Am Mittwoch früh, dem 16. Juni 2010,
genau um 6.40 Uhr, sehen wir zum ersten
Mal seit Galapagos, nach nur 19 Tagen und langen
3112 gesegelten
Seemeilen
wieder Land! Um 14.05 fällt unser Anker in Lee
der Insel Fatu Hiva, auf der südlichsten Insel
der Marquesas. genau auf Position 10°27'87 Süd
und 138°40'11 West, in der Bay of Virgins. Die
längste Seestrecke unserer Reise liegt jetzt
hinter uns.
Unseren Landfall verschieben wir auf morgen, heute
reicht uns der faszinierende Blick auf das spektakulärste
Landschaftsbild des Archipels. Steil emporragende Basaltkegeln,
schroffe Felswände, die bis zu den Gipfeln hoch üppig
grün bewachsen sind, und tiefe Schluchten auf
beiden Seiten der Bucht, so liegt Momo im tiefblauen
Wasser vor Anker. Im Vordergrund öffnet sich die
Bucht, eine kleine Anlegestelle und ein Dorf ist auszumachen,
dahinter staffeln sich zehn bis zu Tausend Meter hohe
Vulkanberge, die sich als Kette über die ganze
mit Regenwald überwucherte Insel ziehen.
Baie des Vierges in Fatu Hiva, Marquesas
Wir fallen
in einen Tiefschlaf. Die Schlafentzugs-Folter hat
ein Ende, seit neunzehn Nächten dürfen
wir heute erstmals wieder eine ganze Nacht durch schlafen.
Trommeln dröhnen. Was wird heute gefeiert? Gibt
es immer noch Menschenopfer an diesem Ort mitten im
Pazifik? Der Wind pfeift von den Bergen, lässt
Momo in der Bucht ganz schön am Anker tanzen und
das bei Trommelfeuer. Morgen werden wir der Sache
mal nach gehen. Fallwinde und Trommelwirbel sind uns
jetzt
völlig gleichgültig.
Fatu Hiva
Die Bucht wurde früher Bay of the Phalli genannt
aufgrund der Form der Felsen, bis sie die Missionare
in Bay des Vierges, übersetzt
Jungfrauenbucht, umtauften. So wurde aus der Phallusbucht
eben eine Jungfrauenbucht. Bis auf wenige Buchten ist
die Küste von Fatu Hiva unzugänglich, da
die starke Brandung die Küste ungeschützt
trifft und sich nirgends ein Saumriff gebildet hat.
Da Fatu
Hiva als einzige der bewohnten Inseln keine Landebahn
hat, ist sie eine der ursprünglichsten Inseln
der Marquesas. Sie misst sechs Meilen in der Länge
und drei Meilen in der Breite.
Die Polynesierinnen.
Seit Gaugan die polynesischen Schönheiten porträtiert
hat, stellen wir beim Landgang fest, haben vor allem
die Frauen und Mädchen etwas an Körperfülle
zugelegt. Gekleidet sind die Frauen auf Fatu Hiva in
ein buntes (mit den Pfunden mit wachsendes) Tuch und
das Ohr ziert immer eine Blüte, meistens die duftende
weiße Tiare.
Gauguins Modelle heute
Tauschgeschäfte im Dorf Hanavave
Die seit Tagen nur noch von Büchsenproviant lebenden
Segler sind süchtig nach den frischen reifen Südfrüchten
aus diesem Garten Eden. Die Einheimischen geben gerne
etwas aus ihren Gärten ab, gegen Parfüm,
Lippenstifte, Angelzeug – aber am liebsten gegen
Rum und Munition. Die Polynesier auf Fatu Hiva sind
nur auf Selbstversorgung ausgerichtet, die reifen Früchte
hängen an den Bäumen, sie brauchen nur gepflückt
zu werden. Für Parfüm, Lippenstifte und Spielzeugautos
bekommen wir Grapefruits so groß wie ein Kinderkopf,
Orangen, kleine Limonen und alles frisch vom Baum.
Endlich gibt es wieder Vitamine an Bord von Momo. Manche
Einheimische verkaufen oder tauschen Schnitzereien
aus Eisenhölzern und vom Papiermaulbeerbaum
fertigen sie bemalte Tapa-Rindenbaststoffe.
Grapefruits, gross wie ... Kinderköpfe
Auf Fatu Hiva gibt
es keine Infrastruktur mit Hotels, es fehlen auch
jegliche Sightseeing Touren. Unterwegs im Dorf, laufen
uns ständig
gackernde Hühner und Hähne über den
Weg, wir schaffen es aber nicht, frische Eier zu tauschen.
Es ist sicher
zu mühsam die Eier zu finden. Man sieht den Häusern
auch nicht an, ob man dort was kaufen kann oder was
zu Essen bekommt, man muss die Leute einfach ansprechen,
auf französisch natürlich! Skipper Florian
von der SY Flina organisiert ein Abendessen bei einer
Einheimischen Familie. Nach 19 Tagen Einsamkeit auf
See ist dieses Zusammentreffen von 16 Seglern aus Neuseeland,
Australien, Schweiz, Österreich und Deutschland
eine willkommene Abwechslung. Gegrillten Papagaifisch,
Berge von gegrillten Hähnchen, rohen Fischsalat,
Nudelsalat auf polynesisch, Banane eingelegt in Kokosnussmilch
und Schnitze von Pampelmusen tischt uns die Polynesierin
auf - einfach und gut.
wir essen gegrillten Papageienfisch
Das Geheimnis der Trommeln.
Auf dem Heimweg zum Hafen hören wir wieder die
Trommeln. Aus der Gemeindehalle kommen die Töne
und wir staunen nicht schlecht, denn das ganze Dorf
ist zusammen gekommen für Proben zum Fest am 14.
Juli, dem französischen Nationalfeiertag. Im Trommelwirbel
und dem Gesang der Frauen (mit Figuren wie Samurai-Ringer)
tanzen mitreißend und temperamentvoll Frauen
und Männer unter Leitung eines gestrengen Choreographen.
Unsere Kameras laufen heiß.
Nach fünf Tagen,
inzwischen sind wir fast erholt von der vergangenen
langen Fahrt. Die Netze von Momo
sind gefüllt mit Pampelmusen und es ist mal
wieder Zeit weiter zu segeln. Hiva Oa ist unser nächstes
Ziel, dort müssen wir auch dringend einklarieren.
Wissenswertes zu französisch Polynesien:
Politisch gehört Polynesien, mit den Marquesas,
zum französischen Überseeland und ist damit
auch der EU angegliedert.
Als Währung gilt der an den Euro angebundene CFP-Franc,
der Franc der französischen Überseekolonien.
Geologisch wurden die Inseln aus einem Hotspot der
Pazifischen
Platte gebildet und sie bewegen sich mit
einer „Geschwindigkeit“ von 103 bis 118
Millimeter Pro Jahr in Richtung West-Nord-West. Die
Basaltischen Gesteine sind 1,3 bis 3,7 Millionen
Jahre alt.
Das Klima, im Tropengürtel der Erde, variiert
von feucht-heiß im Küstenbereich bis feucht-kühl
in den Bergregionen. Die von den Passatwinden mitgeführten
Wolken stauen sich an den hohen Gipfeln und regnen
häufig und ergiebig ab. Die Inseln sind üppig
bewachsen mit Regenwald. Die Brotfrucht und Kokusnuss
sind die wichtigsten Nahrungsmittel, auch Bananen-,
Grapefruit-, Orangen-, Limonen- und Mangobäume
wachsen überall.
Pampelmusen direkt vom Baum
Die Insel Hiva Oa
ist die Hauptinsel der südlichen Marquesas mit
einer Fläche von 387 Quadratkilometern. Die vulkanischen
Aktivitäten sind bis heute noch nicht erloschen
und von Südwesten nach Nordosten zieht eine schroffe
Gebirgskette über die Insel und bildet tiefe
Schluchten und steile Felsgrate.
Montag, 21. Juni.
An diesem herrlichen
Segeltag begleiten uns bestimmt hundert Delfine,
sie nehmen Momo als Spielball
in ihre Mitte. Nach 45 Seemeilen erreichen wir die
Insel Hiva Oa mit ihrer engen Ankerbucht unterhalb
von Atuona. Wir müssen Momo zwischen die vielen
ankernden Schiffe unter Bug- und Heckanker fest machen.
Ein ganz schöner Aufwand, nach dem Fallen unseres
Hauptankers hilft uns ein hilfsbereiter Brite fährt
unseren Heckanker mit seinem Dinghy aus, nach dem
Fallen unseres Hauptankers.
unser Ankerplatz in Atuona, Hiva Oa
Zum Ort Atuona trampen wir und
melden uns ganz unkompliziert bei der Polizeistation
an. Wir fahren jetzt unter französischer Gastlandflagge.
2300 Einwohner zählt die Insel und 1500 leben
im Ort Atuona, der über eine Radiostation, Bank,
Hospital, Kirche, Läden, Restaurants und wenige
Hotels verfügt. Das Wichtigste für unseren
Bordhaushalt ist jetzt aber frisches Grünzeug.
Endlich finden wir frischen Salat, Auberginen, Gurken,
Krautköpfe und im Laden gibt es französischen
Käse und Wurst.
Landausflug
Zusammen mit Sabine und Frank von der SY Enola mieten
wir einen Wagen. Die Straße führt in die
Berge, mitten in den tropischen Regenwald hinein.
Am tollsten finden wir den Schraubenbaum, der auf
einem Gerüst von Luftwurzeln sich in die Höhe
schraubt. Unser Allradauto schraubt sich auch die
Schotterstraße rauf und runter, plötzlich
sind wir in einer Sackgasse gelandet und entdecken
so zufällig einen Farmer in einem Feld mit
Vanillepflanzen! Ab sofort riecht es in unserem
Auto nach frischen
Vanilleschoten, auch einen Sack mit 20 Kilogramm
Grapefruits erstehen wir. Frischer kann man nicht
einkaufen!
hier bekommen wir frische Vanille
Im Puamau-Tal finden wir Ipona, die größte
historische Kultstätte der Marquesas. Sie liegt
mitten im Urwald, ist in drei großen Terrassen
angelegt und reicht bis zum Fuß einer steilen
Felswand. Wir finden acht zyklopische Statuen, sogenannte
Tikis. Der größte ist Tiki Takai mit 2,43
Metern, der Schutzgeist des Tales. Tiki bedeutet übersetzt
Mann, Mensch, erster Mensch. Die Ahnenfiguren, aus
Holz geschnitzt oder aus Stein gehauen, sind im Ahnenkult
der Südseekulturen gleichbedeutend mit Götterfiguren.
Eine weitere Kultstätte finden wir im Tal von
Taaoa, westlich von Atuona mit riesigen Bayanbäumen.
Tiki Takai, der grösste seiner Art
die Kultstätte von Taooa
Für einen Besuch des pittoresken Friedhofs Atuona
Cemetière Calvaire, auf einem die Bucht übersehbaren
Hügel oberhalb von Atuona, reicht das Tageslicht
leider nicht mehr. Paul Gauguin und Jacques Brel,
die beide auf der Insel gelebt haben, sind hier
begraben.
Tahuata,
die kleinste der bewohnten Inseln des Archipels
mit nur 61 Quadratkilometern ist unser nächstes
Ziel, nachdem wir mühsam, mit vereinten Kräften,
unseren Heckanker in der Bucht von Hiva Oa ausgebrochen
haben. Durch den Canal Du Bordelais geht’s
zur zehn Meilen entfernten bergigen Vulkaninsel Tahuata.
Unser Anker fällt in der Baie Hanamoenoa auf
zwölf Meter Tiefe im weißen Sand. Da macht
es richtig Spaß nach dem Anker zu schnorcheln.
Wie es sich gehört, hat er sich sauber in den
Sand eingegraben. Jede einzelne Muschel ist im glasklaren
Wasser zu erkennen. Blaue Fische inspizieren Momos
Unterwasserschiff, da gibt’s nämlich schon
wieder was abzugrasen. Endlich mal ein ruhiger Ankerplatz,
kein Schwell, keine Fallwinde und wir sind fast alleine,
nur drei weitere Schiffe liegen noch in der Bilderbuchbucht.
Nichts als glasklares Wasser, weißer Sandstrand
mit Palmenwald und im Hintergrund mit Regenwald bewachsene
Vulkanberge. Die Hanamoenoa-Bucht auf Tahuata gehört
ab sofort zu meinen Lieblingsbuchten. Wir haben Urlaub,
kein Wasserbunkern, kein Einkaufen, oder Internet
hält uns vom Schnorcheln und Fische gucken in
den Steinkorallen ab. Korallen und Fische fühlen
sich so wohl wie wir hier, ein Sprung von Momo und
wir sind in der märchenhaften Unterwasserwelt.
Dazu darf das Barbeque bei Vollmond am Strand zusammen
mit der SY Mojo aus Südafrika und der SY
Ceolmor nicht fehlen.
am Strand von Tahuata
Ua Pou [wapoo]
haben wir uns als nächste Insel ausgesucht. Es
wird ein längerer Schlag von 75 Seemeilen. Um
4.00 Uhr früh krabbeln wir aus der Koje und verlassen
die Bucht noch bei Dunkelheit. Sir Perkins steht ein
langer Tag bevor, der Wind ist so schwach, dass wir
bis Ou Pou motoren müssen.
Ua Pou an Steuerbord voraus
Die Skyline entlang
der Westküste von Ou Pou ist schon grandios, aber
der Blick der sich uns bietet bei der Ansteuerung der
Bucht Hakahau an der Nordküste ist fast nicht
mehr zu toppen. Es ist spät am Nachmittag, der
Ozean ist in orangefarbenes Abendlicht getaucht, Felsen
türmen sich rechts und links neben uns auf und
mitten in einer Oase im Vordergrund scheint ein kleines
Dorf zu sein, dahinter staffeln sie Bergspitzen, Türme,
Zinnen, Kegel, durchsichtige zarte Wolkenfetzen umhüllen
die höchsten Bergspitzen. Ein Dinghy rast auf
uns zu, Sylvie und Dirk von der Lison Life heißen uns willkommen! Auf Galapagos
haben wir uns zuletzt gesehen, jetzt trinken wir gemeinsam
ein Momo-Anlegerbier.
Silvie und Dirk empfangen uns und schiessen dieses
tolle Foto
Momo läuft in die Bucht von Haka Hetau auf Ua Pou
ein
Wieder machen wir uns auf die
Suche nach frischen Früchten. Von zwei Einheimischen
werden wir zu den Grapefruit und Orangenbäumen
geführt, bekommen die Früchte frisch gepflückt,
zusätzlich noch kleine Paprika und zwei Salate,
die Tomaten sind von den Ziegen aufgefressen worden,
klärt man uns auf. Heute bezahlen wir in CFP-Franc,
die jungen Männer waren nur an Rum oder Munition
im Tausch interessiert. Wieder ist es Zeit zum
Aufbruch, Lison Life macht sich auf den Weg zu
den Tuamotus
und wir wollen unsere letzte Insel des Marquesa
Archipels anlaufen:
Nuku Hiva,
die Hauptinsel der Marquesas ist ein Port of Entry
und wir werden hier ausklarieren für die Tuatomus.
Die Fahrt verläuft kurz und schmerzlos, die
28 Meilen treibt uns der Ostwind mit 5 bis 6 Windstärken
direkt in die Baie de Taiohae, in einen einstigen
Vulkankrater. Felsklippen säumen beide Seiten
der weiten Bucht und an den Caldera-Wänden entlang
erstreckt sich die Stadt Taipivai.
Nuku Hiva empfängt uns mit Regen, eine Seltenheit
für uns
In Charlie`s Charts
of Polynesia ist die Bucht als sicherster und
wichtigster Ankerplatz der Marquesas verzeichnet,
der Schwell
der in die Bucht drückt vertreibt uns jedoch
bald wieder. Am 1. Juli wollen wir gemeinsam
mit der SY Thule mit Ursula und Rainer und dem
Katamaran
Vela von Holger und Marion die Reise auf die
Tuamotus machen. Taipivai könnte überall
sein, neu gebaut sind die Häuser und Plätze,
Post, Bank, Polizei, Krankenhaus – alles
ist da. Finanziert von Frankreich und der EU,
wären
nicht überall die tropischen Pflanzen, könnte
der Ort überall sein. Wir finden kaum eine
Gelegenheit uns zusammen zu setzen, vermissen
eine Bar oder ein
Café und finden lediglich eine einzige
Pizzeria mit sündhaft teurem Bier.
Wir rätseln:
ist die Bedienung eine Frau oder ein Mann? Marion
weiß Bescheid, denn die Vela liegt hier
schon vier Wochen vor Anker: Wenn sich eine polynesische
Familie
eine Tochter wünscht, erzählt sie,
und einen Sohn bekommt, so wird der Sohn einfach
als
Mädchen groß gezogen. Der Sohn der
uns bedient, ist schon ein erwachsenes Mädchen.
Rainer von der "Thule" hilft mit Rat und Tat
Vor der Abreise von Nuku Hiva zerlegt Uwe noch
das Steuer,
denn manchmal knackst es verdächtig. Rainer
von der Thule, Schiffsbauingenieuer, hilft ihm
dabei. Wesentliches können die Beiden aber
nicht feststellen. Die Crew wäscht in der
Zwischenzeit Wäsche
und macht die Momo wieder für mehrere Tage
reisetauglich.
1. Juli, Konvoi zu den Tuamotus
Die „Flotille“ zusammen mit der SY
Thule, Momo und Vela klappt nicht, wie am Abend
zuvor beim
Bier besprochen.
Nach einem fürchterlichen Geschaukel in der
Baie de Taiohae während der Nacht gehen wir
um 8.00 Uhr Anker auf. Thule hat sich am Abend
noch
in die
ruhigere Nachbarbucht verholt und segelt schon
sechs Meilen voraus, wie wir über Funk erfahren.
Die Vela will erst nachmittags starten. Wir versuchen
vergeblich
Rainer und Ursula von der Thule näher zu kommen
auf ziemlich grantiger See mit über 7 Knoten
Fahrt.
auf zu den Tuamotus
Vier bis fünf Tage und Nächte
bis zu den Tuamotus liegen vor uns, der Wind
und der Seegang soll
sich auch morgen noch nicht beruhigt haben, das
verspricht nichts Gutes. Wir wollen unbedingt
am 11. Juli die
totale Sonnenfinsternis erleben und das Atoll
Haou ist der beste Platz, liegt aber sehr weit östlich,
unser Kurs wäre so hoch am Wind, dass die
Fahrt mehr als ungemütlich wäre. Über
Funk disponieren wir um: Makemo heißt das
neue Ziel, ein Kompromiss, wir sind nicht mehr
komplett im Kernschatten, aber
wir erreichen Makemo gemütlicher.
Wieder
eine Änderung.
Der Wind legt zu auf 35 Knoten, Stärke 7,und
um 11.00 Uhr bestimmt Uwe „Wir
laufen Ua Pou an, eine freiwillige Nacht bei
dem verrückten
Seegang und dem Wind muss ich mir nicht geben“.
Die Insel Ua Pou liegt querab, was liegt näher
als sofort den Kurs zu ändern. Leider hat
die Thule inzwischen, um Strom zu sparen, ihr
Funkgerät
abgeschaltet und glaubt uns weiter hinter sich.
Die SY Thule läuft also weiter Kurs Tuamotus.
Schon um 12.50 Uhr fällt Momos Anker in
unserer bekannten Bucht Haka Hetau vor der Insel
Oa Pou. Hier
liegen wir
geschützt und ruhig, schlafen uns nochmal
richtig aus und morgen sehen wir weiter. Mit
dem Termin, am
5. Juli auf den Tuatomus zu sein, wird es jetzt
allerdings knapp, habe ich mir doch so sehr gewünscht,
zu meinem Geburtstag wenigstens nicht auf hoher
See zu
sein!
Zweiter Start zu den Tuamotus mit neuem
Ziel: Atoll Makemo.
Freitag,
2.
Juli, 7.45 Uhr Ortszeit gehen wir endgültig die
nächste
lange Strecke an: über 500 Seemeilen
und drei bis vier Tage und Nächte entfernt
liegt das Paradies.
Mit zwei Reffs im Großsegel
fahren wir los, der Seegang hat sich etwas beruhigt,
der Wind ist böig. Sämtliche Luken
müssen
heute verschlossen bleiben wegen der überkommenden
See und unter Deck wird es unerträglich
heiß.
Morgen wird es bestimmt besser.
unterwegs zu den Tuamotus
Samstag, der 3.
Juli wird nicht unser Tag.
Er beginnt mit einer
unangenehmen Überraschung. Gleich nach
dem Aufstehen sehe ich Uwe auf dem Vorschiff
sitzen. Was macht er denn da mit dem Unterwant
auf der
Backbordseite? Das kann nichts Gutes bedeuten.
Fast täglich kontrolliert
er die Stahlseile auf Brüche und tatsächlich
sind jetzt zwei Kardeele gebrochen. Mit Stahlstropps
und Drahtseilklemmen, die wir zum Glück
für
so einen Notfall dabei haben, schient er das
Want. Nicht auszudenken, wenn das Stahlseil ganz
durch
bricht, im schlimmsten Fall knickt der Mast um.
Es sind wahnsinnige
Kräfte, die das Rigg aushalten muss. Uwe's
Reparatur sieht gut aus, bis Tahiti muss das
Provisorium jetzt
halten.
Gar nicht gut sieht am Nachmittag die
Mannschaft und bald danach auch der Skipper aus.
Sind wir
seekrank, haben wir das Mittagessen, den Schreck
mit dem gerissenen
Want oder alles zusammen nicht vertragen?
aus diesen Squalls kommt Regen und viel Wind,
aber hübsch anzusehen sind sie
Am 4.
Juli und Tag 3 auf dem Pazifik ist an Bord von
Momo alles
wieder ok. Einige Regenschauer lassen wir über
uns ergehen, dafür zeichnen sich auch viele
Regenbogen über
dem Horizont ab. Der Wind bläst konstant
mit 5 Bft. und wir fahren 7 Knoten über
Grund. Diesen Schnitt müssen wir auch in
der Nacht und morgen beibehalten, um rechtzeitig
noch bei
Tageslicht in
der Lagune zu sein. Sind wir zu spät dran,
müssen
wir uns noch eine weitere Nacht auf dem Ozean
um die Ohren schlagen, einfahren bei Nacht geht
nicht!
Montag,
5. Juli, ich habe Geburtstag und was für einen!
Mein einziger Geburtstagswunsch war, an Land
und nicht unterwegs zu sein. Der kann nicht in
Erfüllung
gehen, hoffentlich kommen wir aber wenigstens
abends auf dem Atoll Makemo an. Am 5. Juli um
1.30 Uhr, in
der Nacht weckt mich der Skipper. Nicht mit
herzlichen Glückwunsch, sondern „wir
müssen reffen!“ Also kurz aufstehen
und 15 Minuten später darf ich wieder weiter
schlafen, als wäre nichts gewesen. Um 3.00
Uhr, eineinhalb Stunden später, weckt mich
Uwe schon wieder: „Zeit
für die Wache!“ So fängt kein
gemütlicher
Geburtstag an und er wird auch nicht gemütlich
enden, aber noch sind wir unterwegs. Um 13.40
Uhr ist Land in Sicht! Kaum zu erkennen, nur
eine ganz dünne
Linie durchschneidet das Wellenbild am Horizont.
Nach 2 Stunden trennt uns noch eine Meile bis
zum Pass Tapuhiria
im Nordosten der Insel, hinter dem Pass glauben
wir Thule dann anzutreffen.
Atoll Makemo
Rings um das Atoll Makemo verläuft ein Korallenriff,
nur zwei Pässe (Durchfahrten) ermöglichen
die Einfahrt in die Lagune. Die Ein- und Ausfahrt
in den Pass ist, vor allem beim ersten Mal, ein
sehr aufregender
Moment. Nicht nur das Korallenriff, auch die
starke Strömung des ein- oder auslaufenden
Wassers (bedingt durch die Gezeitenströme)
mit konfusen Wellenbergen machen die Durchfahrt
zum Erlebnis. Alle Luken von
Momo sind dicht, der Niedergang ist zu, vorher
schlüpfen
wir noch schnell ins Ölzeug und haken uns
mit den Gurten der Schwimmweste im Cockpit ein.
Wir vertrauen
jetzt auf Sir Perkins, die Segel sind geborgen,
der Adrenalinspiegel steigt, jetzt heißt
es rein in das Wildwasser.
Theoretisch ist die
beste Zeit um
so einen Pass zu befahren bei low-still Water,
das ist eine Stunde nach Niedrigwasser. Die Angaben
in den
Handbücher sind mager und aussuchen können
wir uns momentan die beste Zeit auch nicht. In
der Praxis brauchen wir unbedingt noch Sonnenlicht
bis
zum Ankerplatz, damit wir die Korallenköpfe
in der Lagune unter der Wasseroberfläche
sehen und ausweichen können. Genau jetzt
müssen wir
also durch den Pass, auch wenn uns die Strömung
entgegen kommt und das Wasser „kocht“.
Ausguck auf der Saling: Wo ist tiefes Wasser?!
Um 16.20 Uhr, später hätten wir nicht
eintreffen dürfen, fällt unser Anker
auf acht Meter Tiefe in den weißen Sand,
die Ankerkette jedoch verläuft über
scharfe Korallenhügel.
Morgen erst müssen wir die Kette wieder
hoch bekommen, jetzt atmen wir erst Mal auf.
Wir sind wirklich da!
Tuamotus. Makema. Atoll. Paradies. Palmen. Weißer
Sand – unglaublich!
Die untergehende Sonne
taucht das um uns liegende mit Palmen bewachsene
Riff in warme
Rottöne, Momo
liegt einsam und ganz alleine in der Lagune und
die Besatzung genießt in dieser Stimmung
ein erfrischenden Bier. Geburtstagsgäste,
das erfahren wir über
Funk, kommen heute nicht. Es liegen zwar drei
deutsche Schiffe in unserem Atoll Makemo, aber
jedes ankert
in einer anderen Ecke, irgendwie wurde am Funk
aneinander vorbei geredet. Lison Life, schon
seit vier Tagen da,
ankert 15 Meilen entfernt bei Sandy Spit, Thule,
gestern angekommen, am Pass Arikitamiro und Uwe
hat Momo soeben
an der nordöstlichen Ecke Makemos durch
den Tapuhiria Pass gesteuert. Die Sonne geht
unter, das Atoll um
Momo ist nun tiefschwarz, unsichtbar lauern jetzt
die Untiefen um uns herum und
Momo liegt mittendrin gefangen. Zum Glück
ist es windstill. Dieser Ankerplatz kann auch
zur Hölle
werden, das werden wir noch mit eigenen Augen
sehen, aber nicht heute – an meinem Geburtstag.