Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 06. Februar 2012
Position Clarence Bay, Ascencion Island
Seemeilen bisher 29230
Wind Süd-Ost 5-6 Bft
Tage unterwegs 1002


Urlaub in Cape Town

Nach Johannesburg und Durban ist Kapstadt die drittgrößte Stadt Südafrikas.
Untergebracht sind wir im „Hotel Momo“, am Schwimmsteg des Royal Yacht Clubs.

Sonntag, der 27. November 2012.
Nachwehen unseres Hexenritts auf dem Agulhas-Stroms und erste Eindrücke.



Nach dem Frühstück und anschließendem kurzem „nap“ fühlen wir uns wieder wie neu geboren. Fast, aber nur fast, vergessen ist unser heißer Ritt, zumindest schmerzt er nicht mehr körperlich. Bei der Anmeldung im Yachtclub wird uns ganz dringend ans Herz gelegt, sofort das Immigrationsbüro in der Stadt auf zu suchen, obwohl heute Sonntag ist. Mit dem Taxi fahren wir gemeinsam mit den „Thules“ am endlosen, eingezäunten Hafenareal entlang, passieren eine Kontrollstelle und erreichen schließlich das gesuchte Hochhaus, passieren wieder eine Sicherheitskontrolle und finden dann im 6. Stock den Beamten von der Immigration. Der Typ wäre an diesem Sonntag lieber zum Grillen gegangen. Mit einem Blick auf unsere Papiere herrscht er uns an, dass wir hier illegal seien. So wurden wir noch nirgends empfangen! In jedem von uns angelaufenen Hafen Südafrikas wurde die Anmeldeprozedur anders gehandhabt. Wir erinnern uns an die Einklarierung in Richards Bay, da stand Uwe zusammen mit den Beamten am Kai neben Momo. Die Mülltonnen, sonst Ausguck und Turngeräte der Affen, dienten als Schreibtisch. Illegal!? In uns kocht und brodelt es. Ja nicht ausrasten, immer freundlich und gelassen bleiben heißt es jetzt und tatsächlich beruhigt sich der Mann hinter dem Schalter schließlich und wir bekommen unsere Stempel.

Wellness im Royal Yacht Club
steht als nächstes auf dem Programm. Duschen mit ewig fließendem Wasser, was für ein Luxus, was für ein Genuss! Aber auch Momo will von ihrer Salzkruste befreit werden. Wir räumen an Deck auf, unser Vorsegel, den Klüver packen wir gleich weg in den Segelsack. Er hat unterwegs ein paar kleine Löcher bekommen und muss vom Segelmacher repariert werden. Unser nasses Ölzeug trocknet der Wind. Die Bordfrau, seit dem Landfall wieder voller Tatendrang, räumt das in der Indik-Atlantikwaschmaschine entstandene Chaos in der Pantry und im Salon auf.

Ein Anlegerbier im Königlichen Yachtclub,
dafür ist es jetzt allerhöchste Zeit. Während unser Blick über den Tafelberg und die Segelschiffe im Hafen schweift, wird uns allmählich wirklich bewusst, es ist kein Traum mehr – wir sind in Kapstadt! Mit einem „Castle“ vom Fass stoßen wir an auf das Kap der Guten Hoffnung oder auf das Kap der Stürme, wie es früher hieß. Die gefürchtete Südafrikanische Küste liegt hinter uns. Wir sind überzeugt, dass segeltechnisch das Schlimmste hinter uns liegt. Ganze vier Wochen, über Weihnachten und Neujahr, gönnen wir uns einen „Landurlaub“ in Kapstadt und Umgebung. Wenn es uns dann wieder aufs Meer hinaus zieht, heißt das Motto: rolling home. Jetzt haben wir doch glatt vergessen eine Kerze anzuzünden, nicht zur Feier unserer Ankunft in Cape Town, nein, heute ist doch der Erste Advent.

Der berühmte Tafelberg, das Wahrzeichen von Kapstadt
ist unsere Kulisse für die kommenden Wochen.
Seine unverwechselbare Skyline macht sein plateauförmiger Gipfel zusammen mit dem Signal Hill, dem Lions Head und dem Devils Peak aus. Seine Silhouette verändert sich ständig, mal steht der Berg in gleißendem Sonnenlicht da, mal verhüllen ihn Nebelschwaden und oft, meistens am Nachmittag dann, wehen Fallwinde wie Wolkenschleier ins Tal herab – ein umwerfendes Bild.

Unser Hafen ist absolut die zugigste Ecke, der Wind pfeift ohne Unterlass. Detlef, unser Crewmitglied, fliegt am Donnerstag nach Deutschland zurück, deshalb macht er noch einen Cape Town Sightseeing-Schnelldurchgang mit dem Hop on – Hop off Bus. Abends erfahren wir von seinen Abenteuern.



Uwe und ich haben noch immer eine lange Arbeitsliste zu erledigen: die Ankerkette muss zum Verzinken, die Segel zum Segelmacher, wir brauchen ein neues Sprayhood, Roststellen klopfen, grundieren, malen, Filter wechseln und und und. Aber last but not least wollen wir noch den Dieseltank öffnen und den vom Indik gut durchgeschüttelten Restbestand an Kraftstoff, nämlich 250 Liter, aus dem Tank pumpen, in Kanister abfüllen und zur Marina zum Entsorgen schleppen. Sieben Stunden schweißtreibende Arbeit, und anschließend muss noch das entstandene Chaos im Schiff wieder in Ordnung gebracht werden. Ach ja, als der Wind mal kurz nachgelassen hat, haben wir Momo verlegt. Eng gequetscht liegen wir Seite an Seite mit der Thule. Die starken Fallböen, die vor allem abends mit Windstärke neun vom Tafelberg herabbrettern, können Momo jetzt nichts mehr anhaben – es sei denn der ganze Schwimmsteg würde sich selbständig machen. Immerhin bewegt sich ein einzelner Steg ganze fünf Meter hin und her und mit ihm seine rechts und links festgemachten Schiffe, ungefähr 40 an der Zahl.

„Weltumsegeln ist ein full time job“.
O-Ton von Detlef beim Abschied nehmen am Donnerstag. Unsere Deckshand und dritter Spieler beim Skat verlässt uns mit dieser gewonnenen Erkenntnis. Detlef hat uns auf der anspruchsvollsten Strecke zwischen Réunion und Kapstadt begleitet und eine weitere Hand an Bord war klasse. Wir wünschen ihm einen guten Heimflug. In zwölf Stunden vom Sommer in Südafrika ins winterliche Deutschland, das ist schon krass, wenn man bedenkt, dass wir mit dem Segelboot dafür noch ein halbes Jahr unterwegs sein werden.

Gerhard
wohnt auf seinem gelben selbst gebauten 10 Meter Schiff im Royal Yacht Club. Er lebt seit vierzig Jahren in Kapstadt. Gerhard freut sich immer, wenn deutsche Yachten einlaufen, so dauert es auch nicht lange bis die Thules und die Momos seine Freunde sind. Wir Fünf besuchen zusammen ein Symphoniekonzert in der City Hall – Sibelius und Tschaikowski wird gespielt. Eine tolle Abwechslung, wir haben enormen Kulturnachholbedarf. Coloured People und Weiße prägen gleichermaßen das Stadtbild, im Gegensatz zu Durban, wo wir Bleichgesichter uns nicht so wohl gefühlt haben.


mit Gerhard und den "Thules" beim Konzert

Marlene und Bert
„ Haltet durch, wir besuchen Euch in zwei Jahren in Cape Town.“
So Bert von der SY Heimkehr, als sich in Bequia in der Karibik unsere Wege trennten. Bert und Marlene sind nach unserem Abschied mit ihrer Heimkehr die amerikanische Ostküste hoch gesegelt, durch den Inter Coastal Water Way, weiter über die Bahamas auf die Azoren und im Juli 2011 mit ihrer Heimkehr nach Oberndorf an der Oste heimgekehrt. Und dass dies nicht so einfach dahin "gschwätzt" war, beweisen uns die Beiden jetzt. Sie sind mit uns stolz, dass wir den Pazifik, den Indik, Kap Agulhas und das Kap der Guten Hoffnung geschafft haben und wollen jetzt die Besatzung für die Strapazen entschädigen.

Ankomme 4. Dezember!
Der Flieger mit den Freunden ist pünktlich gelandet und im Pulk der Ankommenden können wir Bert nicht übersehen, da er alle anderen Reisenden um Kopfhöhe überragt - jetzt sehen wir auch Marlene. Vier strahlende Gesichter unter feuerroten Volvo Ocean Race Kappen, Ursula und Rainer von der Thule sind auch mit uns zum Flughafen gekommen, überraschen die Freunde aus Deutschland.


Marlene und Bert bringen unser lang entbehrtes Grundnahrungsmittel: Maultaschen!

Die Wiedersehensfreude ist riesengroß und während wir zusammen bei der Budget Autovermietung warten, bekommen wir ein Überraschungsgeschenk – Maultaschen! Weitere Geschenke und bestellte Dinge wie Antibiotika, Stirnlampen, Dichtungen, Gaskartuschen, Stollen, Marzipan, und kiloweise Zeitschriften tauschen wir dann später an Bord von Momo aus. Marlene und Bert besuchen nicht zum Ersten Mal Südafrika, sie werden in einem Bed and Breakfast direkt am Melkbosstrand wohnen, eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt von unserem Royal Yacht Club.

Auf Momo ist alles soweit klar, wir haben frei, der Urlaub kann beginnen.
Bei einer Tasse Filterkaffee an Bord von Momo sieht Bert das an seinem ersten Urlaubstag anders. Ganz genau inspiziert er die Momo und ist recht zufrieden. Der von ihm monierte Schäkel am Vorstag ist rasch ausgetauscht. Bert ist aber noch der festen Überzeugung, nachdem wir sowieso schon den Dieseltank entleert haben, dass der Tank selber auch noch geputzt werden sollte. Wenn schon – denn schon. Ganz schweren Herzens lassen wir uns überzeugen. Wieder herrscht Baustelle an Bord von Momo


Anfertigung eines ...

... Spezialwerkzeugs zur Tankreinigung

Fröhliche Tank „Putzetse“ mit der Hochdruckkupferlangschaftdieseltankreinigungslanzette!
Nichts scheinen unsere Freunde im Urlaub lieber zu machen als Momos Dieseltank blitze blank zu putzen. Von der Beschaffung der Materialien zur Herstellung von individuellen ausgeklügelten Spezialwerkzeugen aus Kupferrohr, Schläuchen, Lappen, Spachtel - zum Sauberkratzen, Ausspülen und Durchspülen. Vorher heißt es noch: alle Mann auf den Bug stehen, damit der Diesel sich am tiefsten Punkt unterhalb der 10 x 10 Zentimeter kleinen Öffnung sammelt.

Erst seit Panama haben wir ja die Möglichkeit zum Putzen des Tankraums. Auf dem Ankerplatz liegend ließen wir damals die Öffnung in den Stahltank schneiden. Schrauben, Edelstahlplatte und Dichtmaterial lassen das Loch aber nicht so „gschwind“ öffnen und schließen. Wie wir inzwischen wissen, geht gar nichts „gschwind“. Inklusive Materialbeschaffung im Industriegebiet von Kapstadt beschäftigt uns die Tankreinigung insgesamt zwei Tage. Unsere Kapstadt „Sightseeing Tour“ beginnt also im Industriegebiet.

Schwarzwälder Kirschtorte im Century City
eigentlich suchen wir nur einen kleinen Mittagsimbiss nach nerviger Suche im Industriegebiet nach Kleber, einem Edelstahlbauer, einem Yachtausrüster und einem Volvo-Penta-Händler. Wir haben uns ein bisschen verfahren und landen ganz in der Nähe der „Century City“, dem größten Einkaufszentrum in Afrika. Spontan meint Bert: „das müsst ihr sehen“und steuert auch schon das Parkhaus an. Im Fish Basket stillen wir unseren Heißhunger. Beim Schlendern durch das Center, auf der Suche nach dem besten Café, staunen wir nicht schlecht über die pompöse Gestaltung des Centers. Mit Seefahrermotiven bemalte Wände, teuer, edelst und alles vom Feinsten. Geschäft an Geschäft, zum Glück finden wir schnell ein gemütliches Café. Die riesige Auswahl an Kuchen und leckeren Törtchen ist sensationell, spontan entschließen wir uns für eine echte „Schwarzwälder Kirschtorte“ made in Südafrika. Mit Heißhunger stürzen wir uns darauf und müssen zugeben, sie schmeckt nicht mal im Schwarzwald besser. Jetzt aber schnell raus aus dem Einkaufstempel, bevor wir eine Phobie bekommen. Das Angebot erschlägt uns.

Century City

Der imposante Tafelberg, Kapstadts Hausberg
ist das Wahrzeichen der 3,4 Millionen Stadt und gehört zum Weltnaturerbe. Der Berg ist uralt, auf 430 Millionen Jahre wird er geschätzt, ist 1086 Meter hoch und soll damals fünfmal so hoch gewesen sein. Die berühmte Silhouette, sein heutiges Aussehen, erhielt er durch Erosion von Wind und Wasser.



Der Tafelberg ist ein „must“ für Touristen, auch für uns. Wir müssen zweimal Anlauf nehmen, weil Sturm, Nebel und Wolkenschleier uns vom Besuch abhalten, aber heute passt alles: Schäfchenwolken und gute Sicht erwarten uns, als wir 700 Höhenmeter später aus der Gondel steigen. Ein eisiger Wind bläst um unsere Nasen, die Finger frieren – ich kenne das Gefühl überhaupt nicht mehr. Ein sensationelles Panorama. Der Blick reicht runter zum Atlantischen Ozean auf die 12 Apostel Berge, die Table Bay mit Cape Town, die False Bay und fast bis zum Kap. Uwe hat es sich nicht nehmen lassen und ist die Tausend Höhenmeter hoch gelaufen, wir treffen ihn, wie er zwischen der dramatischen Felsverengung auf die „Tischfläche“ steigt. Auf einer Fläche von 6500 Hektar wächst eine einzigartigen Pflanzenwelt mit bis zu 1400 verschiedenen Arten, darunter vielen endemischen. „Dassies“ gibt es auch hier oben. Die Dassies, oder auch Klippschliefer genannt, ähneln den Murmeltieren, sie leben gerne in Felsspalten. Zum Sonnen auf den Felsen ist es ihnen heute wohl zu kalt, denn nur ein Tier zeigt sich uns.

Der Blick vom Tafelberg auf Kapstadt

Zum Picknick in Cape Town
auf einem Weingut haben uns Bert und Marlene eingeladen, bevor sich unsere Wege in der Karibik getrennt haben. „Wir besuchen euch in Südafrika – haltet durch!“, so Bert im Januar 2010.

Heute sitzen wir zu Sechst im Budget-PKW; mit dabei sind Ursula und Rainer von der SY Thule. Wo geht’s hin? Zum Weingut Buitenverwachting im Tal von Constanzia. Die Provinz Western Cape hat Hunderte von Weingütern. Alle liegen idyllisch eingebettet in die Hügel- und Bergwelt von Südafrika. Bert hält an. Das Bild, wie wir zwischen den Rebstockreihen auf das herrschaftliche Haus zu fahren, müssen wir fest halten und zücken unsere Kameras. Vor jeder Reihe mit Reben wächst ein rot blühender Rosenstock.


Weingut in Kapstadt

Die saftig grüne Wiese unter uralten knorrigen Eichen ist unser Picknickplatz. Vereinzelt stehen hübsch gedeckte Gartentische und Stühle. Das ist unsere Kulisse für den perfekten Tag. Vom angeschlossenen Restaurant werden wir köstlich bewirtet. Bei einem und noch einem Fläschchen Sauvignon Blanc aus eigener Produktion genießen wir den herrlichen Nachmittag unter der Sonne Südafrikas und machen uns über die gefüllten Picknickkörben und Platten her: Quiches, Schinken, Fleischbällchen, Chicken Rolls, leckere Käsevariationen, Salate, Dips, Früchte und Süßes. Die Geschichten dazu gehen uns nicht aus, wir könnten heute noch da sitzen.

Picknick unter alten Eichen

Weiter im Urlaubsprogramm mit Bert und Marlene
Das Wort Programm passt nicht so richtig, wir müssen und können nicht alles sehen, wir lassen uns mehr treiben und genießen jeden Tag aufs Neue, und lernen dabei auch Berts Lieblingscafés kennen.

Waterfront
Kaum ein Tag vergeht, an dem wir Vier nicht einen Abstecher zur berühmten Waterfront, dem Vorzeige- und Vergnügungsviertel mit Shopping Center und Riesenrad, machen und dabei die internationale und quirlige Atmosphäre genießen, entlang der Piers „Schiffe gucken“ und durch Souvenierläden und Handwerkermärkte schlendern. Neben den vielen Shops mit Diamanten finden wir die typisch Afrikanische Kunst mit Schnitzereien, Flechtarbeiten, Stoffen, bemalte Straußeneier, Taschen und Geldbeutel aus Straußenleder, Kunstwerke aus bunten Blechdosen gefertigt, Musikinstrumente und den bunten Perlenschmuck der Zulus.
In unserem Lieblingslokal „Fish Market“ essen wir das leckere Tages-Fischgericht mit jeweils einem Bier zu umgerechnet 9 Euro für zwei Personen.

Ein Blick vorbei am Amphitheater. Was wird heute musikalisch geboten? Es spielt keine Rolle ob ein Symphonieorchester oder die Feuerwehr spielt, die Heilsarmee auftritt oder der Kinderchor singt. Die Begeisterung der meist dunkelhäutigen Zuhörern mit ihren Kindern kennt keine Grenzen.

Im Table View Hotel zelebrieren wir „High Tea“ mit Buttermilchscones, Lachs- und Gemüsetartes und anschließend fällt uns die Wahl schwer, welche (alle schaffen wir nicht) der leckeren Törtchen wir von dem riesigen bunten Buffet wählen sollen zu unserem Kenya, Yunhan Ceylon und Darjeeling Tee.


High Tea im Table View Hotel

Volvo Ocean Race
Auch die Siegerehrung für das Etappenziel der Volvo Ocean Racer, findet im Amphitheater statt. Marlene lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen, um ein Autogramm vom einzigen Deutschen Teilnehmer, dem Kieler Vorschiffsmann Michael Müller der mit dem Team Puma segelt, zu holen.


Die Volvo Ocean Racer beim "In Port Race"

Endlich sind wir mal zur richtigen Zeit am richtigen Platz, die Waterfront in Kapstadt ist der erste Zwischenstopp der Volvo Ocean Hochseeregatta um die Welt und das Highlight! Von Volvo wurde eigens ein Mediacenter aufgebaut, natürlich gibt es auch einen Shop – unsere roten Volvo Ocean Mützen stammen von hier. Am Grinding challenge (Winsch-System der Rennyachten) kann man seine Muskeln testen, im 3-D Cinema sehen wir tolle Bilder vom bisherigen Rennen und der Ride-Race Simulator, eine Kapsel in der 10 Personen Platz finden, soll einem das Gefühl geben mit an Bord der 70 Fuß Yacht zu sein (man wird sogar nass). Da wir nach wenigen Minuten wieder aussteigen dürfen, testen wir die „Fahrt“, die natürlich weit entfernt von der harten Wirklichkeit ist.


Die ganze Volvo Ocean Race Flotte

Die Volvo Ocean Hochseeregatta
ist die teuerste und härteste Regatta der Welt und findet nur alle zehn Jahre statt.
Gestartet sind die sechs Racer vom Team Groupama, Camper, Puma, Telefónica, Abu Dhabi und das Team Sanya am 29. Oktober in Alicante in Spanien. Durchweg handelt es sich um international durchmischte Crews. Nach nur 21 Tagen und 5 Stunden von Alicante nach Cape Town, einer Strecke von 6500 Seemeilen, ist das Team mit Telefonica in Cape Town angekommen. 17 Stunden später folgte Puma und erst drei Tage später lief dann Groupama ein. Die anderen drei Racer konnten Kapstadt nicht auf eigenem Kiel anlaufen. Beim Racer Abu Dhabi brach in der ersten Nacht der Mast, das Team Sanya hatte eine Kollision und der Rumpf wurde beschädigt und der Puma Racer hatte einen Mastbruch im Südatlantik. Die Yachten wurden per Frachter nach Kapstadt transportiert. Gewertet werden die einzelnen Etappen und die In-Port und Pro-Am Rennen in den jeweiligen Etappenhäfen, so bleibt die Yacht im Rennen, auch wenn sie mit dem Frachter in den nächsten Etappenhafen gebracht wird oder einen Nothafen wegen Reparaturen anlaufen muss.

Der Abu Dhabi Racer

Momo lief am 26. November um 8.30 ein, nach 930 Tagen und 27002 zurück gelegten Seemeilen seit dem Start in Fehmarn. Momo ist auch kein Rennboot, die Crew wollte unterwegs ja was sehen von der Welt.

Wir können all die bunt lackierten Racer auf dem Trockendock bestaunen. Die Schiffe werden wieder in Top Form gebracht, die Crews erholen sich, ihre Frauen, Freunde und Verwandte sind zu Besuch da.

Die Rennboote messen 21,5 Meter Länge, der Tiefgang beträgt 4,50 Meter, sie besitzen einen Neigekiel, das Großsegel hat 175, der größte Spinnacker sagenhafte 500 Quadratmeter bei einer Masthöhe von 31,5 Metern. Ausgestattet sind die Schiffe mit einer Hauptmaschine von Volvo Penta mit 75 PS. Die High Tec Yachten erreichen sensationelle Etmals, (Rekord waren mal 600 Seemeilen in 24 Stunden) nur zu erreichen mit einer bis an ihr Limit gehende Crew, die auf den High Tec Schiffen aber null Luxus vorfindet. Die zehn Mann plus einem Medienmann, der nur für Fotos, Film, Schreiben, Websites zuständig ist und You Tube, Twitter, Facebook und das Fernsehen bedient, ernähren sich während ihrem Ritt von Tütensuppen und Powerriegel. Keine Zeit zum Hefezopf oder Apfelkuchen backen.



Wir werden das bunte Treiben noch ein paar Tage beobachten können, am 11. Dezember starten dann die sechs Racer zu ihrer 2. Etappe nach Abu Dhabi. Kurios, wegen der Sorge vor Piraten auf der Strecke, bleibt der genaue Verlauf streng geheim. Nach Abu Dhabi geht’s nach Sanya/China, dann nach Auckland/Neuseeland, anschließend nach Itajai/Brasilien, weiter nach Miami/USA, von dort nach Lissabon/Portugal, weiter nach Lorient/Frankreich und Zielhafen ist Galway/Irland.
Von den bunt lackierten Yachten können wir noch tolle Fotos schießen, während wir begeistert das In-Port Race und das Pro-Am Race mit dem Start nach Abu Dhabi verfolgen.
Ich kann heute voraus nehmen: kein einziges der sündhaft teuren Schiffe hat ohne größeren Schaden wie Mastbruch, Rumpf- und Ruderschaden das Ziel in Galway/Irland nach 45 000 Seemeilen erreicht. Sieger nach Punkten wurde nach knapp neun Monaten, am 3. Juli 2012, das französische Groupama Sailing Team.


Groupama, der spätere Gesamtsieger

Royal Yacht Club
Die „Thules“ sind nach Deutschland geflogen. Rainer will Ende Januar wieder zurück sein, Ursula bleibt noch länger, sie segelt erst ab Namibia wieder mit. Wir verabschieden uns von unseren Freunden, bis bald, bestimmt treffen wir uns unterwegs wieder, wie immer – glauben wir. Neu eingetroffen im Royal Yacht Club ist Henk, Einhandsegler aus Holland, mit seiner 8 Meter Yacht und außerdem noch ein Katamaran aus USA. Einige unserer Segelfreunde liegen in Simons Town oder sind die Houte Bay angelaufen, alle haben das Kap der Guten Hoffnung noch vor sich.
Unsere 16-jährige Laura Dekker ist inzwischen wieder gestartet, nonstop will sie in die Karibik segeln. Sie schafft dies auch. Am 21. Januar wird sie St. Maarten erreichen und kann sich nun als jüngste Einhand-Weltumseglerin rühmen.


Ausflug nach Simons Town über den Chapman's Peak
Über die Camps Bay mit der schicken Strandpromenade und einem Stopp im Lieblingscafé von Bert führt unser Weg. Wir lassen den Blick über das türkisfarbene Wasser des Atlantiks schweifen, auf der Landseite überragt der Lion's Head die Camps Bay. Weiter zur Hout Bay über den Chapman's Peak. Spektakuläre und herrliche Aussichtspunkte auf Traumstrände vor tiefblauem Ozean bietet der kurvenreiche Chapman's Peak. Die Küstenstraße wurde zwischen 1915 und 22 in den Felsen geschlagen. Simons Town zeigt sich als hübsches kleines maritimes Städtchen mit viktorianischen Häusern – ein Café finden wir auch! Dann steuern wir schnurstracks die Marina in Simons Town an und sehen gleich ein bekanntes Gesicht an der Bar. Das ist doch Onno! Onno aus Surinam kennen wir seit Cairns in Australien. Zuletzt haben wir ihn in Durban getroffen, als er nach einem Ruderschaden von einem Frachter nach Durban in den Hafen geschleppt wurde. Wie er uns jetzt erzählt, war das aber nicht sein einziger Notfall auf der heiklen Südafrikanischen Küste. Onno ist aber guter Dinge. Er lädt uns zu einer Runde ein, während er recht gelassen von seinem weiteren Ruderschaden und den Problemen mit der Maschine erzählt.


Blick auf die Hout Bay

Die Arts and Crafts Straßenhändler machen gute Geschäfte mit uns. Wir kaufen sämtliche aus Perlen gefertigte Engelchen, Sterne, Elefanten, Pinguine und Giraffen auf, sowie einen 15 Zentimeter hohen Christbaum, ganz aus Glasperlen gefertigt.
Die Holztiere, 2 Meter hohe Giraffen und 5 kg schwere dicke Hippos gefallen uns zwar auch, aber dann wäre Momo eine Arche Noah. Bevor wir unsere Rückreise antreten, schauen wir uns noch am Boulders Beach eine Kolonie mit 2200 Brillenpinguinen an. Mit einem Dinner im Fischlokal in der Haute Bay bei Mariner´s warf lassen wir den Tag ausklingen.


unser Glasperlenweihnachtsbaum

Das Kap der Guten Hoffnung
ist mit Momo zum Glück schon abgehakt, als Kap der Stürme mit fliegendem Wasser behalten wir es in Erinnerung, gesehen haben wir in der Nacht aber nur das Blinken des Leuchtturms. Wir wollen das Kap noch einmal von Landseite sehen, so fahren wir Vier mit dem Auto zum südlichsten Punkt der 52 Kilometer langen und 16 Kilometer breiten Kap Halbinsel. Das Cape Peninsula ist ein National Park, die steinige Hochebene erinnert an eine schottische Hochmoorlandschaft, wäre da nicht die Affenbande, die sich auf der Straße tummelt.


mit denen ist nicht zu spassen

Sofort kurble ich mein Fenster hoch, ich traue seit Panama keinem Affen mehr. Die Kapflora nennt man Fynbos, Silberbaumgewächse, Hunderte Arten von Erika und Gladiolen auch verschiedene Geranienarten sind hier heimisch. Auch Rooibos, war für mich bisher nur ein Teebeutel, heißt übersetzt „roter Busch“. Die alternative Teesorte ist ein Exportprodukt des Kaplandes, der Rooibos Busch wächst nur hier.

Wir laufen die 120 Treppen hoch zum Cape Point Peak und schauen vom alten Leuchtturm aus, der schon vielen Seefahrern als Orientierung half, ehrfurchtsvoll über die Felsen hinab auf den Ozean. Das Kap der Stürme, der Wendepunkt für die Seefahrer war in der Vergangenheit immer die Hauptgefahr auf dem Seeweg nach Indien. Uwe und mir läuft ein Schauer über den Rücken - am Freitag dem 25. 11. 2011 um 20.30 sind wir vor der Felsküste als kleines Pünktchen unter Sturmfock vorbei gesegelt.
Die Holztafel mit der Aufschrift „Cape of Good Hope“, unten am Strand, ist die location für Fotos. Als endlich die japanische Touristengruppe weiter zieht, können auch wir uns vor der Tafel „Cape of Good Hope“ fotografieren lassen, wahrscheinlich als die Einzigen heute, die das Kap unter Segel umrundet haben.

Wie im „Flug“ sind die Tage mit der Heimkehr zu Ende gegangen.
18.12. Heimkehr ade! Schön, Euch getroffen zu haben, in Camarinas, in Bayona, in Bequa, in Südafrika – wir sehen uns bestimmt wieder!

Elvi und Walter besuchen uns auf Momo.
Die Freunde aus Kornwestheim machen die „Gartenroute“ von Kapstadt nach Port Elizabeth. Während ihres Aufenthalts in Kapstadt freuen wir uns, sie auf Momo begrüßen zu dürfen, dabei erfahren wir auch welche Straßen in Kornwestheim gerade auf gegraben werden und wo ein neuer Kreisverkehr gebaut wird.

Wosch mit Familie auf Momo.
Mit seiner Frau Tina und den drei Kindern samt Schwiegersohn besuchen sie uns. Sie sind nach Kapstadt geflogen um den 80. Geburtstag von Tinas Vater zu feiern. Die Gelegenheit nimmt Wosch auch wahr, seinen „alten“ Schulfreund Uwe während dessen Weltumsegelung auf Momo zu besuchen.

die Woschs sind da!

Am 23. Dezember machen wir alle zusammen einen Landausflug. Mit dem Auto geht’s Richtung Südosten, zur False Bay. Paradiesische Landschaften, einzigartige Vegetation, Wälder, Berge und Sandstrände wechseln sich ab. Wir kommen durch die Winelands, sehen riesige Erdbeerplantagen (es ist Erntezeit) und später folgt die Apfelgegend Grabouw. Zwischen Bergen und Meer windet sich kurvenreich der Clarence Drive hoch zum Sir Lowry's Pass. Am Stony Point in Betty's Bay besuchen wir eine Kolonie mit 1000 Pinguinen. Aber jetzt müssen wir uns beeilen, um 13.00 Uhr ist unser Tisch bestellt, ein halbes Jahr im Voraus! Das „In Lokal“ wird geführt von einem ehemaligen Diamantentaucher. Als Menü gibt es Fish and Chips, serviert direkt auf dem Tisch, nur auf Packpapier. Einfach gut.


Fish and chips vom Diamantenfischer

Cape Flats Townships
entlang der Autobahn N2, ziehen sich die flats vom Flughafen bis zur False Bay. Im Maschenzaun, der die Townships zur Straße hin umgibt, verfängt sich der Müll, rosa, grüne und weiße Plastiktüten bläht der Wind auf wie Luftballons.
Obwohl angeblich nur noch 50 Prozent der ursprünglichen Townships existieren sollen, sind es noch viel zu viele. Es gibt inzwischen „Hausprojekte“, die sich von luxeriös, das sind Steinhaussiedlungen dicht an dicht mit Solarpaneel und Warmwasserboiler auf dem Dach, bis zu einfacheren Hausprojekten mit Wellblechdach und Bretterwänden unterscheiden. Die üblichen Behausungen aber sind absolut menschenunwürdig. 1,5 Millionen Menschen leben in schiefen Bruchbuden, die aneinander „gebaut „ sind. Folien oder Plastiktüten dienen als Dach, aus allen möglichen Materialien wie Paletten, Lappen und Plastik-Abfällen bestehen die Wände. In diesem Milieu herrscht extrem hohe Kriminalität auch verursacht durch Drogenkonsum in erschreckendem Ausmaß - Vergewaltigungen, Raub, Terror durch Gangs, Diebstahl und Morde sind an der Tagesordnung. Die Menschen haben keine Perspektive, die Schule können sich viele nicht leisten, da sie nicht kostenlos ist. Grotesk muten die Namen der Town ships: Langa, Nyanga, Gugulethu, Khayelitsha – was übersetzt heißt: Sonne, Mond, Stolz und neues Haus. Mit einem autorisierten Tour Guide kann man in die Town Ships besuchen, gegen ein Taschengeld für die Einwohner. Beschämend. Die Schere zwischen Arm und Reich in Südafrika ist riesengroß. Aber gegen Aids weiß der Präsident Jacob Zuma ein Rezept: gründlich duschen, das hat er wirklich mal verlauten lassen – und er muss es ja wissen, hat er doch drei Ehefrauen und 19 Kinder.


das andere Kapstadt

Zurück im Hafen erwarten uns mal wieder 8 Windstärken, die festgebundene Momo legt sich in der Nacht wie ein Motorrad in die Kurve.

Heilig Abend in Kapstadt
Am 24. Dezember bleibt auch im Royal Yacht Club die Küche kalt, damit hatten wir nicht gerechnet. Spontan wird im „Gasthaus Momo“ ein Menü gezaubert, spontan laden wir zum Essen Gerhard vom übernächsten Steg ein. Sogar eine Nachspeise findet sich, ein „Nata“ mit frischen südafrikanischen reifen köstlich schmeckenden Erdbeeren. Mit einer langen Runde Skat beschließen wir den ungewöhnlichen Heiligen Abend. Auch Sylvester wird ungewöhnlich. Beim großen Grillfest auf der Terrasse des Royal Yacht Clubs feiern wir mit Gerhard, Henk, Kate und Furguess aus Irland und Einheimischen ins Neue Jahr hinein.

Kein neuer Unterwasseranstrich für Momo
der Krantermin stand fest, aber ein „Notfall“, so die Werft, kam dazwischen. Auf einen neuen Termin wollen wir nicht mehr warten, so langsam wollen wir weiter. Wir machen Momo wieder reisefertig, die Passatsegel anschlagen, Wetterberichte verfolgen, neue Seekarten aufspielen, Papierkarten bereit legen, Proviant einkaufen, seetüchtig verstauen. Den Startschuss wird der Wind geben, dann verlassen wir die zugige Ecke von Cape Town.

4. Januar 2012
Ab in die Wüste
Kurs Nord – nach Namibia an der Westküste vom afrikanischen Kontinent

Um 8.00 Uhr früh sind wir startklar. Einhandsegler Henk aus Holland sowie Furguess und Kai aus Irland sind extra früh aufgestanden um uns beim Ablegen zu helfen und uns eine gute Fahrt zu wünschen. Vier Tage und drei Nächte werden wir unterwegs sein nach Lüderitz in Namibia. Dort wollen wir hin um uns die alten Repliken aus der deutschen Kolonialzeit ansehen.

Inzwischen schreiben wir den 10. Januar und wir sind immer noch auf See!
Was ist passiert?


schlafende Robbe

Es war ein schöner sonniger Tag bei der Abfahrt am 4. Januar und höchste Zeit für Momo, nach über einem Monat wieder frei in den Wellen schaukeln zu dürfen. Sir Perkins unsere Maschine unterstützt die Fahrt bei schwachem Wind aus Südwest. Einen witzigen Anblick bieten uns Hunderte von dösenden Pelzrobben. Der Körper vollkommen untergetaucht, nur ihre Flossen mit den durch Schwimmhäute verbundenen Zehen strecken sie aus dem kalten blauen Wasser des Benguelastroms. Über uns veranstalten die Kaptölpel eine Flugvorführung. Im Sturzflug stürzen sie sich aus zwanzig Metern Höhe in den Ozean, um zum Frühstück einen Fisch zu ergattern. Treffer?

Die Finnmarken kennen wir aus Norwegen
Das Hurtigrutenschiff ist eine alte Bekannte, sie ist vom Norwegischen Winter in wärmere Gefilde ausgelaufen und kommt uns beim Auslaufen aus dem Hafen entgegen. Die Reisenden stehen an der Reeling in Erwartung von Cape Town. Es wird ein kurzer Besuch werden, denn schon abends wird uns das Schiff wieder begegnen.


eine alte Bekannte, die Finnmarken

Frischer Wind um die Nase, blauer Ozean bis zum Horizont, Begleitung von Pelzrobben, Kaptölpeln und Delfinen - was wollen wir mehr?
Auf keinen Fall die Vorsegel bergen, aber genau diese Arbeit kommt in der ersten Nacht auf uns zu. Der angenietete Bügel am Backbord-Spibaum ist ausgerissen. Vorbei der Passatsegeltraum. Beide Vorsegel müssen runter, ein schwieriges Unterfangen wird das auf unserer Schiffschaukel und dann noch bei Nacht. Erst nach getaner Arbeit legt der Wind zu, Glück im Unglück. Die Nachtwache ist heute beschäftigt mit Frachter beobachten, denn vor der afrikanischen Küste ist ganz schön was los.



Am 2. Tag
segeln wir über eine ruhige See, der Wind dreht auf Südost mit 3 bis 4 Beaufort. Über uns fliegt ein Albatros, er ist eindeutig schneller unterwegs als wir. Uwe funkt mit Paul vom Peri Peri Netz. Um Mitternacht briest der Wind auf 5 bis 6 Beaufort auf und dreht auf Süd, wir müssen zwei Reffs in das Großsegel einbinden. Wieder ist die Nachtwache mit „Schiffe gucken“ beschäftigt.

Am 3. Tag
treibt uns der Südwind mit 6 Beaufort nordwärts und inzwischen liegen fast 400 Seemeilen in unserem Kielwasser.

Unsere Kalkulation geht nicht auf,
wir schaffen es nicht, Lüderitz morgen bei Tageslicht anzulaufen. Der Skipper beschließt weiter zu fahren bis Walvis Bay. Bei Nacht und mit dem starken Wind will er das Risiko einen so schwierigen Hafen anzulaufen nicht eingehen. Enttäuschung bei der Crew.

Nächstes Ziel: Walvisbay
Grau – unsere Stimmung, grau die Suppe um uns, grau bis zum Horizont. Der Südwind peitscht uns mit 6 Beaufort nach Norden, der Seegang ist unruhig, alles klappert: Teller, Tassen, Töpfe, Büchsen. Um 21.30 Uhr liegt das Diamantsperrgebiet und Lüderitz querab. Aber das berührt uns nicht mehr. Wir sind genervt von den vielen Lichtern um uns herum, Fischerboote, man weiß nie wohin die fahren, und an das Funkgerät gehen die Fischer auch nie.


kalt ist es im Benguela Strom

Tag 5
das gleiche graue Bild getoppt von Nieselregen und einem schwächelnden Wind. Allein für gute Laune sorgt ein majestätisch über uns fliegender Albatros und unter uns nimmt eine Delfinschule Momo in ihre Mitte. „Weisswandreifendelfine“ taufe ich sie mit ihrem weißen Streifen um den Körper.


Weisswandreifendelfin

Wir kommen kaum vorwärts und der Skipper beschließt, die Passatsegel wieder zu setzen. Durch einen Textilschäkel wollen wir die gebrochene Lasche des Spibaums ersetzen, wir hoffen, dass der Notbehelf funktioniert. Eine Mordsarbeit, aber man hat ja sonst nichts zu tun. Beide Segel stehen wieder im Wind und Momo läuft vor dem Wind. Das Etmal beträgt heute nur 90 und auch am 6. Tag nur schlappe 90 Seemeilen – aber immerhin. In der Nacht kommt Nebel auf, der Wind schläft ein und unter Maschine laufen wir nun auf die Küste von Namibia zu.

Rot glühende Sanddünen
legt die aufgehende Sonne vor uns unter der Nebeldecke frei. Grandios, und dazu jagen noch Hunderte torpedoförmige Gestalten durch das Wasser, es sind Pelzrobben beim Fischfrühstück. Pelikane mit riesigen Schnäbeln kommen zur Begrüßung angeflogen und umkreisen Momo neugierig. Vor uns liegt nun der Containerhafen von Walvisbay.


die Namib glüht

Walvisbay in Namibia 22 °57 Süd und 14°30 Ost
Am 10. Januar um 10.15 Uhr
hängen wir Momo an eine Boje vor dem Yachtclub. 728 Seemeilen liegen hinter uns seit Kapstadt. Ist das Ankommen wieder schön! Jetzt gibt’s erst mal Frühstück mit einer Pelikan-Flug-Show über unseren Köpfen.

Walvisbay ist der bedeutendste Seehafen Namibias
Einklarieren steht als Erstes an und Namibian Dollar eintauschen. Um an Land zu kommen müssen wir unser Beiboot aufblasen, der Landgang war in Cape Town im Hafen schon einfacher und trockener. Aril vom hiesigen Segelclub nimmt uns in seinem Lieferwagen mit in die 50 000 Einwohner zählende Kreisstadt. Das Straßennetz ist rechtwinklig und übersichtlich durch nummeriert. Von Süd nach Nord sind es die Nummern 1 bis 12 und die Querstraßen von West nach Ost bekommen noch den Zusatz W (für West) oder E (für East), ganz einfach.


Flugschau

Erdinger in Walvis Bay

An der Bar vom Yachtclub spricht man Deutsch.
Mit Linda, der ganz in rot gekleideten Managerin vom Yachtclub, können wir uns in unserer Heimatsprache unterhalten. Die sechs Leute an der Bar sind Einheimische, kaum zu glauben, auch sie sprechen Deutsch. Die deutsche Sprache wird in Namibia gepflegt. Hinter der Bar bedienen Susi und Lilian. An der Stirnseite trinkt Club Präsident Rudi sein Windhouk Draft. Neben mir sitzt die Honory Secretary Marion Bausch, sie hat viele Fragen, die ich ihr in fließendem Deutsch beantworten kann.

Zwischen 1884 und 1915 war das Land eine deutsche Kolonie, Deutsch-Südwestafrika. Die Deutsche Sprache ist heute noch Verkehrssprache für Wirtschaft und Tourismus. Seit 1990 gilt Englisch als Amtssprache, gesprochen wird natürlich auch Africaans. Wir erfahren, dass die Ureinwohner und die Zugezogenen aus Nord und Süd in Namibia friedlich miteinander leben und die geringste Kriminalität gegenüber anderen afrikanischen Staaten hat. Namibia ist doppelt so groß wie Deutschland und liegt im 4-Länder Eck zwischen Südafrika, Angola, Botswana und Simbabwe.

An der Bar kommen wir auch mit Martin ins Gespräch. Er will uns beim Besorgen eines Wagens behilflich sein. Er ist kein Autohändler, er dreht Filme in Namibia. Seine Bekannte braucht zur Zeit ihr Auto nicht, das könnten wir haben, wenn wir möchten. Klar, wollen wir, das trifft sich klasse für uns.

Die Wüste Namib gab Namibia ihren Namen.
Das Gebiet des heutigen Namibia gilt als eines der ältesten Teile der Erdkruste und mit ihm die Wüste Namib, die auf 80 Millionen Jahre geschätzt wird. Die Namib erstreckt sich im kaum besiedelten Westen, die Wüste Kalahari im Osten und dazwischen liegt ein 1700 Meter hohes Binnenhochland mit der Hauptstadt Windhoek.


Mit dem Auto Richtung Düne 7
Die Dünen von Namibia sind zur Orientierung nummeriert.
Das Straßennetz erstreckt sich auf 65 000 Kilometer Länge, davon sind aber nur 5000 Kilometer geteert. Wir entschließen uns für einen Ausflug zum Moonlandscape und fahren Richtung „Düne 7“.
Vorher mussten wir uns im Ministry of Environment and Tourism ein Permit für 90,-- Dollar kaufen für den Welwitschia self-drive trail im Namib-Naukluft Swakop Valley.

Moonlandscape
Die typische Landschaft von Namibia mit den roten Sanddünen und dem Savannengras ist für uns faszinierend, vor allem im Kontrast zu den Südseeinseln.
Wir fahren los Richtung Khomas Hochland, kommen durch ein nahezu vegetationsloses Gebiet, ausschließlich bedeckt von Steinen, bizarren Steinformationen, Staub, Geröll oder Sand. Diese Mondlandschaft ist durch Vulkanausbrüche und durch fortgeschrittene Bodenerosion entstanden.
Stone Beacons weisen uns auf Besonderheiten auf dem Gelände hin, zum Beispiel auf ein Gebiet, auf dem Menschen während des Krieges 1915 campiert haben, rostige Gefäße gibt’s noch zu finden. Der nächste Beacon macht uns auf die Lichens aufmerksam, unscheinbare Pflänzchen, die nur vom Nebel in der Nacht überleben, ihr Wachstum mit einem Millimeter pro Jahr ist nicht gerade üppig. Wir sehen den Dollar Bush, den Ink Busch - alle Pflanzen müssen mit weniger als 20 Millimeter Regen pro Jahr auskommen.


die Welwitschia Pflanze

Ein ewig lebendes Fossil ist die Welwitschia Pflanze.
Die Welwitschia mirabilis wächst nur in der Namib. 1500 Jahre alt ist die Pflanze, drei Meter tief gräbt sie ihre Pfahlwurzel in den Wüstensand und auf fünfzehn Meter Radius verzweigt sich das Wurzelwerk. Wie eine Riesenkrake sieht die Welwitschia mit ihren ineinander verschlungen meterlangen Blätter aus, tatsächlich ist es nur ein einziges Blattpaar.

Längst befahren wir eine Schotterstraße, durchqueren den Swakop River, der sich vor 460 Millionen Jahren durch weicheres Gestein gegraben hat, aber keine Angst, der Riviere führt kein Wasser. Wir treffen auf eine grüne Oase, dort gibt’s sogar was zu essen und zu trinken, bevor wir die kurvenreiche Straße durch Granit Felsen mit geschmolzener Lava weiter fahren. Die Autos die uns begegnen kann man an einer Hand abzählen. Ein Vogel Strauß macht einen Wettlauf mit uns, er kürzt aber bald ab und rennt quer durch die Wüste.
An eine Autopanne dürfen wir nicht denken bei der Tour und den Einbruch der Dunkelheit wollen wir auch nicht riskieren, wir fahren zurück, über

Svakopmund
Das bekannte 45 000 Einwohner zählende Städtchen grenzt an die Namib und liegt direkt am Atlantik. Seine Bedeutung erlangte es unter der Kolonialverwaltung und galt als wichtigster Hafen für die Einwanderer aus Deutschland. Wir finden einen Kontrast aus deutsch geprägtem Seebad in imposanter Dünenlandschaft und Wilhelminischer Kolonialarchitektur vor. Die Aufschriften lauten: Altes Amtsgericht, Haus Hohenzollern, Woermann Haus, Prinz Rupprecht Heim, Pionierkaserne von 1905. Dazu die deutschen Straßennamen: Wasserfall-, Bäcker-, Berg-, Dünen-, Kurze-, Schlachter-, Bismarck-, Hafen Straße, Flamingo- und Fischreiher-Straße. In der Kristallgalerie können wir den weltgrößten Quartz Crystal Cluster mit sagenhaften 14 100 Kilogramm bewundern, 520 Millionen Jahre alt ist er.







Subtropisches Wüstenklima
herrscht in Namibia mit starken Temperaturschwankungen, vom Gefrierpunkt bis über 30 Grad. Das Küstenklima wird vom kalten Benguelastrom bestimmt, der den Südwest-Wind abkühlt, so entsteht infolge von Kondensation dicht anhaltender Nebel, den der Wind fünfzig bis hundert Kilometer weit ins Inland treibt. Während der Nacht sinken die Temperaturen so weit, dass sich der Wasserdampf in der Luft zu kleinen Tröpfchen kondensiert und sich als Tau auf Oberflächen niederschlägt, lebensnotwendige Feuchtigkeit für Pflanzen, wie Algen Flechten und Sukkulenten und Tiere.

Voll arid
sind 16 Prozent der Oberfläche Namibias, mit jahrelanger Trockenheit. Dann gibt’s noch den Begriff arid für trocken, d. h. 100-200 mm Regenmenge pro Jahr und semi arid für halbtrocken, da regnet es 250-500 mm pro Jahr.

Die Walfischbucht (Walvisbay)
ist ein Vogelschutzgebiet und bedeutendster Wattbereich im südlichen Afrika mit Hunderttausenden von Vögeln, die sich auf ihrem Zug zur Antarktis in der Lagune ernähren.

Nicht weit weg von Momo gibt es eine Guano Plattform, der einzige Ort wo der Rosaflamingo brütet. Jeder Pelikan legt ein Ei auf Schlammhügel, das innerhalb 30 Tagen ausgebrütet wird.
Rosaflamingos fliegen als rosafarbene Wolke über das Wasser – und wo ist unsere Kamera?


vor die Kamera kriegen wir nur die ebenfalls rosaroten Pelikane,
unsere absoluten Lieblingsvögel

Einen „Exciting 4x4 Drive“
in Sandwich Bay bietet Hermann vom Informationsbüro an.
www.Photoventures-namibia.com
Wir buchen den Ausflug mit Hermann, mit von der Partie ist ein Touristenpärchen von der Schwäbischen Alb. Dort wo sich Ozean und Wüste treffen fahren wir mit dem Allradfahrzeug hin.



Als wir über den Riviere Kuiseb fahren, klärt uns Hermann auf, dass die Trockenflüsse nur in außergewöhnlichen Regenjahren ihr Wasser bis zum Meer führen, normalerweise versickert es vorher. Der Kuiseb hat es aber drei Mal geschafft, im Jahr 1934, 1963 und im Jahr 2000.

Hermann zeigt uns am Ufer die Gannabüsche (Salzbüsche) und an Straßenrändern, den Leberwurststrauch, den Stinkbusch und den „Wart-ein-bisschen-Baum“, der auf brackigem Boden gedeiht. Tolle rosafarbene, versteinerte Muscheln finden wir am Strand.

Ständig hält Hermann Ausschau nach Antilopen oder Springböcken,
aber keiner lässt sich sehen an dem frühen heißen Nachmittag. Heimisch sind noch die Tüpfelhyäne, Schabrackenschakale, Wüstenechsen, Lärmgeckos, verschiedene Arten von Schlangen, der Ameisenlöwe und Mäuse wie die Spring-, Wüsten-, Kurzschwanz- und die Haarfußrennmaus. Einen Straußenhahn haben wir schon gesehen. Die lassen übrigens ihre Flügel hängen um ihre langen Beine vor der Sonne zu schützen. Ihr Speisezettel ist mager: Beeren, Saat und Gras. Mehrere Hennen legen insgesamt 12 bis 25 Eier in ein gemeinsames Nest. Ein Straußenei entspricht 24 Hühnereiern. 1 Ei wiegt 1,5 kg – das gibt ein riesiges Omelette!

Bevor wir die Straße verlassen und mit den Steuerbordreifen (fast) im Ozean und mit den Backbordreifen über den Strand fahren, lässt Hermann etwas Luft aus allen Reifen!? Wahnsinn, aber Hermann wird schon wissen, was er tut. Jetzt wird’s aufregend, der Strandstreifen wird immer schmaler, das Wasser des Atlantiks ist am Steigen und auf der anderen Seite rücken die immer höher aufragenden Dünen näher. Der Wind bläst Sandwolken über die Dünenkämme. Hermann steuert den 4-wheel von der Strandpiste rein in die bergige Dünenlandschaft und dort stoppt er. Barfuß rennt er los und fängt auf dem Bauch liegend an zu buddeln. Wir ihm nach – Hilfe, die Füße kochen, was sucht er denn da? Den Transparent Namib Dune Gecko. Triumpierend hält er uns das kleine vollkommen durchsichtige Tierchen auf seiner Hand entgegen. Zum Schutz vor der Mittagshitze vergräbt sich der Gecko.


Herrman buddelt ...


... und findet einen transparenten Wüstengecko

Der Wind modelliert bizarre Formen in die Dünenlandschaft.
Bizarr und immer aufregender verläuft die Fahrt im Riesensandkasten. Unsere Mitfahrerin murmelt gequält auf schwäbisch: „i ka nemme nausgucka“, ja wir sind nicht auf der Schwäbischen Alb.

Hermann fährt aber sicher, er ist Profi, er bietet uns aus der Kühlbox Getränke an, auch Bier ist zur Beruhigung dabei und während wir uns erfrischen, erzählt er welche Tricks die Tiere anwenden, um an Wasser zu kommen. So pflegen die Schwarzkäfer morgens das „Nebelbaden“, dabei machen sie einen Kopfstand, drehen ihren Körper in den Wind und senken dabei den Kopf, dass das Wasser in ihren Mund fließen kann.
Ameisen, Eidechsen und Vögel nutzen den Tau, der morgens auf kalten Oberflächen wie Steinen und Pflanzen liegt und Geckos trinken das Wasser, das sich auf ihren Körpern niederschlägt.

Dünen
sind riesige Sandhaufen, die ständig infolge der vorherrschenden Winde ihre Form dynamisch verändern. Licht und Schatten der Morgen- und Abendsonne zeichnen Formen, Gestalten und verschiedenste Farben auf das Dünenmeer.

Die Farbe der Dünen hängt von ihrem Alter, der Temperatur und der Feuchtigkeit ab.
Im Sand enthalten sind Quarzkörner, Glimmer, Feldspat und Schwermineralien wie Granat, Ilmentit und Magnetit. Die roten Dünen sind tatsächlich „gerostet“, bewirkt durch zunehmenden Eisengehalt.

Die Typen
Querdünen sind das Werk südlicher Winde, diese Form entsteht in Küstennähe, an der Straße entlang.
Längsdünen sind das Ergebnis von Süd- und Ostwinden, sie laufen parallel durch die Dünentäler,

Sterndünen werden gebildet durch Winde aus verschiedenen Richtungen und verlaufen sternförmig.
Barchan Dünen sind halbmondförmige Wanderdünen, getrieben vom Wind aus einer Richtung.



Unser Fahrer macht sich die Struktur der Dünen zu Nutze. Die zur Windseite gerichteten langen Dünenhänge sind so fest, dass sie das Gewicht des Autos tragen können, die fährt er hoch und oben am Kamm kommt der kürzere Gleithang mit 34 Grad Gefälle, der ist weich und der Sand beginnt bei diesem Winkel zu rutschen. Hermann lässt das Auto nur rollen, ein Rumoren und Grummeln unter uns, jetzt halte auch ich die Luft an bis wir glücklich das Dünental erreicht haben. So geht das immer auf und ab im Dünengebirge, bis zu 200 Meter hoch sind die Berge immerhin. Vom Kamm oben genießen wir atemberaubende Blicke über die roten Dünen zum tiefblauen Ozean. Feinster Sand fliegt wie Gischtmähnen von den Kämmen. Unglaublich wie die Sonne Linien und Formen und das Farbenspiel der Dünen verändert.


Plötzlich, das Auto streikt!

Kein Problem, das macht es manchmal, meint unser Fahrer und öffnet die Motorhaube, schraubt macht und tut ???????? Wir stehen in einer winzigen Oase. Hellgrüne dornige Pflanzen überziehen den Sandboden, die Naramelonen, die Früchte haben Orangengröße. Damit die Pflanzen nicht vom Flugsand verschüttet werden, wachsen sie unentwegt. Hermann meint, dass man die Samenkerne essen kann, als Trockenobst, das wäre sogar eine Delikatesse. In kleine Säckchen verpackt kann man sie als Butternüsse kaufen. Sie seien eiweißhaltig, auch an Esel werden sie verfüttert. Na, dann müssen wir ja nicht verhungern!



Die Zeit läuft, die Sonne scheint immer flacher, wir werden immer stiller, das Auto wird es doch schaffen, wenigstens bis zur Küste? Endlich – es läuft wieder. Windseite hoch, Gleithang runter. Auto steht wieder – Hermann repariert – Auto läuft wieder – Windseite hoch – Gleithang runter – Sonne noch flacher – Auto streikt wieder – Hermann repariert, diesmal dauert die Reparaturpause endlos lang. Abschleppen geht nicht, das Handy hat auch kein Empfang. Camping in den Dünen? Unser Ausflug scheint ein wirkliches Abenteuer zu werden! Die Nächte sollen eiskalt werden! Es geht weiter – endlich - die hohen Dünen liegen hinter uns, nur noch flaches Wüstengebiet, jetzt ist nichts mehr zu machen mit unseren 4-wheel. Wenn wir uns bemerkbar machen könnten, könnte man uns jetzt abschleppen, aber wir haben keinen Handyempfang. Hermann macht sich zu Fuß auf den Weg bis er endlich ein Netz bekommt und seinem Kollegen Bescheid geben kann. Wir lassen uns durch die Wüste abschleppen. Bei Nacht erreichen wir die Stadt.
Der Tag bleibt uns unvergessen,

Namibia zählt zu den top Highlights unserer Reise – vielleicht kommen wir wieder. Vorerst steigen wir aber wieder um auf unser Boot, wir wollen heim.

Rolling home – aber welche Route?
Es gibt jetzt verschiedene Möglichkeiten mit dem Segelboot nach Europa zu kommen. An der afrikanischen Küste hoch wäre der kürzeste, aber auch unkomfortabelste Weg, da hoch am Wind. Schon besser, aber nonstop (so ist Laura Dekker gesegelt), wäre direkt in die Karibik zu segeln. Günstiger vom Wind ist die Route mit Stopp auf den Inseln St. Helena und Ascension. Dann bietet sich Brasilien an mithilfe des Südlichen Äquatorial Stroms und weiter in die Karibik. Nochmal eine kleine Weltreise, aber Strom und Windrichtung sind halt mal die Motoren für ein Segelboot.

Los geht’s in die Verbannung!
St. Helena, die Insel Mitten im Atlantik
mehr als 1000 Meilen liegen vor uns!
Am Sonntagnachmittag dem 15. Januar um 15.30 Uhr machen wir uns los von der Boje. Unsere Freunde, die Pelikane begleiten uns ins freie Wasser, dort treffen wir auf ganze Horden von Seerobben. Mit ihrer 10 Zentimeter Fettschicht macht ihnen das kalte Wasser nichts aus, mir aber die „Kälte“ und der Nebel, ich habe mir eine Blasenentzündung zugezogen. Nebel hüllt uns ein, der Wind weht zu schwach für Momo, Sir Perkins muss ran.

Das Meer atmet nicht mehr.
Wir treiben auf spiegelblankem Wasser! Dienstag Nacht, wir sind jetzt weit genug von der Küste Afrikas weg, rollen wir den Klüver ein und bergen das Großsegel. Jetzt ist Ruhe, kein Schlagen der Segel und nicht mal ein Plätschern des Ozeans ist zu hören. Eingepackt in langer Hose und warmem Pullover lese ich in der sternenklaren Nacht „Owen Meany“ von John Irving. In acht Stunden treiben wir acht Seemeilen ab, nach Nordosten – was solls.

Am nächsten Tag setzen wir wieder Segel und lassen zur Unterstützung unsere Maschine mitlaufen. Die Nacht verbringen wir wieder ohne Segel treibend im Atlantik. Bis irgendwann St. Helena.

Tage und Nächte wechseln sich so ab, mal läufts, mal weniger. Es wird wieder wärmer, dann kommt mal eine kleine Tierschau bei Momo vorbei, fünfzig Delfine zeigen was sie an Kunststücken drauf haben – und schon ist ein guter Laune Tag. Hinter dem Steuer hat sich ein Tintenfisch versteckt.


ein springender Tintenfisch ist im Cockpit gelandet

Eines nachts während meiner Wache bekomme ich Heißhunger auf frisches Brot, so schlimm, dass ich um 3.30 Uhr zu backen beginne. Das wird ein köstliches Frühstück mit frischen Brötchen. Pactorstation in Belgien und Eisenstadt/Österreich funktionieren, schreibt der Skipper ins Logbuch.




Bäckerei Momo

Am 12. Tag unserer außerordentlich gemütlichen aber langen Reise, backe ich noch einen Apfelkuchen.

Anker fällt vor St. Helena
Am Freitag, dem 27. Januar, am 13. Tag fällt unser Anker auf Position 15°58'52S und 005°15,5E in der James Bay von St. Helena.


St. Helena, Jamestown mit James Bay

wir liegen auf 19 Meter Tiefe und müssen 70 Meter Kette stecken! Strömung und Schwell verheißen uns kein gemütliches Liegen in der James Bay, auch müssen wir das Ankermanöver noch einmal fahren, da der Anker slippt. Wieder auf 19 Meter, aber das ist ja nur relativ tief, St. Helena ist die einzige Insel im 6000 Meter tiefen Angolabecken auf dem Mittelatlantischen Rücken, da sind die 19 Meter ja gar nichts.

1200 Seemeilen haben wir zurückgelegt seit Walvisbay, in 12 Tagen und Nächten nicht die schnellste, aber dafür eine angenehme Reise. Jetzt sind wir da und Ankommen ist immer das Schönste!

Bergig scheint die Insel zu sein. Von der Bucht aus sehen wir linker Hand Festungen in den Felsklippen, vor uns erkennen wir eine Stadtmauer und eine riesenlange Leiter, die zu einer Festung hoch führt auf der rechten Seite. Wir brauchen unser Dinghy nicht aufzublasen, es gibt einen Ferry Service. Per Funk können wir das kleine Boot zur Momo bestellen für 1,50 St. Helena Pfund, die Währung des Britischen Überseegebiets. Bis heute hat die wohl entfernteste Insel im Südatlantik, die nächste Insel ist 1125 Kilometer entfernt, die SW-Küste von Afrika 1950 und die Küste von Südamerika 2900 Kilometer, noch keinen Flughafen. Man braucht viel Zeit um zur Insel hin und wieder weg zu kommen. Das Britische Hochseepostschiff RMS St. Helena, das Urlauber und Fracht gleichermaßen befördert, fährt die Route nur zwei Mal im Monat an - von Cape Town kommend auf dem Weg nach Ascension.


Jamestown
heißt die Stadt hinter den „landing steps“ , dem Burggraben und dem Tor Archway aus dem Jahr 1832. Wir müssen unser „landing fee“ im Castle von 1659 bezahlen, dann beeilen wir uns vor Feierabend der Behörden noch die Immigration aufzusuchen. Daneben steht das Gefängnis, ein altes Gebäude von 1827. Der Gefängniswärter steht am Tor vor seiner „Rezeption“ - man könnte annehmen es handelt sich um ein altes Hotel. Fünf Gefangene hätte er zur Zeit, erzählt er uns bereitwillig. An Land ist richtig Stress, jetzt müssen wir noch schnell den Zoll aufsuchen, dann noch Geldwechseln bei der Bank of St. Helena, denn auf der isolierten Insel gibt es auch keinen Geldautomaten. Wir kommen an der 1772 erbauten St. James Church, der ältesten anglikanischen Kirche in der südlichen Hemisphäre vorbei.
Uff, unsere Einreisepflichten sind erledigt, jetzt können wir erst so richtig staunen über den Ort, der im Jahre 1659 von der Britischen Ostindien Kompanie gegründet wurde und an dem die letzten 500 Jahre ohne Spuren vorüber gegangen sind.

Der Ort Jamestown liegt eingebettet zwischen zwei Bergfelsen. Die Insel St. Helena war ein strategischer Punkt des Britischen Empire und der East India Company, die Festungen wurden gegen feindliche Attacken in die Felsen und Klippen gebaut. Die Jacobs Ladder, die zur Festung hoch führt, wurde 1829 gebaut und wurde als Lastenaufzug benutzt. Heute bekommt man im Museum eine Urkunde, wenn man bestätigt, dass man den Aufstieg über die 695 Stufen per Fuß geschafft hat.


die Jakobsleiter in Jamestown

Relikte aus dem 16. Jahrhundert, der Portugiesischen Zeit und der Britischen Besatzung aus dem 17. Jahrhundert und die Gebäude im Georgianischen und Victorianischen Stil aus dem 18. Jahrhundert bestimmen den Charme des kleinen Städtchens Jamestown. In der Hauptstrtaße, die sich bestimmt zwei Kilometer weit ins Tal hinein zieht, findet sich nicht eine „Bausünde“ der Gegenwart zwischen den historischen Gebäuden.
Ganz berühmte Leute sind schon im Wellington House abgestiegen, wie der Duke of Wellington auf seiner Rückreise von Ostindien. Edmund Halley, James Cook, mit Resolution, Prinz Dini Zulu während des Zulu Kriegs und der bekannteste VIP: Napoleon, im abgeschiedensten Exil. Ehrfurchtsvoll treten wir in in James Town in ihre Fußspuren, stellen uns vor, wie durch die Tür des New Porteous Haus Napoleon schreitet und seine erste Nacht dort verbringt. Im Consulate Hotel von 1860 wird eine umfangreiche Bildergalerie von Napoleon gezeigt, auf der Straße gegenüber wo sich das Post Office befindet, war früher die Offiziersmesse, aus dem 18. Jahrhundert ist das Broadway House, das Essex House von 1739. Heute zählt Jamestown, die übrigens die Hauptstadt von St. Helena, Acsension und Tristan da Cunha ist, 700 Einwohner. Auf der Insel St.Helena leben 4000 Menschen.

Die Zeit ist aber nicht ganz stehen geblieben.
Wir finden doch tatsächlich einen Internetzugang, im Gartenlokal „Annes Place“ und ein Informationsbüro, wo man die Möglichkeit hat ein Auto zu mieten und Schmutzwäsche abgeben kann. Spartanische Duschen finden sich in den früheren Felsbehausungen gleich hinter den landing steps und hinter der Stadtmauer kann man gemütlich echten St. Helena Kaffee trinken.

Auf Napoleons Spuren
inzwischen ist unser Seglerfreund Henk von Cape Town kommend in der James Bay eingelaufen. Mit ihm fahren wir im gemieteten Auto über die 122 Quadratkilometer große Vulkaninsel, entdecken spektakuläre Küstenlandschaften mit Klippen die steil in den Atlantik stürzen und ruhige Weidelandschaften im Innern mit grasgrünen Hügeln. Die höchste Erhebung ist der 823 Meter hohe Dianas Peak.
Wir kurven die engen einspurigen Straßen rauf und runter und kommen gerade noch rechtzeitig zur Führung am Longwoodhaus an. Ein schön angelegter blühender Garten umgibt ein nobles Haus, den Exilwohnsitz des prominentesten Häftlings, der von 1815 bis 1821 hier lebte, und zwar nicht schlecht, wie wir hier sehen und hören. Bevor das Gebäude für Napoleon und sein Gefolge renoviert wurde war es der Wohnsitz des britischen Gouverneurs.


Longwoodhouse, Napoleons Bleibe auf St. Helena

Mit Versailles kann das Anwesen und die Küche natürlich nicht mithalten. Napoleon und zwanzig weitere Herrschaften, Generäle und Freunde, die am 15. Oktober 1815 mit ihm zusammen auf dem Segelschiff „ His Majesty`s Ship Northumberland“ ankamen, bemängelten unter anderem die Verpflegung. Pro Woche gab es nur 40 Kilogramm Fleisch, 9 Hühner und 17 Flaschen Wein. Brot und Wein waren angeblich nicht zu genießen, Kaffee, Butter und Öl und andere Artikel waren nicht zu bekommen oder nicht nach dem Geschmack der Herrschaften.


des Kaisers Toilettenspiegel

die gute Stube

Napoleons Sterbebett

Wir kommen Napoleon sehr nah, wie wir so durch seine Räume schreiten, vor seinem Sterbebett stehen und in seinen Spiegel im Bad blicken.
Zurück durch den Garten, den Napoleon in seinen letzten Jahren selbst gepflegt hat, fahren wir zu Napoleons Tomb. Den Platz auf Sane Valley mit der Wasserquelle und den üppigen Blumen hat sich Napoleon selbst ausgesucht, im Schatten der Weide wollte er begraben werden. Sein Wunsch wurde repektiert und am 9. Mai 1821 wurde er mit militärischen Ehren begraben, begleitet allerdings von Soldaten der Britischen Infanterie. Die Grabplatte im Rasen weist jedoch keinerlei Inschrift auf. Die Briten und Franzosen konnten sich nicht über Text einigen. 1840 wurde sein Leichnam exhumiert und nach Paris überführt, wo er im Invalidendom seine endgültige Ruhestätte fand. Heute ist Longwood House ein Museum und der Wohnsitz des französischen Konsuls.


Napoleons Grab auf St.Helena


Wir sind nicht im Exil, wir verlassen die Insel wieder am Mittwoch dem 1.Februar.
Leider müssen wir ohne frische Lebensmittel los, die wenigen Läden sind völlig ausverkauft. Das Frachtschiff hat zwar vorgestern angelegt, aber die frischen Sachen müssen erst noch von der Bio Security abgenommen werden. Henk hat sich als Proviant 20 Tüten mit Haltbarer Milch besorgt, er will jetzt direkt die Karibik ansteuern. Wir werden auf unsere gebunkerten Büchsen zurückgreifen müssen, immer noch besser als H-Milch.

Wir laufen den nächsten Spot im Südatlantik an: Ascension
In der James Bay holen wir die 70 Meter Ankerkette hoch. Zuvor haben wir noch den Impeller gewechselt, 60 Liter Diesel nachgebunkert – mühsam in Kanister von der Tankstelle im Ort und mit dem kleinen Fährboot auf die Momo über gesetzt. Trinkwasser bei den Landungsstufen in Kanister abgefüllt und unseren Wassertank damit aufgefüllt und last but not least hat Uwe noch den Mast und das Rigg kontrolliert.

Kurs Nord-West
Los geht’s. Unser Kurs ist Nord-West, der Wind kommt aus Südostwind mit Stärke 4-5, ideal als Antrieb für Momo. In sechs Tagen wollen wir die 700 Seemeilen bis bewältigen. Bevor um 19.00 Uhr die Sonne untergeht ist die Insel am Horizont auch schon verschwunden. Meine ersten 4 Stunden der Nachtwache beginnen und mit ihr plagt mich das Heimweh. Fünf Monate werden wir noch insgesamt unterwegs sein. Die Tage sind ok, wir segeln, funken mit Henk, treffen das Versorgungsschiff RMS St. Helena, es fährt wie wir nach Ascension, zwei fliegende Fische verirren sich auf Momos Deck, die Verpflegung an Bord ist büchsenmäßig, am 4. Februar ist unser Tausendster Tag on tour und am 5. Tag schwächelt der Südost-Wind. Jetzt wird’s knapp, ob wir morgen wohl die Landung auf Ascension noch bei Tageslicht schaffen werden?

Zwei Bergspitzen ragen aus dem Ozean.
Endlich – am Montag dem 6. Februar, mittags um 11.00 Uhr ist Land in Sicht. Inzwischen bläst uns der Wind auf die Nase und wir arbeiten uns unter Maschine gegen an und schaffen es! Das war mal wieder ein Timing. Im warmen Abendlicht fällt unser Anker am 6. Tag, nach einer perfekten Überfahrt und 703 Seemeilen, genau um 17.00 Uhr in der Clarence Bay. Was für eine sensationellen Kulisse! Ein rot leuchtenden Vulkanberg erhebt sich vor uns über dem goldgelben Sandstrand, während Momo in der Dünung schaukelt. Die Schiffsbesatzung genießt ihr wohlverdientes kühles Anlegerbier. Ankommen ist immer das Schönste, erst recht heute, in dieser Traumbucht. Heimweh ist ein Fremdwort. Jetzt freuen wir uns wieder, Neues entdecken zu dürfen.


der Anker fällt in der Clearance Bay

Kein Seemannsgarn!
Die Clarence Bay ist eine Waschanlage für Schiffsrümpfe. Statt Bürsten bearbeiten Mäuler von Tausenden Triggerfischen, Verwandte der Piranhas, Momos Rumpf. Die bis zu 30 Zentimeter kleinen Fische sind tiefschwarz, abgesetzt mit einem blauen Streifen sind nur die Flossen. Der Fischschwarm scheint auf uns gewartet zu haben, ausgehungert stürzt er sich auf Momos Muschel- und Algenbewuchs und putzt das Unterwasserschiff innerhalb weniger Minuten blitzblank. So ein ein Service. Mit Spachtel, Schwamm und Bürste hätten wir viel länger gebraucht. Sauber geputzt wird Momo wieder schneller durch das Wasser laufen. Mir kommt da eine Idee, könnten wir nicht ein paar von den Fischen als Putzerfische mit nehmen?


unsere Putzkolonne

Solange die gefräßigen Fische den Rumpf sauber knabbern, machen wir noch an Deck klar Schiff. Was ist denn da für ein Treiben im Wasser? Kolosse von Schildkröten tauchen aus dem Wasser auf, es plitscht und platscht. Staunend stehen wir an Bord. Schwimmen gehen verkneifen wir uns aber. Wir genießen den Abend an Bord vor der Vulkaninsel. Das Beiboot startklar machen und einklarieren, vertagen wir auf morgen früh.

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