ein.

Am Sonntag, dem 19. Februar, nach dem Frühstück und anschließendem kurzen Erschöpfungsschlaf, (normalerweise schläft man erst und dann kommt das Frühstück, aber an Bord ist nichts normal) booten wir unser Dinghy aus. Uff ist das heiß hier. Hinter der Steinmole betreten wir die Urlaubsinsel mit dem sanften Tourismus. Die Besucherzahlen sind beschränkt auf 500 Touristen pro Tag – aber wenn jetzt noch zwei Segler ankommen? Zu unserer Überraschung bietet der Hafenmeister uns als erstes Kaffee und eine Bisquitrolle an. Es wäre unhöflich abzulehnen. Solange wir Kaffee trinken und Kuchen essen ruft er, obwohl heute Sonntag ist, die Zoll- und Immigrationsbeamten an. Bequemer für uns geht’s nicht mehr und schnell sind alle Formalitäten erledigt. Günstig wird unser Aufenthalt aber nicht, 689,73 Reais müssen wir für drei Tage bezahlen (Taxe dé Ancorge pro Tag 172,31 Reais, Taxa dé Preservação pro Tag 86,40 Real – wir bezahlen für drei Tage 689,73 Brasilianische Reais, umgerechnet über 250 Euro. Wir besitzen aber kein brasilianisches Geld. Für den Hafenmeister ist das kein Problem, er leiht uns 20 Reais, die können wir ihm morgen zurück geben.


Viele, viel Reais kostet der kurze Aufenthalt - der teuerste Platz der Reise

Auf Fernando de Noronha fährt man mit Buggies.
Mit dem Taschengeld nehmen wir den Bus zum Flughafen, denn nur dort gibt es einen Geldautomaten. Während der Busfahrt gewinnen wir gleich den ersten Eindruck vom Inselleben. Auf der Straße begegnen uns fast ausschließlich bonbonbunte offene Buggies, mit Surfbrettern beladen, gefahren von fröhlich ausgelassenen jungen Leuten.








Auf dem Rückweg vom Geldautomaten steigen wir im 3000 Einwohner zählenden Hauptort Vila dos Remédios aus. Das Städtchen liegt am Hang vor der Praia do Cachorro. Malerisch säumen alte Gebäude, eine Kirche und einige Bistros die kopfsteingepflasterte steile Hauptstraße. Auf der schattigen gemütlichen Terrasse des Cassimba Bistrot testen wir die brasilianische Küche und trinken ein kühles Bier.





Das Maximum an Kleidung sind knielange Surfshorts, man trägt Flip Flops an den Füßen und ein Surfbrett unter dem Arm. Es ist nicht zu übersehen, man geht nach Fernando de Noronha zum Surfen und Tauchen. Gilt der Inselarchipel doch als Tauchspot Nummer 1 in Brasilien und weltweit gehört er zu den Top 5.



Seit 1988 gehört die geschützte Meeresfläche, der Marinepark, im Inselarchipel wegen seiner Artenvielfalt dem UNESCO Weltnaturerbe an. Die Taucher finden im glasklaren Wasser eine reiche Unterwasserwelt mit Delfinen und Meeresschildkröten.

Die hügelige Landschaft, Klippen und Steilwände machen die Zugänge zu den Stränden und Ufern nicht so einfach. Erst per Anhalter in einem Buggy und dann weiter mit einem Taxi lassen wir uns den holprigen Weg hinunter zur Praia da Cacimba kutschieren.

Hang-Loose
So nennt man die Brasilianischen und Internationale Surfmeisterschaften. Diese werden am Surfstrand Praia da Cacimba do Padre ausgetragen, wo hawaiianische Verhältnisse für das aufregende Wellenreiten herrschen. Wie man bei uns daheim zum Schifahren geht, so gehen die jungen Leute hier zum Surfen. Auch ohne Meisterschaften ist heute Einiges geboten. Im 26 Grad warmen Wasser warten die Surfer auf die perfekte Welle – vielleicht ist es die nächste oder die nächste – stundenlang schauen wir den Unermüdlichen in sengender Hitze zu.



Drink bei Bubble
An unserem letzten Abend sind wir und noch ein junges Seglerpaar aus Schweden auf der "SY Bubble" eingeladen. Im Ölzeug fahren wir bei strömendem Regen mit unserem Schlauchboot zur Bubble. Aufgereiht auf dem Salontisch wartet Hochprozentiges: Rum, Gin, Whisky, Punsch, halt alles was Prozente hat. Ein ganz junges, unbeschwertes Bubble Team, die sich blendend vertragen: Alex der Skipper und Eigner ist Amerikaner, gebürtiger Pole und seine Crew hat er unterwegs aufgelesen, wie Diego aus Galapagos. Sorgen scheinen die jungen Leute nicht zu haben. Beim lustigen feuchtfröhlichen Abend, sieht man die Sache mit dem Motorschaden auf „Bubble“ und dem Schiff der Schweden locker. Nur unter Segel wollen sie das Festland von Brasilien, vielleicht Fortalezza anlaufen.


Alex, den Bubble Skipper kennen wir schon seit Südafrika


Diego aus Galapagos mit der Momo Crew!!!!!!

Mit einem Löffel Erdnussbutter
füttert uns „Bubble“-Skipper Alex noch zum Abschied, das dichtet ab! So locker wären wir nicht in deren Situation, aber man weiß sowieso nicht was kommt, warum sich Sorgen machen? Wir schätzen uns glücklich, unser Sir Perkins läuft, das Rigg ist neu und die Momo ein seetüchtiges Schiff. Morgen geht’s Richtung Karibik, mit Zwischenstopp auf der Isle de Salut vor Französisch Guyana. Dann ein bisschen Inselhopping in der Karibik und sobald ein stabiles Wetterfenster aufgeht weiter zu den Azoren und im Juli wollen wir mit Momo wieder in Europa sein. So der Plan.


Abschied von Fernando de Noronha
Momo nimmt Kurs auf die Inselgruppe Ile du Salut, auch Teufelsinsel oder Insel der Verdammten genannt.
Vor uns liegen ca. 1300 Seemeilen, erneut 8 - 10 Tage auf See!

Dienstag, 21.,Februar
11.30 Uhr Anker auf. Ein sonniger heißer Tag, der Südostwind bläht unsere Twinsegel auf und Momo macht über 6 Knoten Fahrt, die Strömung schiebt zusätzlich mit einem Knoten. Wir fahren einen Kurs von 273 Grad und passieren, mit angemessenem Abstand in der Nacht die Spitze eines Unterwasser Gebirgsrückens, das Atoll das Rocas. Das Atoll gehört auch zum Weltnaturerbe dank seiner reichen Meeresflora und Fauna. Auf dem Atoll trifft sich die größte Kommune der Seevögel vom ganzen Westatlantik.

Eine Störung im Wellenbild
entdecken wir früh morgens. Wir trauen unseren Augen nicht. Eine Delphinwelle bewegt sich direkt auf uns zu! Hunderte von Tieren scheinen einen gemeinsamen Ausflug zu machen. Vielleicht kamen sie aus der Baia dos Golfinhos, der Bucht auf Fernando de Noronha, denn dort soll die weltweit größte Ansammlung von Delfinen leben. Eine lebende Welle – Wahnsinn.

Tag 2:
Südost-Wind 4-6 Beaufort. Wir arbeiten wieder in Nachtschichten. Derjenige der schlafen muss, kann nicht. Also sind wir morgens beide unausgeschlafen. Momo läuft ohne Pause vor dem Südostwind und mit der Strömung über 7 Knoten schnell. Die Topographie des Meeresbodens macht sich am chaotischen Seegang bemerkbar – Momo auf Gebirgstour! Unter uns befinden sich gewaltige sea mountains. Nur 86 Meter unter der Wasseroberfläche befindet sich ein Hochplateau und dann wird es noch knapper, die Bergspitze liegt nur noch 18 Meter unter der Wasserlinie.



Chaotischer Seegang und dicke Squalls mit über 30 Knoten Wind halten uns ständig auf Trab. Und dann will der Skipper auch noch angeln. Ich will aber keinen Fisch, schon gar keinen kochen. Ich versuche die Anglerkiste ordentlich einzuräumen, was mir nicht gelingt, Köder und Haken fliegen durch das Cockpit im Rhythmus der See. Das passt dem Skipper nicht, vielleicht ist er auch nur maulig wegen seines Anglerpechs. Unser Etmal beträgt heute immerhin 161 Seemeilen.

Tag 3:
Ein Riesensquall mit 8 Beaufort Wind leitet den neuen Tag ein. Regen, Windböen, kurze Flaute, dann wieder schlagartiger Winddruck auf die Segel. Bevor die Windböen Momo erreichen, müssen wir die Segelfläche verkleinern, also reffen. So geht’s den ganzen Tag. Wir beobachten ständig die Wolkenformationen, reffen ein, reffen aus und machen dabei 8 – 10 Knoten Fahrt.

23.00 Uhr, ich bin gerade eingeschlafen, da weckt mich der Skipper mit der frohen Botschaft, dass wir unsere Passatsegel wegnehmen müssen, da der Wind plötzlich von Südost auf Nordost gedreht hat. Fein, Schwimmweste anziehen, Stirnlampe aufsetzen und raus in die Nacht. Eine Stunde später muss ich wieder versuchen zu schlafen. Unsere drei Blinden Passagiere, die sich auf eine gemütliche Nachtfahrt auf dem Großbaum eingestellt hatten, haben wir mit der Aktion verjagt. Fliegen sie jetzt durch die Nacht oder sitzen sie dösend auf den Wellen?

Tag 4:
immer noch Nordost, aber recht schwach mit 3 bis 4 Windstärken.
Momo segelt vorlicher als Halbwindkurs. Von stürmischen Windböen und Winddrehern bleiben wir heute verschont. Laut Wetterkarte liegt die ITCZ, die für die starken Windböen verantwortlich ist, fünfzig Meilen südöstlich von uns. Wir hoffen, dass wir sie hinter uns gelassen haben. Fortalezza liegt jetzt quer ab am brasilianischen Festland. Während meiner ersten Lieblingsnachtwache beschäftigt mich ein Licht von achtern, das AIS meldet nichts, also beobachten, dabei Erdnüsse knabbern und Cola trinken. Normal ein verpöntes Menü, aber in der Nacht auf dem Ozean braucht man diese Kalorien. Im Notfall tuts auch Schokolade.
Auf seiner Wache nimmt der Skipper die Maschine zur Verstärkung, der Wind ist zu schwach und außerdem bremst uns ein Gegenstrom, der hier eigentlich gar nicht sein sollte. Aber wo ein starker Strom läuft gibt es auch immer wieder Stromwirbel und in so einem stecken wir jetzt drin! Also brummt der Perkins, die Crew steckt sich zum Schlafen Oropax in die Ohren.


Was wohl nach der Flaute kommt - bestimmt nicht Rechtes.

Tag 5:
Machtkampf des Nordost- und Südostpassats. Der Nordost verliert gegen den Südost, aber dann gewinnt wieder der Nordost. Die ständigen Wechsel bescheren uns einen völlig konfusen Seegang. Dazu wechselt der Gegenstrom wieder in Schiebestrom. Momo führt sich auf wie ein wildes Pferd.

Die ITCZ
Wir tanzen nach den Launen der Intertropical Convergence Zone, kurz ITCZ, auch bekannt unter dem Kalmengürtel oder Doldrums. Es handelt sich um eine 50 bis 300 Meilen breite Tiefdruckrinne in Äquatornähe. In dieser Zone treffen die Passatwinde von Nord-Ost und Süd-Ost aufeinander. Starke Quellbewölkung, stürmische und stark drehende Böen, unterbrochen von Windstille, Platzregen und Gewitter sind die Folge. Die Tiefdruckrinne wandert und verändert sich mit den Jahreszeiten und leider auch von Tag zu Tag.

Wir fahren zwei Mal gerefft, der Wind pfeift. Unter uns ein Plätschern und Gurgeln, gewaltige Wellen klatschen gegen den Rumpf. Alle Luken müssen geschlossen bleiben, weshalb im Schiff unerträgliche Schwüle herrscht. Dieses „Segeln“ kann sich kein Nichtsegler vorstellen.

Mit Beginn der Dunkelheit und der ersten Wache folgen Schauer. Segeln ist ja auch ein Wassersport. Gefahren sind wir schon 700 Meilen.



Tag 6: Sonntag 26. Februar.
Die Entscheidung
Überraschung! Als ich morgens um 8.00 Uhr aus der Koje wanke, überrascht mich der Momo-Skipper mit einer Kursänderung. Den Kurs direkt auf St. Lucia zu stecken wäre günstiger, als weiter am brasilianischen Kontinentalschelf entlang zu segeln. Bis zum Zwischenstopp auf der Isle de Salut wären es noch 500 Meilen, und dann müssten wir wieder Ein- und Ausklarieren. Das könnten wir uns doch sparen, Inseln haben wir ja schon genug gesehen und nach St. Lucia sind es n u r noch weitere 1340 Seemeilen. Eingeschaukelt sind wir inzwischen auch schon, Verpflegung, Wasser und Diesel ist noch genügend an Bord, also kommt es auf die paar weiteren Seemeilen nicht mehr an. Auf diese Überraschung muss ich nochmal ausschlafen und Kräfte sammeln, bis die nicht auszubleibenden starken Windböen meine Mithilfe an den Winschen erfordern. Nach dem ersten Schock freue ich mich jetzt auf die Karibik, speziell auf St. Lucia, wo wir vor mehr als drei Jahren, genau am 10. Dezember 2009 nach 18 Tagen Atlantiküberquerung, in der Rodney Bay eingelaufen sind. Dann gibt’s Rumpunsch – auf nach St. Lucia!


Um 10.53 Uhr segeln wir über den Äquator.
Der Wolkenhimmel lässt keine Laune für eine Äquatortaufe aufkommen, schon gar noch auf einen gemütlichen Drink. Ist die dunkle Wolkenwand des Squalls erst mal über dem Schiff, schlagen auch schon die Böen gnadenlos zu. Selbst das einfachste Essen zubereiten ist Sklavenarbeit, muss aber sein, wer weiß, was noch auf uns zu kommt. Ein heißer Ritt, wir laufen jetzt 300 Grad, hoch am Wind, zweimal gerefft. Nur gut verkeilt in Polster und Kissen findet man bei dem Geschaukel und bei der Schräglage eine Schlafposition. Uwe scheint aber während seiner Freiwache fest zu schlafen, er träumt, dass er mit seinem P f e r d Momo zum Einkaufen auf den Markt reitet. Dort angekommen muss er es (die Momo) aber vor anderen Pferden beschützen!??

Tag 7 Kurs 318 Grad - St. Lucia
Morgens Südost mit 5 bis 7 Windstärken im ständigen Wechsel. Die Segelyacht Momo galoppiert mit 3 (drei!) Reffs im Großsegel mit 7 Knoten über den Ozean. Der Wolkenhimmel ist heute unberechenbar, wir können kein System erkennen, mal flaut der Wind kurz ab, es schüttet, dann braust der Südost wieder los, in den Böen bis 30 Knoten - und dann das gleiche Spiel von vorn. Die ITCZ, die wir geglaubt hatten hinter uns zu haben, hat uns wieder eingeholt und ist jetzt wieder über uns. In ein paar ruhigeren Momenten habe ich angefangen einen Brotteig zu kneten, jetzt muss ich die Quälerei zu Ende bringen. Backen „Hoch am Wind“ ist eine Quälerei, Akrobatik und brandgefährlich. Herrlich schmeckt uns aber das frische „Hoch am Wind Brot“, es baut auf für die kommende Nacht.
Zu Bruch gegangen ist heute Nacht eine Stirnlampe, jetzt haben wir nur noch eine. Uns geht’s ordentlich, den Umständen entsprechend, wie auch dem erschöpften Vogel, der zehn Stunden lang unentwegt auf der Reeling über dem Schleppgenerator fest gekrallt saß, und den ständig überkommenden Salzwasserduschen getrotzt hat. Morgens putzt er sich das Gefieder und fliegt einfach weiter. Hat er das Schiff in die richtige Richtung genommen – wir steuerten 318 Grad?

Tag 8

Die Itcz schlägt voll zu
Südostwind 4 – 5 Beaufort mit ständigen Böen und Schauern. Leider muss ich mich seit Tagen wiederholen. Böse, böse Wolken. Uwe ist mal wieder angeleint zum Kontrollgang auf dem Vorschiff unterwegs. Um 15.00 Uhr erwischt uns eine Hammerbö mit 35 Knoten Wind. Aus einer recht harmlos „getarnten“ Wolke erwischt sie uns eiskalt. Jetzt rollen wir auch noch den Klüver komplett weg. Abends huschen kleine Delfine an uns vorbei, sie haben keine Lust auf Kunststücke, ganz eilig ziehen sie weiter. Wir sind voller Hoffnung, es sieht so aus, als würden die Wolken zusammenfallen, wäre schön für die Nacht – aber nein, immer mehr, immer gewaltiger brauen sie sich zusammen.
In der Nacht fahren wir dauerhaft gerefft, das Passatgebläse schaltet auf und ab von 24 auf 35 Knoten Wind und das wird jetzt auch unserem Steuermann Johannes, der Windfahne zu viel. Anton, unser Autopilot, muss jetzt ran. Wacker hält er seinen vorbestimmten Kurs. Wir haben es nicht oft gebraucht in den vergangenen drei Jahren, aber wenn, so wie heute, dann ist es unverzichtbar – unser absolut wasserdichtes Ölzeug. Die Gischt zischt über das Vorschiff und das Cockpit. Wir haben das Blauwasser nicht nur unter uns, auch über uns. Etmal 161 Seemeilen, wenigstens kommen wir vorwärts.


Tag 9
Mittwoch 29. Februar
keine Wetterberuhigung, der Südost hat auf Ost-Südost gedreht und treibt Momo zu Höchstleistungen an, trotz minimalem Tuch läuft das Schiff mit 7 Knoten. Ausnahmezustand herrscht im Salon, Salzwasser auf dem Boden lässt sich nicht mehr vermeiden, ständig stapfen wir mit triefendem Ölzeug und Gummistiefeln den Niedergang rauf und runter, dazu nasse Handtücher, Bodenlappen, Büchsenbohnen, Flugobjekte. Schwapp - durch das geschlossene kleine Fenster in der Achterkoje schwappt eine Eimermenge voll Salzwasser herein. Auch das noch aufputzen – wenn mir nur nicht schlecht wird.
Wir versuchen im Wechsel zu schlafen oder wenigstens zu entspannen. Wache heute von 19.00 bis 23.00Uhr die Crew, also ich, von 23.00 Uhr bis 3.00 Uhr der Skipper.
Wie war die Wettervorhersage eigentlich?

Supergau
Die Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag dem 1. März
Nachtwache Brigitte: ohne besondere Vorkommnisse. Ost-Südost-Wind mit 6 bis 7 Beaufort, die See ist grob und über drei Meter hoch. Ich gebe ab an den Skipper und verschwinde in die warme Koje, verbarrikadiere mich mit Kissen und Polstern. Auch wenn es schwer fällt, ich muss schlafen, denn um 3.00 Uhr beginnt meine neue Wache.2.30 Uhr: Plötzlich – Rummms – gefolgt von Stille...... gespenstischer Stille

Erschreckt fahre ich aus dem Schlaf – sind wir irgendwo drauf gefahren? Uwe steht im Ölzeug im Salon, er kommt gerade vom Nachjustieren der Windfahne. „Nein“, sagt er gefasst - „das Rigg“. Der Skipper steigt den Niedergang hoch und sieht die Katastrophe bestätigt. Ein grauenhafter Anblick – ein freier Blick über das Deck. Momo ist enthauptet, kein Mast, keine Segel sind mehr zu sehen. Aber kein Aufschrei entfährt uns, nur der Atem hat kurz ausgesetzt, um unser Herz klammert sich eine Faust und trotz der Katastrophe oder gerade wegen der Katastrophe, gibt es keine Panik, keine Hektik. Auf Position 05°26'11'' Nord und 50°33'84'' West ist die Katastrophe passiert, ich notiere sie ins Logbuch.
„Jetzt Ruhe bewahren, auf keinen Fall darf einer von uns über Bord fallen“
So die ersten Worte des Skippers. Ölzeug und Schwimmwesten mit Sicherheitsgurten haben wir in Windeseile angezogen. Der zweite Satz von Uwe: „Ich brauch den Wantenschneider“. Ein Handgriff in den Schrank neben dem Niedergang und schon drücke ich ihm die überdimensionale Zange in die Hand. „Soll ich das Deckslicht an machen“ frage ich? Ich merke sofort, dass das eine blöde Frage war - es gibt kein Deckslicht mehr ohne Mast.

Achterbahnfahrt mit freier Flugbahn über den Ozean
So robbt Uwe am Sicherheitsgurt gesichert am Strecktau bäuchlings übers Deck, bewaffnet mit Messer und Wantenschneider. Auf seinem Kopf hat er die letzte noch funktionierende Stirnlampe, zwei Stirnlampen sind uns schon kaputt gegangen seit Südafrika. Ich installiere zusätzlich am Heck unseren 12 V Strahler und für kurze Zeit leuchtet noch eine weiterer starker Akku-Strahler. (Von Aldi, er tut auch schon seit 3 Jahren immer wieder seinen Dienst.)

Kleines Edelstahltoggel verursacht Komplettverlust des Riggs!
Der Mast ist an der Backbordseite über Deck gegangen. Verbogen ist die Reelingstütze am Mast und abgeknickt ist die Backbord-Reeling vom Schiff. Die Wanten hängen über die abgeknickte Reeling in das Meer. Von Mast und Segel ist nichts zu sehen. Wahrscheinlich treiben die Segel unter dem Schiff und wirken als Treibanker, vielleicht hängt der Mast auch noch an den Wanten und könnte so auch noch an den Schiffsrumpf schlagen und ihn beschädigen.
Die Nacht ist stockfinster. Momo klatscht in den drei bis vier Meter hohen Wellen. Uwe zwickt immer noch die Stahldrähte ab. Es gibt nichts mehr zu retten. Die Schwachstelle und gebrochen ist das Edelstahltoggel vom achteren Steuerbord Unterwant. Das weiß Uwe ganz genau als er nach 40 Minuten Schwerstarbeit, die nur mit enormem Adrenalinschub möglich war, die letzten 10 Millimeter dicken Wanten abgezwickt hat. Dieses kleine Toggel, das die Verbindung zwischen Pütting und Wantenspanner herstellt, ließ beim Bruch das gesamte Rigg umstürzen. Vielleicht ist der Mast dabei umgeknickt und dann aus dem Mastfuß gesprungen? Wir wissen es nicht. Bei diesem Seegang ganz vor an den Bug robben um das dicke Edelstahlwant am Vorstag abzuzwicken, dieses Risiko will Uwe jetzt bei Nacht nicht eingehen, die seitherige Aktion war schon gespenstisch genug, mit dem ersten Tageslicht will er Momo vom letzten Stag befreien.


Wantenschneiden, bei ruhigem Wetter nachgestellt


Das Toggle am Vorstag ist völlig verbogen, hat aber gehalten

Wie konnte das passieren?
Diese Frage wird uns später und noch länger beschäftigen.
Momo treibt manövrierunfähig im Atlantik in stockfinsterer Nacht.
Jetzt muss ein PanPan Ruf raus.
Um 3.15 Uhr setzt Uwe die Meldung an MRCC in Bremen ab,
über Iridium Satelittentelefon, das wir uns für Notfälle angeschafft haben. Seither wurde es von uns aber nur für Geburtstagsgrüße in die Heimat eingesetzt. Dass wir das Sat-Telefon wirklich einmal so dringend brauchen, hätten wir nie gedacht. Uwe gibt den Sachverhalt durch, unsere Position, Rufzeichen und die Satelliten-Telefonnummer. Die Meldung wird über Bremen weiter gemeldet an MRCC Cayenne in Französisch Guyana, dem nächsten für uns erreichbaren Festland.
Um 4.10 Uhr meldet sich MRCC Cayenne
Wir tauschen die Notfallnummern.
Die Crew packt zu der sowieso gepackten roten Notfalltasche noch eine zusätzliche Notfalltasche: Festplatten und Kameras, thats it!

Um 5.00 Uhr
Momo treibt, die Besatzung ist wohlauf, ruhig, aber angespannt


Um 7.00 Uhr
mit dem ersten Licht wagt sich Uwe mit seinem Spezialwerkzeug auf das Vorschiff und kappt das letzte Stahlseil. Kein Wrack - nur ein komplettes Rigg versinkt jetzt im tiefen Ozean, ein 16 Meter langer Mast mit der Elektrik, zwei Bäume, Wanten, das Achterstag mit der Antenne für den Kurzwellenfunk, die Rollanlage und vier Segel. Bevor wir los fahren repariert Uwe noch notdürftig die Schiffsreeling. Jetzt nützen wir das Iridium Telefon so richtig aus. Unsere Kinder gilt es zu benachrichtigen. Bert von der Heimkehr ist der nächste. Dann müssen wir Jens anrufen, bei ihm haben wir die ESA-Versicherung für Momo abgeschlossen, jetzt wird sich zeigen ob wir eine gute Wahl mit der Bootsversicherung getroffen haben.


Momo ist jetzt ein Motorboot.


Sir Perkins mit seinen 50 PS ist nicht dafür gedacht über Hunderte von Meilen den Ozean zu durch pflügen, auch die Konstruktion des Schiffes nicht. Ohne die Stütze des Riggs und der Segel sind wir ein fast willenloses Objekt und hüpfen wie ein Korken auf dem Wasser. Aber wir sind schwimmfähig, haben eine Maschine und sind somit nicht wirklich in Not, n u r unkomfortabel werden die nächsten Meilen. Nach realistischer Einschätzung der Lage haben wir den Wunsch, die Karibik doch noch zu erreichen begraben. Auch bekommen wir jetzt die Anweisung der ESA Versicherung: auf Grund der Situation und der zu erwartenden Wetterverschlechterung (was hatten wir seither?) verlangen sie, den nächstgelegenen Hafen anzulaufen, das Schiff reparieren zu lassen oder zu prüfen, ob die Yacht als Deckslast auf ein Frachtschiff verladen und nach Europa transportiert werden kann.

Neues Ziel: Cayenne die Hauptstadt von Französisch Guayana.
An die Nordküste Südamerikas zum französischen Überseedepartement Französisch Guayna, das zwischen Brasilien und Suriname liegt.Die Mannschaft wird auf Seefestigkeit geprüft.
Wir melden MRCC unsere Abfahrt und starten Sir Perkins um 9.30 Uhr.

Inzwischen scheint die Sonne, und unsere Maschine bringt Momo auf Kurs. Das GPS funktioniert noch und unsere Radaranlage, aber nur weil diese ihren eigenen Mast am Heck hat. Die UKW Antenne ist über Bord gegangen, aber wir haben noch eine Notfunk-UKW-Antenne als Ersatz mit um die Welt gefahren, und die hat Uwe heute früh auch noch provisorisch installiert. Das Wetter ist optimal, Südost mit 4 Beaufort, keine Squalls. Sir Perkins läuft und der Autopilot hält seinen Kurs mit 230 Grad. Die Mannschaft wird auf Seefestigkeit geprüft, wir waren zwar schon gut eingeschaukelt, aber was jetzt kommt ist eine andere Nummer, körperlich und physisch.

Ist Verlass auf Sir Perkins?
Um 18.00 Uhr erreichen wir die 2000 Meter Linie des Festlandsockels, jetzt fällt innerhalb der nächsten 15 Seemeilen die Wassertiefe rapide um 1900 Meter. Entlang des Sockels fährt unser Motorboot auf einer Wassertiefe von nur noch 100 Meter - Sir Perkins – wir legen unser Schicksal in Deine Hand.

Tag 10, Freitag 2.März
Neues Ziel Kourou, 40 Meilen östlich von Cayenne
Zuhause hat Heimkehr-Bert eine Relaisstation eingerichtet, er schreibt unseren Blog, über ihn laufen viele besorgten Anrufe. Bert hat auch Kontakt zu unseren Freunden von der SY Lison Life. Dirk und Sylvie waren in Cayenne, sie raten uns ab, dort einzulaufen. Der Ankerplatz weit außerhalb der Stadt, wäre nicht geeignet für eine Reparatur, auch für eine Verladung des Schiffes gäbe es keine Möglichkeit. Vorschlag, wir sollten besser nach Kourou.

Wir kontaktieren daraufhin wieder unsere Versicherung und erhalten ihr ok.
8.00 Telefonat mit Bert
8.30 Uhr Kontakt mit MRCC Cayenne
9.00 Uhr Sir Perkins bekommt Verstärkung, die Meeresströmung schiebt mit zwei Knoten. Momo pflügt durch Flaschengrünes Wasser, die Tiefe beträgt nur noch zwanzig Meter.

Um 13.20 Uhr sind wir nur noch 1,25 Seemeilen von der Iles des Diable entfernt,
was ist jetzt los? Unsere Maschine immer langsamer – jetzt steht sie. Der Anlasser bewegt sich nicht mehr. Momo treibt, der Strom schiebt mit 2,5 Knoten in Richtung Felsküste. Totenstille an Bord. War der Kampf durch die See zu viel für Sir Perkins? Wir haben keine Zeit, die Ursache zu suchen, wir treiben Richtung Felsen! Kommando vom Skipper: Klar zum Ankern!
Kriechend bewege ich mich an den Bug vor zum Anker, während die Schiffschaukel zwei Meter auf und ab fährt. Schnell lasse ich die kompletten 70 Meter Kette ausrauschen, ein kontrolliertes Einfahren geht nicht mehr, der Anker liegt wie er liegt – ändern kann man nichts mehr. Die Bewegungen vom Schiff in den Wellen und im 2,5 Knoten schnell fließenden Strom reißen ruckartig an der Kette - ob das wohl gut geht? Ich habe größte Sorge um die Ankerwinsch. Uwe funkt MRCC Cayenne an und schildert unsere neue Situation.

Rückruf MRCC. Wir werden abgeschleppt, ein Schiff ist bereits unterwegs von der Iles de Diable.
In der Zwischenzeit bereiten wir einen Hahnepott an den Bugklampen vor und befestigen daran eine fünfzig Meter lange Schwimmleine. Diese Leine haben wir um die Welt transportiert, nicht umsonst, jetzt findet sie ihren Einsatz. Momo bockt und zerrt an ihrer Kette. Nun läuft die Zeit – wird unser Anker halten bis unser Rettungsschiff eintrifft? Unsere Nerven sind brutal angespannt. Will da jemand unsere Grenzen testen? Endlich sehen wir einen Katamaran um die Teufelsinsel biegen. Er heißt Albatros und an Bord ist ein Mann: Marc, unverkennbar ein Franzose mit einer Gitane im Mundwinkel. 14.30 Uhr unsere Rettung - Albatros


die Albatros schleppt uns um die Ecke der Teufelsinsel

Mark manövriert seinen Katamaran parallel zur Momo. Jetzt kommt es darauf an, klappt das Manöver? Uwe wirft Mark unseren Wurfsack zu, an dessen Leine er die lange Schwimmleine befestigt hat – geschickt fängt ihn Mark auf. Unser Retter positioniert nun seinen Katamaran vor Momos Bug, jetzt muss schnell der Anker hoch. Ohne unseren Honda Generator, der uns dazu Strom liefert, wären wir ganz schön aufgeschmissen. Erst jetzt kann die SY Albatros Gas geben, im Schlepp, bei zwei Meter Wellenhöhe, die 16 Tonnen schwere Momo.

Mark klärt uns über Funk auf, dass er uns auf Grund des hohen Seegangs und der widrigen Wetterbedingungen nicht in die 15 Meilen entfernte Stadt Kourou schleppen kann. Er schleppt uns in die Ankerbucht der Teufelsinsel. Immer näher fährt er ans Ufer der Bucht, jetzt sind wir mal gespannt, was Marc mit uns vor hat. Verdammt dicht am Ufer steuert die Albatros plötzlich eine Boje an, blitzschnell macht Mark daran den Katamaran fest, nimmt die lange Schwimmleine dicht, befestigt eine weitere Leine am Heck von Schiff zu Schiff - jetzt sind wir ein Päckchen. Mark stellt seine Maschine ab und erscheint sofort wieder an Bord, in den Händen ein kühles Getränk.


Marc ist ein super Manöver gefahren



Das tut gut – wir bedanken uns bei unserem Retter, ein wirklich netter Kerl, der jetzt bei MRCC Cayenne Meldung erstattet. Mir schlottern die Knie, der Schreck, die Anspannung und das kühle Getränk, das kein Fruchtsaft war sondern ein Rumpunsch.


die Teufelsinsel mit der ehemaligen französischen Strafkolonie

Von Kourou zur Teufelsinsel fahren Sightseeingboote, darunter auch der Katamaran Albatros. Wir hatten ein ganz besonderes Glück, dass Mark die Albatros noch nicht zurück nach Kourou gefahren hat.

Auf den Adrenalinschub der vergangenen Stunden folgt eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit, nichts kann uns noch schocken. Wir sind mit blauen Flecken davon gekommen, die Reise ist jetzt wohl beendet, keine Segel, keine Maschine – Momo fast ein Wrack. Aber das ist heute. Morgen ist Morgen. Ich bin total aufgekratzt. Auf den Punsch schmeckt ein köstliches Anlegerbier, dazu gibt’s Käsepfannkuchen. Bei einer Flasche Wein aus Südafrika hängt dann jeder von uns seinen Gedanken nach. Was jetzt? Morgen früh will Mark wieder kommen und mit Uwe nach dem Problem mit der Maschine forschen.

Momo und der Archipel der Verdammten (´Ile` du Salut)
Die Inseln sind ein beliebtes Ziel für Touristen. Zu sehen sind die Ruinen der ehemaligen Strafkolonie und eine Funkstation zur Überwachung der Raketenstarts in Kourou.
Und Momos Schicksalsinsel, ihr Weg sollte nicht an der Insel der Verdammten vorbei gehen. Verdammt – wie so ein verdammt kleines Toggel den Komplettverlust des Riggs verursachen kann.

Die kleine Inselgruppe, mit der Ile du Diable, Ile Royal und Ile Saint-Joseph,
15 km von Kourou entfernt, ist unbewohnt und hat eine düstere Geschichte. Bis 1951 unterhielt Frankreich hier ein Gefängnis mit 2000 Gefangenen, unter unmenschlichen Haftbedingungen, mit Zellen ohne Dach, so dass die Gefangenen voll dem Regen und der tropischen Sonne ausgesetzt waren.
Der bekannteste Gefangene war Hauptmann Dreyfus, bekannt vom Buch und Film „Papillon“ von Henri Charrière oder die Komödie „Wir sind keine Engel“ mit Humphrey Bogart und dann gibt es noch ein weiteres Drama:„Flucht von der Teufelsinsel“.
Fast hätte es ein neues Drama gegeben: „Momo zerschellt vor der Teufelsinsel“, aber das wird nicht geschrieben. Momo wurde in letzter Minute gerettet.

Tag 11, Samstag 3. März

10.30 Uhr, die Maschine läuft - los von der Teufelsinsel.
Dass wir mit eigener Kraft Kourou anlaufen können, hätten wir gestern Abend nicht geglaubt. Sir Perkins, unsere Maschine schnurrt wieder. Der Grund warum die Maschine gestern gestreikt hat war simpel. Das Geschaukel durch die Wellen war so extrem, dass die Leitung des Tagestanks Luft statt Diesel geschluckt hat. Uwe glaubte jedoch an das Schlimmste, denn schon eine Zeit lang hat er beobachtet, dass die Öldruckanzeige am Anschlag steht. (Fortsetzung später) Jetzt laufen wir die 15 Seemeilen auf Kourou zu, exakt durch die betonnte Gasse, rechts und links liegen Flachs. MRCC Cayenne nimmt wieder mal Verbindung mit uns auf - alles klar! Wir haben die Flussmündung mit der flachen Barre erreicht. An der Ecke des Festlandes steht ein Hotel, weiter kommt ein Steg – aber leider nicht für uns. Wir müssen ankern und sind dabei in „bester“ Gesellschaft, hier liegen noch mehr Boote ohne Mast, einige, ihrem maroden Aussehen nach, schon seit längerer Zeit.



Neben dem betonnten Fahrwasser, fällt um 14.00 Uhr unser Anker in das schmutzig-braune Wasser des Riviere de Kourou. Obwohl wir nur 4,50 Meter Wasser unter dem Kiel haben, stecken wir 60 Meter Kette auf dringende Empfehlung des Insiders Mark von der SY Albatros. Das ist auch dringend nötig wegen der bis zu fünf Knoten starken Strömung im Fluss, die alle 6 Stunden, je nach Tide, mal landeinwärts, mal zur Mündung strömt. An beiden Seiten des Flusses dehnen sich Mangrovenwälder aus, ein Hafen mit Werft wäre uns lieber gewesen.


Momo vor Anker im Kourou Fluß

Sonntag 3. März
Momos Position im Fluss Kourou ist 05°08'901 Nord und 52°38'939 West.
Wir melden unsere gute Ankunft an MRCC Cayenne, auch Bert von der Heimkehr können wir beruhigen. In einen Begeisterungstaumel über unseren Nothafen fallen wir aber nicht. Dagegen fallen wir erschöpft in einen todesähnlichen Schlaf, aber nur für zwei Stunden, die schwüle Hitze zwingt uns an wieder Deck und gefasst gehen wir an die Schadensaufnahme und machen Bilder für die Versicherung. An der Backbordseite weist der Rumpf einige Kratzer auf, die Holzreeling ist gesplittert, der Edelstahlkorb am Bug ist verbogen und die Reeling niedergedrückt, wie auch die Reeling am Mastfuß. Wir entfernen noch baumelnde Wanten- und Leinenstümmel und als wir das gebrochene Toggel in Händen halten läuft uns ein Schauer über den Rücken. Anschließend gehen wir an den Bau eines Sonnensegelprovisoriums, das sehen wir momentan als Priorität eins an, denn die gnadenlose Sonne ist nicht auszuhalten. Erst nach Sonnenuntergang kühlt die Luft ab, aber sofort tauchen gespenstische Fliegen auf. Das Dengue Fieber, das die Viecher auslösen können möchten wir nicht auch noch bekommen.



Mastbruch von Momo
Diese story ist inzwischen auch der Presse bekannt geworden – Bert ist daran sicher nicht ganz unschuldig. Johannes Erdmann, von der "Yacht" berichtet über die Havarie ebenso wie Kai Köckeritz vom "Segeln-Magazin". So erlangen wir in Deutschland eine traurige Berühmtheit, auf die wir gerne verzichtet hätten!

Sonntag 4. März in Kourou
Um 9.00 Uhr, ewig nicht mehr so gut geschlafen, sind wir schon mit dem Dinghy flussaufwärts unterwegs, auf der Suche nach dem Zoll. Ein hoher Zaun versperrt uns den Weg zum Land, das Tor geschlossen - am Sonntag ist natürlich niemand da. Auch wenn es nicht so aus sieht, wir sind in einem EU Land. Unser Außenborder streikt, darf er ja auch mal, oder? Inzwischen haben wir Gegenstrom im Fluss, dagegen kommen wir mit Paddeln nicht an. Wir lassen uns mal wieder abschleppen!


schon wieder brauchen wir Schlepphilfe

In die Stadt kommen wir schließlich mit den Franzosen Alan und Marina. Sie nehmen uns mit in ihrem Dinghy und bringen uns später wieder zurück. Die Zwei kennen auch einen Internetladen, wo wir mails schreiben und beantworten können und eine Werft suchen wir auch. Wir treffen Jean Claude, morgen will er mit uns zum Zoll fahren. Im Chinesen Laden besorgen wir uns Baguette und Bier.

Nachmittags baut Uwe aus 8 Meter Kupferkabel eine Not-Kurzwellenantenne. Bei Knoblauchspagetti, nach Rezept der SY Argonauta, bauen wir theoretisch ein Notrigg. „Mât de fortune“, wörtlich "Glücksmast", ist die französische Übersetzung. Uns ist inzwischen ganz klar geworden, in Kourou läuft nichts, kein Segelmacher, kein Rigger, die Werft ist eine Bruchbude und einen Mast finden wir auch nicht. Nur die Regenzeit im nächsten Monat, die kommt sicher und vorher wollen wir wieder weg sein.

Zufällig in Kourou
Französisch Guayana ist so groß wie Österreich, hat aber nur 200 000 Einwohner – junge - mit einem Altersdurchschnitt von knapp 29 Jahren. 90 Prozent des Landes ist mit tropischem Regenwald bewachsen und 90 Prozent beträgt auch die Luftfeuchtigkeit. Kreolen, Schwarze seit der Kolonialzeit, Asiaten, europäische Einwanderer und auch einige Indianer bewohnen das Land, das französisches Überseedepartment und damit Mitglied in der EU. Bekannt ist Kourou als Weltraumbahnhof der ESA (hat nix mit unserer Versicherung zu tun)

Günstig für die Starts der Raketen ist die Lage am Äquator, die Ausnutzung der Erddrehung und die Nähe des Ozeans. 1965 starteten französische Höhenforschungsraketen, Satellitenträger Diamant, ein misslungener Startversuch der Europa 2 Rakete, 1979 die erste Ariane und bis 2003 Ariane 4 und 5 Raketen, seit 2011 auch russische Sojus Raketen und im gleichen Jahr wurden auch die ersten zwei Galileo Satelliten ins All geschickt.

Für Ende März ist wieder ein Raketenstart geplant, den Start live beobachten zu können, wäre genial. Aber stärker ist unser Bedürfnis Korou schnellst möglich wieder zu verlassen. Hoffentlich machen wir mit Momo vorher den „Abflug“.


Wie verbringen die Momos 8 Tage in Kourou?

Verabredung am Steg mit Jean Claude, wir bringen den Außenborder in die Werkstatt von Yamaha und finden den Zoll versteckt hinter dem bewachten Hangar Gelände der Ariane Raketen. Bei der Autovermietung mieten wir uns einen Golf, wir wollen Jean Claude nicht länger zur Last fallen und ohne Fahrzeug vergeuden wir wertvolle Zeit. Es ist schon schwierig genug den Fluss rauf und runter zu kommen mit der Tide ohne Außenborder.Die Momo auf einen Frachter zu laden scheidet aus, eine Reparatur mit neuem Mast und neuem Rigg kann man in Kourou auch vergessen, eher könnte man uns hier ins Weltall schießen.


unsere Adresse in Kourou: Avenue du Generale de Gaulle no.1

Auch sonst ist in dem 25 000 Einwohnerdorf, deren Hauptstraße die Avenue du Générale de Gaulle ist, der Hund begraben. Es gibt nicht mal öffentliche Verkehrsmittel. Wir lernen viele hilfsbereite Segler kennen, und bekommen noch mehr Tipps. In Trinidad oder Grenada, so kristallisiert es sich langsam als heraus, können wir Momo reparieren lassen. Der 16 Meter lange Mast und die Bäume müssen aus Europa geliefert werden, ein kompetenter Rigger muss auf der Werft sein und neue Segel müssen genäht werden. Stahlarbeiten sind nötig, das gesplitterte Holz an der Scheuerleiste muss ersetzt werden, der Rumpf an backbord muss ausgebessert und lackiert werden. Diese Reparaturen werden dauern, Monate, dann muss auch noch sichergestellt sein, dass die Versicherung den Standort akzeptiert, wegen des Hurrikan-Risikos.

Wir bauen einen Glücksmast (mât du fortune)
Selbst ist der Mann. Zwischen zwei Wolkengüssen beginnen wir mit der Bestandsaufnahme und sichten unsere Bordmittel. Wir besitzen noch einen brauchbaren Spi-Baum (er war an Deck festgelascht und hat den Sturz des Riggs fast unbeschadet überlebt), wir besitzen noch eine kleine Fock und eine Sturmfock, dazu vierzig Meter Spektralleine und noch genügend Ersatzschoten und ein großes Sortiment an Schäkel und Blöcken )Umlenkrollen). Die unterwegs gesammelten unterschiedlich dicken Teakholzbretter kommen jetzt zu ihrer Anwendung.






den oberen Teakholzklotz haben wir im Suwartow Atoll im Pazifik
gefunden - jetzt kommt er zum Einsatz als Mastfuss


Mit diesem Bausatz und viel Kreativität und Einsatz entsteht innerhalb einer Woche unser Notrigg. Im Großen und Ganzen war die Sache klar, aber im Detail stellt sich die Arbeit ziemlich kniffelig dar. Die Späne fliegen, als wir den „bauseits“ vorhandenen Holzklotz zum Mastfuß für den Spibaum sägen, bohren und schleifen. Den sieben Meter langen Spibaum gilt es nun einzupassen. Oben versehen wir ihn mit einem Kopfbeschlag dann verspannen wir das Notrigg und mit den Hightech-Spektralleinen.




Beim Aufstellen helfen unsere neuen Seglerfreunde Erwin aus
Argentinien und Chuck aus Polen.


Die Sturmfock passt, die vorhandene Fock als Großsegel gesetzt, ist zu groß, deshalb bekommt sie am Hals einfach einen Knoten verpasst. Fertig, der Glücksmast! Unser Werk kann sich sehen lassen. Auf der nächsten Fahrt kann kein Edelstahltoggel brechen, unsere Konstruktion wird nur von der Spektralleine gehalten. Bei einem Bier mit Erwin und Chuck checken wir nochmals gemeinsam die Reise unter Notrigg durch, eventuell ein Stopp in Suriname schlägt Chuck vor, Erwin favorisiert Trinidad für eine Reparatur, wir haben uns für die Karibikinsel Grenada entschieden und auch schon mit der Versicherung abgestimmt.


fast wieder ein Segelschiff, so liegt Momo im Kourou Fluss


wir feiern das erfolgreiche Aufriggen unseres "mat de fortune"

Der in der Werkstatt reparierte Außenborder streikt schon wieder, jetzt paddeln wir halt oder nehmen die Hilfe unserer Seglerfreunde an, um an den Steg zu kommen. An Land revanchieren wir uns, sie können dann im Auto mit fahren. Per Post schicke ich ein Riesenpaket los – in den Finkenweg, mit mir ganz persönlichen wichtigen Sachen. Man weiß ja nie. Noch ein letztes Mal einkaufen beim Super U und noch ein paar französische Leckereien vom Bäcker, so wollen wir uns die Reise wenigstens etwas versüßen. Den Dieseltank und alle Kanister füllen wir in langwieriger Arbeit auf. Auto zurückbringen. Ordnung machen. Notfalltaschen packen. Zum ersten Mal hat der Skipper keine Zeit und schickt seine Crew zur Abmeldung beim Zoll, es eilt, wir müssen los, das Wetterfenster sieht perfekt aus für die kommenden Tage.


Internet-Wettercheck

Am Sonntag dem 11. März ist es soweit.
Auf in die Seeschlacht!
Die alte Crew ist auch wieder dabei, das war nicht sicher, aber die Zeit hat die Wunden geheilt, bis Grenada halte ich noch durch - denke ich.
Wenn alles gut geht mit dem Glücksmast, werden wir in ca. 6 Tagen die über 700 Meilen entfernte Karibikinsel Grenada erreichen.



45 Minuten vor Hochwasser, um 7.10 Uhr heißt es Anker auf im Riviere Kourou. Unsere Notsegel sind schon gesetzt, dekorativ leuchtet das orangefarbene Sturmsegel und die Fock mit dem Knoten ist schon speziell, als Windfahne dient die Baden Württemberg-Flagge. (Windmesser gibt’s ja keinen mehr.)Die Sonne scheint, der Wind bläst mit 15 bis 20 Knoten und in Böen bis 25.


Der Ebbstrom zieht uns mit vier Knopten über die Barre im Kouroufluss

Wir motoren durch die fünf Meter flache Gasse und lassen nach drei Stunden die Isle de Salut hinter uns. Die Sorgen des Skippers kann ich nicht mit ihm teilen, denn er sagt sie mir nicht. Unsere Route geht nun entlang der Nordküste Südamerikas, an Suriname und British Guyana vorbei. Vor Trinidad an der Nordspitze von Venezuela führt der Kurs nördlicher auf Barbados zu und die nächste Insel ist dann auch schon Grenada.

Der Südäquatorialstrom
ist ein Hauptwasserlieferant des Golfstroms und wir benützen ihn als Förderband. Mit seinen Wassermassen schiebt er uns gewaltig mit – bis zu 3 Knoten schnell. Ihr Wasser bezieht die Meeresströmung aus dem Benguelastrom, überquert den Atlantik am Äquator, fließt in westlicher Richtung an der Nordost-Küste von Brasilien vorbei und weiter nach Nordwesten zur Karibik (und dort ist Momo aufgesprungen). Ich fürchte seekrank zu werden, die See ist sehr grob und rollig und unserem Segelschiff fehlt die Stabilität, trotz Notrigg. Die Hitze wird brutal. Unser Versuch Momo als Segelboot ohne Maschinenunterstützung einzusetzen, funktioniert nicht, die Segelfläche ist zu klein.


das Notrigg funktioniert prima

Der Skipper kontrolliert zum X-ten mal den Ölstand (?) und checked unsere High Tec Wanten und Fallen Wir fahren zwar mit drei Antriebskomponenten: Maschine, Stützsegel und dem globalen Förderband des Äquatorialstroms, wenn jedoch die Maschine aussetzen würde, hätten wir wirklich ein großes Problem, aus dem ein echter Seenotfall werden könnte. Bloß nicht daran denken. Jede gefahrene Meile ist eine weniger – 700 müssen wir insgesamt, die Belastung für uns Drei ist jedenfalls ist hoch.

Im Vollwaschgang
vergehen so die ersten zwei Tage und Nächte, sie ziehen sich endlos, obwohl wir ordentlich Fahrt machen, 5 bis 6 Knoten über Grund. ,Der Nordost-Wind bläst mit 3 Beaufort, aber die Hitze schlaucht uns gewaltig. Inzwischen funktioniert unser Radar nicht mehr. Das ewige Geschaukel hat ihm das Genick, beziehungsweise wahrscheinlich ein Kabel gebrochen. Unsere Notfunk funktioniert prima und das Notrigg hält der Belastung stand – noch. Langsam vergehen auch die kommenden zwei brutal heißen Tage. Einen Süd-Ost haben wir jetzt mit 4 Beaufort, auch damit kommt das Rigg noch klar. Wir fühlen uns wie Lappen in der Waschmaschine im Vollwaschgang. Wieder kontrolliert Uwe den Ölstand. Schon wieder Nachtwache. Halbzeit!

Der Südost legt noch weiter zu und pustet mit sechs Windstärken in unsere „Taschentücher“. Squalls mit Wolkengüssen bringt er mit. Bange beobachten wir unseren Glücksmast, macht er seinem Namen Ehre und bleibt stehen?

Am 5. Tag: Unsere Minisegel schlagen bei den Schauern und Winddrehern, es hilft nichts, beim nächsten heftigen Squall müssen wir unser „Großsegel“ bergen. Immer noch folgen wir dem natürlichen Förderband, Momo schafft 6 Knoten Fahrt über Grund und um 20 Uhr freuen wir uns: an Backbord sind die Lichter der Karibikinsel Tobago zu sehen. Aber noch sind wir nicht in Grenada. Die letzte Nachtwache beginnt! Wir mobilisieren nochmals alle Kräfte und hoffen dass morgen die Odyssee vorbei sein wird.

Grenada - endlich
Tag 6: Freitag der 16. März wird zu unserem Glückstag! Um 8.35 Uhr ist Land in Sicht. Um 11.00 Uhr läuft Momo unter Notrigg in die Prickley Bay ein. Auf 11°59'59 Nord und 061°45'77 West, kurz vor dem nächsten Regenschauer, fällt unser Anker.Niemand kann sich vorstellen, welche Last von unseren Schultern fällt. 712 Seemeilen seit Kourou, 118 Motorstunden – Tag und Nacht. Unsere Weltumseglung endet hier nach insgesamt 33014 Seemeilen und 1041 Tagen. Vor der kommenden Hurrikan Saison wird Momo noch nicht wieder flott sein, an ein Weiterkommen ist also erst im nächsten Jahr zu denken.Wir sind beim letzten Anlegerbier – der „Strom“ ist abgedreht, Gedanken und Gefühle schwirren – da erzählt mir der Skipper ganz nebenbei, dass der Öldruck laut Anzeige schon seit Kourou am Anschlag gestanden hat – aber wahrscheinlich wäre nur der Öldrucksensor defekt, die Maschine sei ja schließlich gelaufen. Das erklärt mir jetzt auch die unentwegten Kontrollen. Er wollte mich nicht noch mehr beunruhigen? So ein Quatsch! Vorbei. Vergessen. Wir schmücken Momo mit den Flaggen aller von uns besuchten Länder.


Stolz schaukelt sie jetzt mit ihrem Glücksmast in der Prickley Bay.


Dieses Anlegerbier haben wir uns verdient
und der Skipper ist stolz auf seine starke Crew


Wir organisieren einen Termin für den Hardstand auf der Werft, machen Bekanntschaften mit den Seglern in der Bucht und besuchen zusammen mit einer Neuseeländischen Crew ein Steelband Festival in St. Georges. Lastwagenweise werden „Blechfässer“ angekarrt, auf denen Jugendliche, Kinder und Fastprofis ihre Musik machen. Begeistert, unbeschwert, herrlich! Uns geht’s wieder gut, wir sind mal wieder angekommen. Momo mit uns und wir mit Momo, wir haben uns ganz gut zusammengerauft.



Momo kommt aus dem Wasser
Jetzt hängt sie am Kran, die ganze Welt hat sie auf eigenem Kiel umrundet!
Schadensaufnahme mit Frankie vom Spice Island Marine Service. Viel Arbeit kommt auch auf Richard, den Rigger von „Turbulence“ zu: Der Mast muss aus Europa geliefert werden, Maststufen, neue Winschen, neue Elektrik, Antennen, neue Wanten, neue Rollanlage, sämtliche Segel (werden auf der Nachbarinsel Barbados genäht), an der Backbordseite muss die Reeling repariert werden, auch die Scheuerleiste aus Holz, der Rumpf muss ausgebessert und neu lackiert werden - in Blau. Dieses Blau gibt’s nur in Neuseeland und muss eingeflogen werden. Die ESA Versicherung wird den enormen Schaden übernehmen, allerdings muss Momo hurrikansicher aufgestellt sein und der neue Mast darf erst nach der Hurrikan-Saison aufgestellt werden – im Oktober.

Das Leben an Bord von Momo auf dem Hardstand.
Tagsüber brennt die Sonne und nach Sonnenuntergang brennen die Mückenstiche. Einzige Abwechslung zwischen den Arbeiten wie aufräumen, zusammenpacken, putzen, Wäsche waschen, Sensor suchen, Ölfilter besorgen und vor allem mit den Leuten von der Werft alles auf die Reihe bringen, ist die Bar „Big Fish“. Der Big Fish liegt direkt an der Bucht, da weht wenigstens ein Lüftchen und das Bier wird Eimerweise ausgeschenkt. Der Eimer, gefüllt mit Wasser und Eiswürfel, enthält drei 0,25 Liter Fläschchen Carib-Bier. Zu Zweit brauchen wir locker einen zweiten Eimer.


Bier eimerweise im Big Fish

Brigitte sagt am 26. März frühmorgens mit gemischten Gefühlen adieu zu MOMO.
Mit dem Flugzeug und viel Übergepäck geht’s jetzt heim. Ob Momo und ich uns jemals wiedersehen steht in den Sternen. Uwe hat noch ein paar Wochen zu tun bis alles soweit organisiert und Momo „Hurrikan-klar“ ist. Er versichert mir, dass er das allein schafft. In ein paar Wochen will er nach kommen. Wenn der neue Mast von Momo dann im Oktober gestellt wird, will er aber wieder dabei sein
In der Zwischenzeit wird Momo mehrere Monate allein auf Grenada bleiben müssen. Auch an eine Weiterreise nach Europa mit ihr ist, wegen der umfangreichen Reparaturen, erst im kommenden Frühjahr zu denken, die Hurrikan Saison muss vorbei sein und das passende Wetterfenster für die Überquerung des Atlantiks kommt erst im Mai 2013.

Am 27. März 2012: die Crew ist zu Hause!
Zu hause bei einer Tasse Kaffee, die nicht vom Tisch fällt, und einer schwäbischen Butterbrezel in der Hand, lese ich den Artikel der Zeitschrift Yacht:

Bruch auf den letzten Meilen der Weltumsegelung: Nur etwa 200 Meilen nördlich von Französisch-Guayana kam am 1. März 2012 der Mast der deutschen Segelyacht "Momo" von oben. Uwe Moser kämpfte fast eine Stunde lang, um die letzten Drähte zu kappen, dann versank der Mast im Atlantik. Nur unter Maschine und ohne Stützbesegelung erreichte "Momo" am 3. Mai schließlich die Hafenstadt Kourou. Doch vor Ort gab es keine Möglichkeiten, einen neuen Mast zu bekommen. Also baute das Paar aus einem fünf Meter langen Spibaum, einer kleinen Genua und einer Sturmfock ein etwa 20 Quadratmeter Segelfläche tragendes Notrigg, um die Insel Grenada in der Karibik zu erreichen – und damit ihren Ausgangskurs zu kreuzen.
Vor wenigen Tagen war es nun so weit, "Momo" lief in der Prickley Bay auf Grenada ein. "Ein bisschen feiern wollen wir schon, auch ohne Mast", schreiben Uwe und Brigitte Moser auf ihrer Website momos-meilen.de. "Immerhin sind wir heil an Körper und Seele um die Welt gesegelt, auch wenn unsere Momo ein paar Blessuren erleiden musste." Genau 33.014 Seemeilen liegen seit ihrer Abreise im Mai 2009 von Fehmarn im Kielwasser.


…............Wo war es am schönsten?
Das ist die häufigste Frage die mir nun gestellt wird. Die Frage kann ich nicht beantworten. Am schönsten war immer das Ankommen – egal wo auf der Welt, also die Reise an sich mit unseren unglaublichen Erlebnissen.

Die nächste Frage: habt ihr euch die Reise so vorgestellt und würdet ihr sie noch einmal machen?
Wir hatten keine bestimmte Vorstellung – und wir sind glücklich, die Reise gemacht zu haben – ob wir so noch einmal machen würden, diese Frage stellt sich nicht - wir haben die Welt umrundet.

Was wir uns absolut nicht vorstellen konnten, war die Kameradschaft und die Hilfsbereitschaft unter den Seglern, wir haben viele gute Freunde unterwegs gewonnnen.

Die dritte Frage: Wo würdet ihr am liebsten leben?
Unsere Antwort: in Deutschland. Auch das wurde uns im Laufe der Reise bewusst. Unser Klima mit den die vier Jahreszeiten, die abwechslungsreiche Landschaft, das umfangreiche Angebot – Kultur– Sport....... Nach drei Jahren unsere Kinder, Enkel und Freunde wieder in unserer Nähe zu haben, wieder gewohntes Vollkornbrot, Brezeln, Maultaschen, Fleischküchle, Allgäuer Käse und Spargel genießen zu dürfen, hier ist unsere Heimat. Jetzt ist das Schönste, in meinem Bett zu schlafen – ohne Geschaukel, ohne Nachtwache.

Wo ist das Sternenzelt über mir geblieben? Wo die weite Freiheit des Meeres?
Wo ist der Horizont?

Es war und ist ein Traum – unsere Reise auf der „Barfußroute“ um die Welt mit unserem Segelboot Momo. 3 Jahre lang war immer Sommer. Unser Respekt vor dem Meer ist noch größer als vorher, vor allem der Indische Ozean war unberechenbar und manchmal waren wir unseren Grenzen nahe – aber wie sagt man so dahin – der Mensch wächst mit seinen Aufgaben.


33 014
Meilen segelten wir durch blaues Wasser rund um die Welt.
1041 Tage und Nächte verbrachten wir auf dem Atlantik, Pazifik, Indik und wieder Atlantik
Vor 74 Inseln lagen wir vor Anker.

Helgoland, Norderney, Borkum, Guernsey, Isle of Sark, Jersey, Isla Cies, Porto Santo, Madeira, Isla La Graciosa, Lanzarote, Gran Canaria, St. Lucia, Martinique, Bequea, Canuan, Tobago, Union Island, Bonair, Povenir, Chichime, Holandes, Lemmon, Lindo, San Christobal, Santa Cruz, San Christobal, Fatu Hiva, Hiva Oa, Tahuhata, Ou Pou, Nuku Hiva, Makemo, Tahanea, Fakarava, Toau, Tahiti, Moorea, Huahine, Raiatea, Tahaa, Bora Bora, Suwarrow, Samoa, Tongatapu, Vavau, Pangaimotu, Utungake, Kapa, Matamaka, Vakaitu, Hunga, Fofoa, Foelifuka, Lape, Neuseeland, Noumea-Neukaledonien, Isla Mâitre, Low Islets, Hope-, Lizard-, Morris-, Horn-, Thursday-Island, Christmas Island, Cocos Keeling, Rodriguez, Mauritius, Réunion, St. Helena, Ascension, Fernando de Noronha, Iles de Salut, Grenada

Unsere erste Nachtfahrt war für mich sehr aufregend, wurde dann aber bald zur Routine, trotzdem habe ich die Nachtwachen oft als Folter empfunden. Dem stehen aber auch herrliche Nächte gegenüber, wenn Momo in lauer Luft unter der Milchstraße segelte, unter dem Schein des Vollmonds und der Orion uns die Richtung wies, mit dem Kreuz des Südens an Backbord!

Unsere längsten Seeetappen:
Tage Seemeilen von - nach
18 2891 Gran Canaria - St. Lucia
7 702 Bonaire - St.Blas
8 965 Panama - Galapagos
20 3084 Galapagos - Marquesas
7 1030 Tonga - Neuseeland
10 980 Neuseeland - Nekaledonien
11 1265 Neukaledonien - Australien
13 1488 Australien - Christmas Island
14 1995 Cocos Keeling - Rodrigues
12 1354 Reunion - Südafrika
7 728 Kapstadt - Namibia
13 1296 Namibia - St. Helena
6 703 St. Helena - Ascencion
10 1139 Ascencion - Fernando de Noronha
11 1457 Fernando de Noronha -Kourou
6 712 Kourou - Grenada




mehr Fotos

nach oben

... und unbedingt auch mal hier klicken

 

 


die schönsten
Motive als Panoramafotos
hier klicken


Partner
Zoonar  
 
sika wetterwelt