Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 10. Juli 2009
Position 43°22,01´N, 008´23,69´E -La Coruna, Spanien
Seemeilen bisher 1523
Wind NW5 -6 Bft
Tage unterwegs 60

Austern, Tapas und Fiesta
Spanien wir kommen - Viveiro feiert!

Drei Tage und drei Nächte auf der Biskaya sind genug! Bei einsetzendem Gegenwind und Regenwetter, machen wir unseren Landfall in Spanien nicht wie geplant an der äußersten Nordwestspitze Spaniens, sondern nehmen Kurs auf Viveiro, an der bergigen Nordküste. Eine aufregende Nachtansteuerung beschließt die Biskaya-Überquerung am 4. Juli.

Aber erst mal der Reihe nach: am 41. Tag, Samstag, dem 20. Juni, starten wir von Jersey über den Kanal nach Saint Malo.

Der Tidenstrom und - endlich - der heißersehnte Nordwestwind mit 4 Bft. bringt uns von der Kanalinsel Jersey, 41 Seemeilen weit, über den Kanal nach Frankreich. Alles passt: Wind, Wellen, Strom, Kurs und als Dreingabe noch Sonnenschein. Mit schlechten Erinnerungen (siehe Cherbourg) setzen wir wieder die französische Gastlandflagge. In der Ansteuerung von Saint Malo herrscht reger Wochenend-Schiffsverkehr, Hunderte von Segelboote kreuzen vor der gigantischen Kulisse der Altstadt, umgeben von der mittelalterlichen Festungsmauern und den Bastionen.


Der Yachthafen von St.Malo liegt direkt an der Stadtmauer

Schleusenmanöver
In der Schleuse kurz vor dem Stadthafen kommt ein neues Schleusenmanöver auf uns zu. Von der hohen Schleusenmauer herab werfen uns zwei Franzosen Leinen herunter. Und jetzt? Was machen wir mit denen? Festmachen an unseren Klampen? Nein,dafür sind sie zu dünn. Wir sollen sie mit unseren Leinen verbinden, erst dann ziehen die Zwei von oben die zusammengeknoteten Leinen hoch und machen dann unsere an einem Poller fest. Ein französischer Segler macht es sich einfacher: er legt sich als Päckchen an Momo. So hat er jetzt Pause, trinkt ein 7.5%iges Bier und raucht gemütlich eine Galloise - französische Gelassenheit! Wir dagegen müssen, so lange wir an der Mauer mit dem ansteigenden Wasser an die zehn Meter höher fahren, ständig unsere Leinen dichter nehmen. Kurz hinter der Schleuse, nun unabhängig von der Tide, liegt der Stadthafen, direkt vor der mächtigen Stadtmauer. Noch ein schwieriges Einparkmanöver steht uns bevor, aber die unglaubliche Kulisse hier macht das sofort wieder wett. Der erste Eindruck von Saint Malo haut uns einfach um.



Kurz zur Geschichte
Saint Malo, an der Smaragdküste der Bretagne gelegen, von drei Seiten mit Wasser umgeben, war schon für die Römer ein strategisch günstiger Ort, es entstanden römische Siedlungen. Im 6. Jahrhundert begann dann der Mönch Machatus (Malu auf französisch) mit der Missionierung und im Jahr 1142 wurde mit Errichtung der Kathedrale Saint Vincent und dem Bau der mächtigen Wehrmauer begonnen, die der Stadt lange Zeit Sicherheit und Unabhängigkeit bescherte. Die Blütezeit der Stadt war im 16. Jahrhundert.

Der höchste Gezeitenunterschied in Europa: 12 Meter!
Saint Malo ist der Ort mit der höchsten Tide in Europa: sagenhafte 12 Meter steigt und fällt das Meer im 12 Stunden-Rhythmus zur Springzeit. Das erste Tidenkraftwerk in Europa wurde hier gebaut, und nutzt seit 1966 die unablässige Kraft der Gezeiten.

Ein Erlebnis, Saint Malo!
Ein kurzes Ausruhen zuvor ein „Anleger“, dann stürzen wir uns, bewaffnet mit der Kamera, in die Altstadt. Unvorstellbar, dass 85 Prozent des alten Stadtkerns 1944, nach der Landung der Alliierten in der Normandie, zerstört wurde. Wir lassen uns zuerst täuschen, denn fast originalgetreu wurde alles wieder aufgebaut. Wir genießen die Aussicht von der Stadtmauer, die rings um den Stadtkern läuft, auf das smaragdgrüne Meer und auf die drei vorgelagerten kleinen Inseln Grand- und Petit Bé und das Fort National. Diese sind nur bei Ebbe und zu Fuß erreichbar. Während unseres Landgangs ist Ebbe, das Wasser ist weit zurück gegangen und ein breiter Sandstrand erstreckt sich nun zum Fort National, unserem Foto-Hauptmotiv, zusammen mit den hohen Pfählen vor der Stadtmauer. Die Holzpfähle dienen als Wellenbrecher vor der Flut. Bei einer Tide von zwölf Metern und einem ganz flach auslaufenden Strand erstreckt sich im Wechsel der Gezeiten ein unendlich breiter Sandstrand, vor der Stadtmauer. Die Franzosen genießen die soeben vom Meer frei gegebene Fläche, spazieren hinüber zur Burg oder sitzen mit einer Flasche Wein im Abendlicht auf der breiten Treppe, die hinunter zum Meer, jetzt Strand, führt.


die Wellenbrecher und weit draußen das Fort National, bei Niedrigwasser

Momos Besatzung ist im Schlaraffenland angekommen! Ein Restaurant neben dem anderen. Liegt in der alten dicken Hafenmauer. Alle bieten sie als Spezialität Fischplatten an, serviert auf Etageren, darauf Krabbel- und Schleimtiere wie Hummer Krebse, Shrimps, Austern, Muscheln und Schnecken, garniert auf dekorativem Seegras. Wenn Austern, Shrimps und Schnecken, dann hier in der Bretagne, meint Uwe und wünscht sich für morgen auch eine Fischplatte. Zwei Tage entdecken wir die Altstadt. Zwei Tage lang genießen wir das historische lebhafte Städtchen mit seinen gut besuchten netten Restaurants, Cafés, Crêperies, Brasseries und Bars. Am Sonntag ist Tag der Musik, in allen Ecken, Plätzen und auf der Stadtmauer spielen Bands. Vom kulinarischen Schlaraffenland führen wir mit Momo ein paar Spezialitäten der Bretagne aus: Cidre, Rotwein, leckeren Camembert, französische Salami und ganz tollen Moutarde aux algues.


Meeresfrüchteplatte!

Unser nächster Hafen ist Lézardrieux, 50 Seemeilen westlich von San Malo. Die Perkins-Maschine muss heute ran, denn der nur eine Windstärke schwache Nord-Nord-Westwind hilft uns nicht vorwärts zu kommen. Wir passieren das Cap Fréhel und biegen dann in das Delta vom Rivière de Trieux ein. An backbord stehen bizarre Felsen, davor liegen Austernbänke.

Die kommenden Häfen fallen trocken, so sieht unsere weitere Planung eine Nachtfahrt vor.
Vorbei sind die überschaubaren Tagestörns von Hafen zu Hafen, am Tag 44, dem 23. Juni fahren wir durch bis

Camaret-Sur-Mer.
Die Wetterfrösche melden Ostwind mit 4 – 5 Bft. und Böen bis 6 Bft.
Wir umfahren eben die Les Sept Iles, da hören wir auf Kanal 16:May Day, May Day ......ein Taucher ist plötzlich vermisst. Dann ist laut einer weiteren Meldung ein Schiff vor einem Castle auf Grund gelaufen und noch ein Pan Pan Ruf kommt von einem Fischerboot. Auf der Seekarte sind mal wieder viele Wracks vor der Küste verzeichnet.

Unsere Momo aber fliegt über das blaue Meer. So stellt man sich Segeln vor. Meile um Meile bringt sie der Ost-Nord-Ostwind mit fünf Windstärken vorwärts. Nur die Flugkünste der vielen Basstölpel, die uns heute ständig begleiten, sind eleganter. Mit Ausbaumen, Basstölpel bewundern, Berichte schreiben, Johannes den Windsteuermann wieder auf den richtigen Kurs bringen, e-mails beantworten, Vespern, Mittagessen und Abendessen sind wir heute voll auf beschäftigt. Das hört sich nach einem disziplinierten normalen Tag an. Der hat aber heute ein open end! Bei der ersten Wache sehe ich das Abtauchen der Sonne am Horizont um 22.30 Uhr. Noch eine Stunde, dann ist das Meer rabenschwarz. Da; Hunderte von Glitzerpunkte leuchten in den Bugwellen von Momo auf und verschwinden wieder am Heck. Es sind die Algen im Wasser, die das Glitzern verursachen. Zum Glück ist der Himmel wolkenlos und Millionen von Sternen leuchten zu uns herab. Ein ganz besonderer tanzt hin und her, das Toplicht von Momo. In den quer zum Bug laufenden Wellen schaukelt der Mast mit dem Licht hin und her.


wir segeln in die Nacht hinein und es wird kühl

Die Nacht wird kühl, der Skipper und seine Crew versuchen im Wechsel zu schlafen, was aber misslingt. Wir sind schneller als wir berechnet hatten, ich soll trödeln, meint der Skipper deshalb, bevor er sich in den Salon legt. Vorher beraubt er Momo der Hälfte ihrer Segelfläche, denn erst um 8.00 Uhr früh dürfen wir im Chenal du Four sein, sonst empfängt uns der Kanal mit über 5 Knoten Gegenstrom. Das grenzt an Freiheitsberaubung! Mit der Harmonie von Momo mit Wind-Richtung-Stärke-Wellen-Strömung-Kurs ist es vorbei. Sie rollt nun in den Wellen hin und her, dann fällt sie mit ihren 16 Tonnen in „Schlaglöcher“, dass sich dem Skipper der Magen zusammenpresst, außerdem rutschen die Ersatzteilkästchen unter seiner Koje von einer Ecke in die andere. Uwe soll keine Ruhe finden unter Deck. Mit dem Walkman und einer Tüte Nüsse halte ich mich drei Stunden wach unterm Sternenhimmel, bei immer feuchter werdender Luft.

Um 4.30 Uhr wird es im Osten hell, das Meer bekommt wieder Konturen und um 6.15 Uhr geht die Sonne als glühend roter Ball hinter dem Leuchtturm auf, eine Momentaufnahme, aber die Kamera ist sicher verstaut und nicht griffbereit. Um 6.30 Uhr bindet Uwe ein 2. Reff ins Großsegel, bei 18 Knoten Wind und 3 Knoten mitlaufendem Strom. Unsere zwei Steuerhilfen sind keine Hilfen mehr, wir müssen persönlich ans Ruder. Der Chenal du Four mit seiner berüchtigten Strömung erwartet uns tatsächlich mit Gegenstrom, weil wir trotz des nächtlichen Bremsens zwei Stunden zu früh dran sind. Normalerweise rechnen wir mit 5 -5,5 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit bei der Vorausberechnung der Fahrtzzeit. Aber gestern hatten wir soviel Schiebstrom und so tollen Wind, dass wir einfach zu schnell waren.

Müde kommen wir um 10.30 Uhr am 23. Juni in Camaret-sur-Mer an, Position 48°16'749 Nord, 4°35’34 West. Während die anderen Schiffe auslaufen, schlafen wir ruhig und selig in der Koje unserer an den Steg gefesselten Momo.


Camaret-sur-Mer in der Bretagne

Der hübsche sonnige Hafenort Camaret-sur-Mer auf der Halbinsel Crozon ist für ganze sieben Tage unsere neue Heimat. Die französische Atlantikküste wird uns von Seglern in den schönsten Farben und mit glänzenden Augen als d i e tollste Küste geschildert, sogar die Karibik stellt sie in den Schatten, sagt uns ein Holländer bei einem Schnak am Steg. Trotzdem wollen wir auf dem kürzesten Weg die Biskaya queren und erst wieder an der spanischen Nord-West-Küste anlanden, also möglichst durchfahren bis La Coruña oder Camariñas.
Unsere Wetterwünsche für die Querung: Nord, Nord-West oder Nord-Ost, dazu noch eine moderate Windstärke lassen auf sich warten.


Das Wetter für die Biskaya und die ganze Reise liefert uns "Wetterwelt"
aus Kiel jeden Morgen um sieben als Grib-File per Email über Kurzwelle und
Pactor-Modem. Wir sind immer wieder beeindruckt von der Zuverlässigkeit
der Vorhersagen


Im Hafen von Camaret treffen sich viele Fahrtensegler. Tipps und Erfahrungen werden rege ausgetauscht. Uwe freut sich über c q, c q, c q, überall findet er Menschen über den Funk zum Quatschen. Regelmäßig, zweimal pro Tag versucht er Bert und Helene von der "SY Heimkehr" anzufunken. Die Zwei fahren auch über den Atlantik in die Karibik. Noch sind sie hinter uns, zur Zeit in Falmouth, irgendwann werden wir uns persönlich in einem Hafen sehen, bis dahin wissen wir dann schon vieles über sie, erzählt auf unserer verabredeten Seefunkfreuqenz. Während wir auf „Biskaya-Wetter“ warten, laufen zwei Schiffe aus La Coruña ein. Auf einem davon Sebastian, ein junger Amerikaner, wohnhaft in England und allein unterwegs in einem 8 Meter kleinen Boot, mit gebrochenem Autopilot und ohne jeglichen Wind- und Wetterschutz. Sardinen aus der Büchse war seine Bordverpflegung während der 3 Tage und 3 Nächte. Wir trinken zusammen Bier, Sebastian einen Tee, und essen ein paar sausages aus der Momo-Küche, bevor er in der Nacht wieder aufbricht, nach Plymouth.

Und noch so einen Exoten und Einhandsegler lernen wir am Steg kennen, Antonio aus Brasilien. Sein 8 Meter Bötchen, eine echte Herausforderung auf Hoher See, hat er in Poole in England gekauft und jetzt fährt er es nach Brasilien um es dort wieder zu verkaufen. Antonio wartet wie wir auf den passenden Wind über die Biskaya. Wir fahren fast gleichzeitig am 1. Juli los, aber wie sich Antonio über die Biskaya kämpft, wissen wir nicht, auf unseren Funk reagiert er nicht, vielleicht treffen wir uns irgendwo wieder in Spanien oder Portugal oder auf den Kanaren?


Antonio aus Brasilien

Aber bevor es so weit ist, machen wir in der Woche noch viele nette Bekanntschaften im Hafen Port Vauban, so gibt es ein Wiedersehen mit dem Schiff "Spirit of Aeolus" mit Elsbeth und Willem, wir kennen uns seit Jersey. Auch Michael und Gisela lernen wir am Steg kennen, ihr Heimathafen ist Hamburg, sie kommen jedoch gerade zurück vom Mittelmeer. Das Gespräch kommt auch auf den Windpilot. Es stellt sich heraus, dass Michael das gleiche Modell hat und viel Erfahrung sammeln konnte auf seiner Reise. Die Männer bauen kurzerhand unseren „Johannes“ vom Schiff ab und legen das gute Stück auf den Steg. „Das Ruder vom Windpilot dürft ihr nicht unter Motorfahrt im Wasser lassen, das nimmt er euch übel“, meint Michael. Generell lautet sein Rezept: „fetten“, „fetten“, „fetten. Die Zwei schrauben und fetten, gemeinsam im Gummiboot sitzend, montieren sie Johannes wieder an das Heck, frisch gefettet, einschließlich der Shorts und des T-Shirts.


Die Kameradschaft unter den Fahrtenseglern ist legendär
Ohne zu zögern opfert Michael aus Hamburg einen Vormittag und
bringt seine Erfahrung bei der Wartung der Windfahnensteuerung ein.

Abends dann ein Treffen auf Momo mit Elsbeth, Willem, Holländer und Kanadier und Michael und Gisela aus Hamburg. Interessante Tipps gibt es von den aus Süden Kommenden an die nach Süden weiterfahrende Schiffe. Unter Anderem fällt zum Beispiel der Hafenort „Viveiro“ in Spanien. Sagt uns jedoch nichts - noch nichts.

Mit der Kamera gehen wir auf Entdeckungstour. Müssen wir wirklich weiterreisen? Die Bretagne ist so schön und allein eine längere Reise wert. Wir fahren, schieben und tragen unser Fahrrad auf der Wanderstrecke von Camaret hoch zum Pointe du Grand Gouin, zum Pointe du Toulinguet und zum Pointe de Pen-Hir. Herrliche Hochflächen mit Heidekraut, tolle Aussichten über die Felsküste zum türkisfarbenen Meer, zu den von Sturm und Wellen durchlöcherten Felsen und auf die feinen Sandstrände.


Bretagne

Unbegreiflich und nicht nachvollziehbar für uns: ein Bunker versteckt sich hinter dem anderen, die ganze Küste entlang, einbetoniert zwischen und in die Felsen der Steilküste, werden diese unverwüstlichen Bunker wohl für immer Zeugnis der Geschichte bleiben. „Nicht als Anklage aber als Erinnerung“ steht am Eingang eines Bunkers, der als Museum dient. Auf dem Rückweg entdecken wir noch die Menhire von Lagatjar, 2500 vor Chr. sind sie datiert! Eine weitere Fahrradtour bei brütender Hitze führt uns die Küstenstraße D355 entlang, bergauf und bergab, Richtung Pointe des Espagnols. An den Burgruinen, betreten verboten, gefährlich wegen Kriegsrückständen, geben wir auf und radeln zurück.

Endlich, für den 1. Juli wird Nord-Ost-Wind vorhergesagt, mit 2 – 3 Bft, teilweise variabel (weniger schön), gebietsweise Windstille. Keine Traumvorhersage, aber vielleicht passt es, jedenfalls kein Sturm und kein Gegenwind. Aufbruchstimmung! Jetzt wird die Notfalltasche gepackt, alle frei beweglichen Sachen im Schiff penibel verstaut, noch eine Ladung Nudeln auf Vorrat gekocht, die Navigation ist fertig und kein Problem. Auf keine Felsen, keine Sandbänke und keine Flachstellen werden wir achten müssen, unsere Wassertiefe unterm Kiel wird mehr als genug sein. Meine Freundin Ursula hätte schon beim Nennen der Wassertiefe Angstzustände bekommen. 4000 Meter (Viertausend in Worten) tief ist die Bucht des Atlantischen Ozeans, der Golf von Biskaya, der sich von der Westküste Frankreichs entlang der Nordküste Spaniens erstreckt. Die Biskaya ist bekannt und berüchtigt für starke Stürme, extremen Seegang und kabbelige schwere hohen Heck- und Querseen.

Überfahrt Biskaya, zweieinhalb Tage und zwei Nächte auf hoher und tiefer See!
Wir legen um 10.00 Uhr in Camaret-sur-Mer ab, Kurs 240°. Johann und unser Windpilot steuert. Endlich scheint er richtig gefettet und justiert zu sein! Nachmittags auf der Chausée de Seine erwischt uns die erste Schauerbö. Ringsum Momo ist Wasser, nichts als Wasser, kein Land ist mehr in Sicht. Um 20.00 Uhr schläft der Wind ein, dass wir die Maschine brauchen um weiterzukommen. Unseren Kurs mit 240Grad können wir nicht mehr anlegen. Damit die Segel noch stehen und „mit ziehen“, fahren wir an der Windkante, sie bringt uns immer weiter nach Osten. Jetzt wäre Zeit für einen Hafen, aber es gibt keinen und ankern, wie so mancher unbedarfte Freund schon gefragt hat, geht auch nicht auf 4000 Metern Tiefe.


Die erste Nacht auf der Biskaya
Zeit für die Wacheinteilung. Uwe versucht als erster zu schlafen, während ich mit Momo allein erst durch die Dämmerung und die Nacht fahre. Ich höre ein Donnern, ist hier ein Schießgebiet? Nein, Gewitter! Schon zucken grelle Blitze vom Himmel, an vier Stellen gleichzeitig, zum Glück hinter uns, was mich unheimlich beruhigt. Das Gewitter weiht weg und ich habe jetzt alle Zeit der Welt dem Schauspiel des Algenleuchtens zuzusehen. 24.00 Uhr, ein neuer Tag beginnt, Wachwechsel, Zeit für Uwe aufzustehen. Mit der Morgendämmerung legt der Wind bis auf 23 Knoten zu, er bläst jetzt aus Süd-West, wir segeln hoch am Wind. Die ersten hundert Seemeilen liegen in unserem Kielwasser.


Rodeo am nächsten Morgen

Ganz und gar nicht rücksichtsvoll reitet Momo jetzt über die unruhige See, als ich mich noch mal ausschlafen möchte, frühmorgens um 7.00 Uhr. Ich stehe wieder auf mit einem Druck im Hals und schweren Gliedern, der Körper muss sich ständig der Schräglage des Schiffes anpassen, versuche ich das Alltägliche des neuen Tages zu meistern. Unsere Augen sehen inzwischen sofort auf dem Wasser jede „Störung“ im Wellenbild. „Ein Wal“! ruft der Skipper um 13.00 Uhr, auf Pos. 46°28’,89N und 6°01,61E. Tatsächlich, der erste Wal, vielleicht zehn Meter lang, bläst seine Fontänen, nicht weit von Momo entfernt. Um 17.00 Uhr schwimmt eine Holzpalette an Momo vorbei. Für ein Kunststoffschiff kann die schon gefährlich werden.


Mondnacht auf der Biskaya

Die Tage und Nächte gehen ineinander über:
24.00 Uhr, Datum, 3. Juli, auf der Biskaya unter dem Sternenhimmel.
Uwe beginnt seine Nachtwache. Ich verlasse meinen Wachposten im Cockpit, vor dem Radarschirm und dem Laptop zur Ablenkung, mit den Podcasts von SWR3. Ein richtiger Rhythmus will nicht entstehen, auch tagsüber, sobald sich die Gelegenheit ergibt, nehmen wir uns im Wechsel eine Mütze Schlaf. Tag und Nacht tragen wir ständig die gleichen Klamotten, darüber das Ölzeug. Zähneputzen, Frühstücken? Es ist schon wieder Mittag! Essen? Ich bin immer noch angeschlagen. Hätte ich mich bloß nicht hingelegt während Momos Rodeo-Einlage gestern früh. Schon das Seeventil unter der Spüle zu öffnen und zu schließen ist mit Seegang und Kloß im Hals eine Folter, ein Gang zur Toilette das gleiche Übel. Und just in so einem Tief besuchen uns 101 Delfine. Wie gestern der Wal, genau um 13.00 Uhr, bieten uns die Delfine (Common dolphin 1,70 m – 2,40 m) heute auf Pos. 44°22’00N und 7°21’48E ein noch nicht gesehenes grandioses Schauspiel. Sie springen bestimmt zwei Meter hoch, zeigen ihre gelben Bäuche und schwimmen neben her und tauchen unter Momo durch. Ist die Seefahrt doch herrlich! Leider ziehen die lustigen Gesellen weiter. Später kommt eine Navimeldung: ein toter, driftender, 10 Meter langer Wal, nicht weit von unserer jetzigen Position. Der Wind kommt inzwischen aus West-Süd-West mit 3 – 4 Bft., Momo stampft gegen Wind und Welle. Die Dämmerung bricht an und es regnet, wir haben genug von der Biskaya, der Plan, bis zur Nordwestspitze Spaniens durchzufahren, kippt.


der Crew geht`s nicht gut!

Land in Sicht! Die hohen Berge von Nordspanien zeichnen sich als dunkle Silhouette ab!
Ich bin völlig desinteressiert, als der Skipper meldet: „wir laufen jetzt Viveiro an“, in der Bucht querab. Ich werfe zwei Aspirin ein, denn inzwischen plagen mich wahnsinnige Kopfschmerzen. Genau zur Ansteuerung wachen meine Lebensgeister zum Glück wieder auf. Das Stockdunkel der Nacht, heute ohne Sterne, erleuchten die Lichter der entfernten Stadt Viveiro. Langsam tasten wir uns in die Bucht, fahren vorbei am Fischereihafen und kommen jetzt durch den schmalen Kanal in den Hafen. Die Tiefenangabe in der Karte mit 1,30 Meter stimmt nicht, Michael hatte uns die Zufahrt beschrieben, als er uns Viveiro als Tipp mit auf den Weg gab. Ich stehe am Bug und leuchte mit dem Scheinwerfer das Ufer ab, dann die Boxen im Hafengelände. Am ersten Kopfsteg machen wir an einer englischen Yacht als Päckchen fest, indem ich ganz leise an Bord der Ketch springe und Momos Leinen an deren Klampen belege. Das scheint uns jetzt bei Nacht im fremden Hafen das einfachste Hafenmanöver zu sein. Inzwischen ist es 0.30 Uhr und der 4. Juli. Befreit springt schlagartig meine Seekrankheit über Bord. Uwe leistet sich zu früher Stunde noch ein Anlegerbier, die Last der Überquerung ist von uns gefallen, auch hat er es nicht leicht gehabt mit seiner Crew.


4. Juli, wir sind in Spanien!

Viveiro, in was für ein Städtchen sind wir zufällig geraten?
Herrlicher Sonnenschein und genau zu unserer Ankunft findet das historisches Altstadtfest: Rapa das Bestas an Sàbado statt. Die Altstadt ist zum Teil noch umgeben von der mittelalterlichen Stadtmauer mit drei Stadttoren. Die Häuser im historischen Altstadtviertel sind mit Fahnen geschmückt und viele Einwohner, einschließlich der Kinder, tragen alte Trachten. Musikkapellen, vor allem Trommler, ziehen musizierend durch die engen kopfsteingepflasterten Gassen mit den typischen Hausfassaden, mit den vorgesetzten schmalen Fensterbalkonen, den galerias. Fahnenschwenker zeigen ihre Künste auf dem Marktplatz.


Sind das schon die Düfte des Orients? Schokoladenseife!

Viele Marktstände sind in den steilen, schmalen Gassen aufgebaut, die hoch zur romanischen Kirche Santa Maria führen. Das Angebot ist unglaublich vielfältig, Originelles und uns fremden Köstlichkeiten, leckere Kuchen, der Stand zieht sich über sechs Meter lang, herzhafte Corizas und Schinken, Mandelgebäck, spanischer Käse, Schokoladenseifen, das typische Spritzgebäck Räucherstäbchen, Holzfiguren, Zauberartikel, an die hundert verschiedene Teesorten, für alle Wehwehchen, eine hübsche Spanierin macht Marionettenfiguren, eine Andere spinnt Wolle, Wärmekissen (in Spanien?), Holzofenbrote (der Holzofen steht auf einem Anhänger),geröstete Nüsse, im Kessel gesottene Schweineschenkel, frische Chips und Cerveza bekommen wir kostenlos.


die können feiern, die Spanier

In der Vicente Cociña stehen die Tische auf der Straße und ausgelassen feiert das kostümierte Volk. Wir scheinen die einzigen Touristen zu sein, interessiert möchte ein Spanier ein Bild mit unserer Canon schießen, solange ich ihm sein Saftglas halten darf. Ist das schön, einmal zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Wir laufen durch die Calle Rossalia de Castro, trinken ein Cervesa in der Bar Bibliotheke, bekommen zum Bier, das unheimlich günstig ist, 1,40 Euro, kostenlos eine Schüssel mit Chips dazu serviert. Kleine Tapas-Häppchen gibt es zum Bier kostenlos in der Bar Kiev Café gereicht. Eine Bar, in uraltem Gemäuer, nebenher im Internet mit kostenlosem Wifi, so trinkt der Spanier hier seinen Kaffee oder sein Cerveca. Wir hätten gerne was gegessen, aber was ist denn Corzo estofado con xarope de cereizas, oder Xabarin con froitos do bosque, oder Costela asada flameada con augardente - keine Ahnung. An Bord von Momo gibt es deshalb eine Choriso, spanischen Käse und eine Flasche Rotwein aus der Region.


Wir haben die Bordverpflegung auf "spanisch" umgestellt

Unser brasilianischer Freund Antonio ist inzwischen, eine Nacht und ein Tag später als wir eingetroffen; auch ihn hat der Wind statt nach La Coruña, nach Viveiro gebracht. Wir laden ihn zu Bier, Pimientos und selbstgemachten Chips à la casa Momo ein. Antonio war wohl schon überall, er versorgt uns mit Tipps aus der Karibik, erzählt von den Schikanen des Zolls, vom Ausbooten in Trinidad für Unterwasseranstrich und Lackierarbeiten, ......
Landschaftlich ist Nordspanien ein Double vom Schwarzwald. „Sieht aus wie in Wildbad“, meint der Skipper. Bergig, mit dichten Tannenwäldern? Bewachsen.
Wir pilgern auf den Mount San Roque (wie Tausend andere Pilger am 16. Aug., zu Ehren des Co-Patron San Roque), 353 Meter über Meereshöhe haben wir einen tollen Blick auf den River Landro, den Hafen und die Stadt Viveira. Der Weg hoch durch den dichten hohen Eukalyptuswald hat sich gelohnt. Dicht an dicht stehen die 20 – 30 Meter hohen Bäume, und das in Spanien. Es fehlen nur die Koalabären. Unsere vermuteten Tannenwälder vom Schwarzwald stellen sich als Eukalyptuswälder heraus, unglaublich! Nicht umsonst heißt die Küste hier die Grüne Küste, der Norden ist das regenreichste Gebiet Spaniens.


Tag 58 nach unserer Abreise, am 7. Juli verlassen wir Viveiro mit Wind platt von achtern, Zielhafen La Coruña

Die Dünung ist lang und hoch, Momo verschwindet fast in den Wellentälern. Der Wind ist etwas zu schwach für den hohen Seegang, Momo verliert im Wellental immer Geschwindigkeit. Ist da schon wieder so eine Seegrippe im Anmarsch? Heute wird gesteuert, nicht geschlafen, rauf auf die Welle, dann die Momo schräg heruntergleiten lassen – rauf auf die Welle usw., an Cabo de Bares vorbei, rauf die Welle rauf und runter, so läuft es den ganzen Tag, der Atlantik hat uns mit seiner Dünung im Griff. Schon rückt wieder die Dämmerung nahe. Wehmütig denke ich an das Licht im Norden von Norwegen, durchgehend hell, dafür ist es in Spanien aber wärmer. Die Dünung in der Ansteuerung von La Coruña wird immer chaotischer, kurz vor Einbruch der Nacht machen wir Momo im Hafen direkt vor der Altstadt fest. 66 Meilen Achterbahnfahrt liegen hinter uns, die liefert der Atlantik kostenlos.


Praza de Maria Pita in La Coruña

Die Stadt La Coruña

Liegt in Galicien im äußersten Südwesten Spaniens auf einer Halbinsel und hat 243 000 Einwohner. Gesprochen wird galicisch und castellano.
Im natürlich geschützten Hafen legten schon die Phönizier, Kelten und später die Römer an.
Und heute wir.

Die Römer errichteten 110 nach Chr. den Herkulesturm, der heute noch als Leuchtturm genützt wird. Die Blütezeit von La Coruña lag im 14. und 15. Jahrhundert. La Coruña war Zielhafen englischer Jakobspilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela. 1589 wurde die Stadt von der englischer Flotte unter Francis Drake angegriffen, jedoch nicht eingenommen. Viele Baudenkmäler gibt es nicht mehr, der 68 Meter hohe Herkulesturm (Torre de Hércules) ist Wahrzeichen der Stadt.


der Herkules-Turm, Wahrzeichen La Corunas

Wir liegen im Hafen Porto da Coruña mit Blick auf die mehrstöckigen weißen Galeriehäuser mit ihren schmalen, verglasten Balkonen vor den Fenstern, den galierias-miradores, die stimmungsvoll das Abendlicht reflektieren. Zur Altstadt gelangen wir durch die Porta Real auf den Praza de Maria Pita und von hier erstrecken sich die verwinkelten schmalen Gassen der Altstadt. In der Calle del Riegeo de Agua gibt es hauptsächlich die kleinen Läden mit Schmuck und Schuhen zu bestaunen, in anderen Gassen reihen sich die Bars. Pulpos, Tintenfische, Sardinen und Krebse liegen in den Schaukästen davor. Die Bars sind morgens, dann aber erst wieder nach der Siesta um 19.30 Uhr gut besucht, nachmittags ist tote Hose. Die Altstadt von La Coruña hat ein ganz besonderes Flair. Nüchterner dagegen zeigt sich der neuere Stadtkern, der erhöht auf dem Hügel liegt. Ihn lernen wir bei einer Busfahrt kennen, auf dem Weg zum Herkulesturm. Chaotisch ist das Bussystem hier, oder wir checken es nicht.

Hafenalltag
Wir möchten wir weder Schuhe noch Schmuck kaufen, wir brauchen eine ganz bestimmte Batterie für unsere Waage und dann müssen wir unsere 11 kg Gasflasche füllen lassen. Die Batterie habe ich endlich im fünfzehnten Geschäft bekommen und wegen dem Gas sind wir als Erstes durch die halbe Stadt gelaufen, mit dem Erfolg, dass wir endlich eine Adresse im Vorort von La Coruña in Messoiro bekommen haben, bei Repsol, Gas Butano. Bevor wir aber mit dem Taxi und der großen Flasche hinfahren, wollten wir vorsichtshalber bei Repsol anrufen. Wir baten den Hafenmeister dort für uns anzurufen, dreimal ließen wir uns vertrösten, er erreicht niemand. Aber Uwe kommt mit seinem Handy durch, aber sein spanisch reicht zur Verständigung nicht aus. Mit unserem Handy kam dann Stunden später zusammen mit dem Hafenmeister ein positives Gespräch zustande. Wir laufen jetzt mit der großen Gasflasche zum Taxistand. Uwe will gerade etwas auf spanisch stammeln, da lädt der Taxifahrer auch schon die Flasche ein und fährt los – er wusste die Adresse!!!!! Die Wanderung durch die Stadt und einen halben Tag Telefon hätten wir uns sparen können. Wir rasen nun mit dem Taxi und der Gasflasche zum Befüllen durch die Stadt. Zwei Männer stehen schon vor der Gasanlage, als ob sie auf uns warten würden. Eine halbe Stunde später stehen wir wieder im Hafen mit einer vollen Gasflasche. Mit den Taxigebühren hat sie weniger als die Hälfte gekostet wie in Deutschland!


Gasflasche füllen, gewußt wo!!

Momo bekommt einen neuen blauen Anstrich. Auf einer Fläche von 80 x 100 cm ist die Farbe vorne am Rumpf abgeblättert. Die Farbe trocknet zum Glück rasch in der spanischen Hitze. Wir rätseln warum das passiert ist? Hoffentlich bleibt das eine Ausnahme!

60 Tage nach unserer Abreise liegen 1523 Meilen im Kielwasser von Momo.

Die stark gegliederte spanische Atlantikküste liegt als nächstes vor uns mit dem ausgesetzten Cap Finisterre, Zwischenstation wird der Hafen Ria de Camariñas sein und dort wollen wir auf Pilgerfahrt gehen! Aber davon beim nächsten Mal mehr!

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