Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 24. August 2011
Position Cocos Keeling, Indischer Ozean
Seemeilen bisher 22147
Wind Ost sechs Bft
Tage unterwegs 836


Rückblick

Neukaledonien, Noumea 10. Juni

Auch in Neukaledonien ist Pfingsten. Wenn wir morgen, am Freitag dem 10. Juni, nicht beim Zoll ausklarieren, können wir den Hafen von Noumea nicht vor Dienstag verlassen. Die Behörden, am äußersten Stadtrand gelegen, sind uns inzwischen bekannt, haben wir doch vergangenen Donnerstag an Himmelfahrt schon mal ausklariert, jedoch am Montag wieder einklariert. Kein Verlass auf das Wetter! Morgen nehmen wir zum dritten Mal den Anlauf und werden die Zollbehörde, die Immigration und den Hafenkapitän aufsuchen und uns noch einmal die Ausreisepapiere für Australien ausstellen lassen.Wir dürften zwar ein halbes Jahr in Neukaledonien bleiben, aber wir sind jetzt schon zu lange hier – über drei Wochen . Statt Segeln im besten Segelrevier in der weltgrößten Lagune mit Schnorcheltrips in der einzigartigen Unterwasserwelt, stehen für uns auf Neukaledonien Ersatzteilbestellungen und Reparaturen an. Zum Glück sind wir auf einer der einzigen Südseeinseln, außer Tahiti, auf der man alles bekommt. Nach einer Woche sind die Ersatzteile für die Wasserpumpe beim Volvo-Händler im Industriegebiet abholbereit und am anderen Ende der Stadt finden wir genau den richtigen Wassersammler für den Auspuff.


die Volvo Ersatzteile des MD-22 passen in unseren Perkins M50,
weil der Volvo Motor eigentlich ein Perkins ist


Kunst am Bau in der Bushaltestelle

Wir sind inzwischen Weltmeister im Busfahren. Mit uns fahren ausschließlich Kanaken, so heißen die einheimischen Melanesier, die Franzosen auf der Insel fahren im eigenen Auto. Auf englisch kann man sich kaum mehr verständigen, auf New Caledonia wird französisch gesprochen. Uwe, der Maschinist, montiert – und Sir Perkins schnurrt wieder, das Kühlwasser plätschert am Heck wie es soll, im Belastungstest lassen wir die am Steg fest vertäute Momo unter Maschine vor- und rückwärts in die Leinen dampfen. Der Steg ist jetzt leicht verschoben!?

Die französische Insel Neukaledonien ist nicht der schlechteste Platz um Momo wieder flott zu kriegen, gut, dass die Wasserpumpe zum richtigen Zeitpunkt gestreikt hat und nicht erst in den Inselgruppen Vanuatus oder gar den Salomonen. Unser Vorsegel, den Klüver konnte der Segelmacher wieder reparieren, so ist jetzt Momo wieder fahrbereit, auch wir sind mental wieder auf dem Damm und gehen die nächste Herausforderung an. Unsere Recherchen, die Momo auf ein Containerschiff verladen zu lassen und nach Europa zu transportieren, oder in Neukaledonien einen Käufer für Momo zu finden erbringen nichts Realistisches bzw. Bezahlbares. Sämtliche Segler am Steg von Port Moselle, deren Schiffe übrigens auch nicht von Schäden verschont blieben, versuchen uns aufzubauen, die abendlichen Sundowner, jeden Tag auf einem anderen Schiff, weiten sich aus: Tortillas, Pizza, Spagetti Aoli und Kässpätzle - die gibt’s natürlich auf Momo - werden aufgetischt.


Spätzles Party auf der Momo


Ben von der "Blauwe Pinguin" übt Spätzle schaben

Morgens verwöhnen wir uns mit frischem Baguette und Croissants, dazu französischer Käse und Pasteten, vom Casino, dem hiesigen Supermarkt. Nach zwei Wochen steht fest, wir geben nicht auf, hinterm Horizont geht’s weiter …...

Abreisebereit stehen wir da, aber jetzt fehlt ein konstantes Wetterfenster für die fast 1300 Seemeilen über die Korallensee nach Australien. Unser Ziel ist Cairns, von dort wollen wir innerhalb des Barriereriffs nach Norden hoch bis Thursday Island, weiter an der Nordküste entlang nach Darwin. Wir warten und warten. Gesprächsthema ist jetzt nur noch das Wetter. Uwe holt sich sämtliche Wetterberichte, aber es passt nicht. Die Hoch und Tiefs bringen nur die Extreme: Flaute und Starkwind.


wir verlassen Noumea

Irgenwann passt es dann doch: Wir legen am Steg von Port Moselle ab, genau am Tag 765 seit unserer Abreise, am 14. Juni um 10.30 Uhr. Die besten französischen Leckereien sind an Bord, für unterwegs hat die Crew noch Gulasch vorgekocht und Fleischküchle, dazu frischen Kartoffelsalat. Trotz trüben Wetters sind wir guten Muts und erreichen schon nach 2 Stunden die Passage am Riff. Tageslicht, moderater Wind und eine funktionierende Maschine – was für ein Unterschied zu der grausigen Nacht, als wir vor fast vier Wochen eingelaufen sind.

Aber wo sind die Seglerbeine geblieben?
Statt 3 bis 4 Windstärken wie vorhergesagt bekommen wir 5 bis 6. Der ungewohnte Seegang macht uns zu schaffen. Die Nacht wird unruhig. Die Crew sitzt schon wieder während ihrer Nachtwache in stockdunkler Nacht in Gedanken versunken und fragt sich, „warum bin ich bloß hier?“ Das fragen sich auch die zwanzig Oktopusse, die der Ozean an Bord gespült hat und die jetzt an Deck vertrocknen, bis wir uns endlich entschließen, sie wieder ins Meer zu entsorgen.

Der nächste Tag, wir haben beide in der jeweiligen Freiwache kaum geschlafen, beschert uns dann Flaute. Wir dümpeln unter Maschine weiter, und mit uns ein schwarzer Vogel. Er scheint auch müde zu sein. 230 Seemeilen sind wir jetzt entlang der Küste Neukaledoniens unterwegs, als wir endlich die Nordspitze erreichen. Jetzt setzt auch der Wind wieder ein. Die Wellen türmen sich immer höher, ständig versetzen sie Momo, es klatscht, pustet, knirvelt und knarrt. Die Flaute war nichts und der Wind ist der Crew jetzt auch zu stark. Kann man es ihr wohl einmal Recht machen? Nein, auf dieser Fahrt nicht!

Über Funk hören wir von unseren Freunden von der SY Fee, dass ihre Maschine vor Fidschi ausgefallen ist – willkommen im Club! Die SY Thule liegt auf einem Ankerplatz in Vanuatu mit einem schweren Schaden an der flexiblen Wellenkupplung. Auf der Vanuatu Inselgruppe gibt absolut nichts für die Segler und das Ersatzteil muss aus Deutschland eingeflogen werden. Das wird dauern.



Noch 18 500 Seemeilen bis daheim, ich zähle die Meilen rückwärts. Die Sonne versinkt im Meer und der orangefarbene Vollmond steigt am Horizont auf, der Mondschein leuchtet das Schwarz in Grauwerte aus und trennt das Meer vom Himmel, sofort steigt das Stimmungsbarometer. Fünf Vögel umkreisen Momo, sie versuchen auf dem Schiff zu landen. Zwei Tölpel schaffen es, sie landen auf dem Solarpaneel und fahren die ganze Nacht mit. Endlich bin ich nicht mehr allein bei der Nachtwache. Am nächsten morgen gibt es allerdings eine größere Putzaktion.


unsere Passagiere für eine Nacht

Sonnenaufgang – Sonnenuntergang – Mondaufgang – Monduntergang. Wind – Flaute – Segel reffen – ausreffen – Baum setzen – bergen. Alles im Wechsel. Bis wir am 7. Tag, es weht nur ein ganz ganz schwaches Lüftchen, unseren Spinnaker aus der hintersten Ecke hervorholen und an Bord hieven. Eine Mordsarbeit, vor allem da wir das Segel seit zwei Jahren nicht mehr gesetzt haben. Nachts packen wir das riesige bunte Segel wieder weg, Sir Perkins muss ran.


Spisegeln ist toll!

Am Tag 8 gibt’s Pizza. Daran erkennt man, dass es der Crew wieder besser geht. Dann räumen wir auf, packen die Fock weg und bauen das Bimini ab – Starkwind ist angesagt. Am 9. Tag tauchen mitten auf dem Ozean Riffe auf, jetzt müssen wir öfter mal Johannes unseren Windfahnensteuermann korrigieren, damit er genau auf Kurs bleibt. Landfall übermorgen, schaffen wir das?

Am 10. Tag und der kommenden Nacht holpern wir über eine sehr bewegte See, bei Südostwind der Stärke 6. Grausig die dunkle Nacht bis endlich der Mond auf geht. Endspurt am 11. Tag. Mit Windstärke 7 geht’s durch die Grafton Passage. Das war ein Timing! Bei Dunkelheit rasen wir noch auf das Barriere Riff zu und pünktlich vor der Riffdurchfahrt geht die Sonne auf! Wir peitschen Momo hoch am Wind durch die Passage, uns klatschen die Wellen ins Cockpit, Morgendusche im Barriere Riff. Fünf Stunden noch, dann ist diese Odyssee durchgestanden. Wir sind in Cairns – in Queensland, Australien. 1265 Meilen in 11 Tagen liegen hinter uns!


Cairns im Morgenlicht

Drei Beamte, vom Zoll, Immigration und der Quarantäne nehmen um 13.15 Uhr unsere Leinen in Empfang und kommen dann auch gleich an Bord. Nach Vorschrift haben wir uns per Funk vor unserem Einlaufen gemeldet, so dass die Behörden schon 96 Stunden vor unserem voraussichtlichen Landfall Bescheid wissen, dass Momo kommt. Uwe hat rechtzeitig von unterwegs ein e-mail geschickt. Falls man dies vergisst oder zu spät sich meldet, kostet das Versäumnis mindestens 1000 Dollar Strafe. Da kennen die Aussies kein Pardon!

Nass wie wir sind, müssen wir jetzt gleich Fragen um Fragen über uns ergehen lassen und Formulare ausfüllen – zwei Stunden lang. Ein Beamter knipst unsere Momo, aber ihn dürfen wir nicht fotografieren. Kein Schapp, keine Ecke im Schiff ist vor ihren Blicken sicher, sogar unter den Schubladen schauen sie nach und suchen ergebnislos nach Termiten, Kakerlaken und Ratten. Alle frischen Lebensmittel, nimmt mir der nette, aber sehr korrekte Beamte weg, sogar meine Muskatnüsse aus dem Urwald von St. Lucia. Alle verbliebene eingeschweißte Wurst wandert in die große Mülltüte, einzig der Käse – Stück für Stück begutachtet, darf an Bord bleiben. Es täte ihm leid, meint der Beamte - aber die Vorschrift. Auf dem Rushdy Markt, vier Straßen weiter in der Stadt, können wir am Wochenende frisches Gemüse und Brot kaufen, bekommen wir als Tipp. Nach zwei Stunden ist die Prozedur beendet. 330 Australiendollar kostet der Spaß, aber wären wir erst morgen, am Samstag angekommen, hätte die Einklarierung das Doppelte gekostet. Wieder ein super Timing! Jetzt holen wir endlich unser Frühstück nach, leider gibt es keine Eier mehr an Bord.
PS. Insgesamt liegen jetzt 18982 Seemeilen hinter uns und 775 Tage. Nächstes Jahr sind wir daheim, aber Momo muss ihre Spur mindestens noch mal so viele Seemeilen durch die Ozeane ziehen.

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