Unser Logbuch

hier gibt`s das Neueste von unserer Reise.

Die Einträge hängen davon ab, wann wir einen Internetzugang

finden. Wir werden natürlich versuchen, möglichst aktuell zu sein


 
Datum 01. Juni 2011
Position Noumea. Neukaledonien
Seemeilen bisher 17 717
Wind Windstille
Tage unterwegs 752



Neuseeland – Neu Kaledonien
1000 Seemeilen sind das zirka, vielleicht schaffen wir sie innerhalb einer Woche?!

Samstagabend, 7. Mai
Morgen früh fahren wir los, beschließen die Skipper von der Momo und der Thule. Genug der wochenlangen Wetterbeobachtungen – die Tiefs und Hochs kommen und gehen, Sturm und Flaute wechseln sich ständig ab und die Tage vergehen; außerdem gibt es nichts mehr zu reparieren oder zu warten, also warum weiter warten. Uwe und Rainer sind Optimisten. Die SY Blauwe Pinguin aus Holland und die SY Pylates aus Irland , die auch das Etappenziel Neu Kaledonien haben, fahren nicht mit, sie wollen ein sichereres Wetterfenster abwarten.


Diese Lücke zwischen dem Tief links und dem Hoch rechts wollen wir nützen
Dies wird die erste echte Fehlentscheidung der ganzen bisherigen Reise sein!

Sonntag früh, 8. Mai
Mein linker Arm ist schwer wie Blei und schmerzt, aber die Sonne scheint und es bleibt bei dem gestern gefassten Entschluss. Wir klarieren beim Zoll aus. Ursula und Reiner sind uns noch beim Ablegen behilflich, ich schieße noch ein Abschiedsfoto – so jung sehen wir uns nicht mehr, denke ich!


Gleich in der Bay of Islands überholt uns die SY Thule und es dauert nicht lange, dann sehen wir die Ketch nur noch oben auf den Wellenbergen. Wir kämpfen einem Schwell von vier Metern gegenan. Aber wir wussten es ja schon, es ist nicht einfach von Neuseeland weg zu kommen. Sir Perkins tut alles was in seiner Macht steht, aber gegen die Thule kommt er nicht an, die ist nach vier Stunden hinter dem Horizont verschwunden. Dass die Fahrt gleich ein Rodeo Ritt wird, ist hart, aber noch wir sind guter Dinge.

Die Mondsichel beleuchtet uns einen schmalen Pfad auf dem Wasser und der Orion hängt wie ein beleuchteter Wegzeiger über uns. Die Wachwechsel machen wir wie gehabt: erst vier Stunden für jeden, dann drei Stunden - beginnen aber bereits um 18.00 Uhr. Dreizehn lange Stunden herrscht Dunkelheit. Um 1.00 Uhr nachts sehe ich den Leuchtturm von Cape Reinga an der Nordspitze von Neuseeland und um 10.00 Uhr morgens, ich durfte eine Stunde länger schlafen, ist Neuseeland endgültig verschwunden. Die Thule fährt schon 22 Meilen vor uns und der Abstand vergrößert sich von Tag zu Tag.


Das ist nicht die Mondsichel, sonder die sehr seltene Konstellation aus Venus, Mars und Jupiter. Bei unserem geeiere reichen nicht mal 3600 ASA aus, um ein scharfes Bild zu schiessen

Montag früh
Statt Gegenwind herrscht jetzt totale Flaute, absolut kein Spaß bei dem immer noch hohen Seegang. Wenn Momo ins Wellental donnert ist die ganze Fahrt aus dem Schiff. Die Wolken in Form von Zirren und Skispitzen verheißen nichts Gutes, die Wetterberichte kündigen aus West ein Tief an. Der Skipper ändert den Kurs nach Osten und hofft so, dem Tiefdruckgebiet auszuweichen oder es nur am Rande zu streifen. Der Gedanke an den kommenden Sturm drückt unheimlich auf unser Gemüt. Die Fronten umzingeln uns!


bleierne Flaute und ein Wolkenbild, das nichts Gutes verheißt

Dienstag Nacht
02.00 Uhr Maschine aus, zum ersten Mal seit der Abfahrt! Wie jeden Morgen gibt uns Helmut von der Lop To aus Opua seinen Wetterbericht per Funk durch. Er verheißt auch nichts Gutes. „Die Wettersituation ist noch nicht stabil“ hat uns Helmut vor der Abfahrt noch gewarnt und er muss es ja wissen, segelt er schon jahrelang zwischen Neuseeland, Fidschi, Tonga und Neukaledonien hin und her. Um 9.00 Uhr morgens bauen wir unser Bimini ab. Es wird ernst, Starkwind löst die Flaute ab. Uwe setzt die orangefarbene Sturmfock am Kutterstag zusätzlich zum Klüver. Wenn es ganz dick kommt, brauchen wir nur den Klüver wegzurollen um dann mit der Sturmfock weiter zu segeln, so stellen wir uns das vor.



Hundert Geräusche umgeben uns, trotzdem werden wir sofort aufmerksam, als wir ein zusätzliches Knattern hören. Es ist unser Klüver, Fetzen hängen um das Vorstag, im oberen Drittel ist das Segel gerissen! Ganz schnell versuchen wir das Segel einzurollen, bevor es völlig abreißt. Uff, hat geklappt, aber jetzt stampft die Momo von einem Wellenloch ins andere. Uwe muss bei dem hohen Seegang wieder auf das Vorschiff und die Sturmfock gegen die größere Arbeitsfock austauschen. Diese Besegelung ist aber nicht ideal bei dem kurzen Seegang. Momo verliert in jedem Wellenloch ihre Fahrt. Jeder Nerv bei uns ist inzwischen angespannt, dazu überfällt mich noch Migräne.


Mittwoch

Im Logbuch steht heute nur: Sch..... Tag mit Alles! 30 Knoten Wind, Squalls mit Sturzregen. Die angekündigte Front zieht durch und Kreuzseen werfen die Momo hin und her, unser Magen rebelliert. Nudelsuppe ist alles was wir momentan vertragen. Überhaupt haben wir schon ordentlich abgenommen. Morgens schaffen wir mühsam ein Müsli, nachmittags Nudelsuppe, für den Skipper mit Würstchen, für die Crew ohne. Das Abendessen haben uns die Fronten vermiest, vielleicht noch ein paar Erdnüsse bei der Nachtwache – das ist alles. Da war das vorgekochte Menü der ersten zwei Tage noch üppig: Bavette-Nudeln No. 13 von Barilla mit Brokkoli, dazu Beef für den Skipper.


die Front ist durch, dahinter Kreuzseen und Flaute

Vorbei der Spuk. Am Abend brauchen wir schon wieder Sir Perkins zum Weiterkommen. Unter Maschine fährt Momo wie über eine Buckelpiste – nicht über Schneehügel sondern über und um Wasserberge und immer wieder donnert einer gegen den Rumpf.

Donnerstag
7.30 Uhr weckt mich der Skipper eineinhalb Stunden zu früh. „Wir müssen den zerrissenen Klüver austauschen“, meint er entschuldigend. Der Wind hat zwar nachgelassen, trotzdem ist es mehr als ungemütlich vorne am Bug das große Segel einzuholen und den neuen Klüver zu setzen. Uwe kontrolliert den Motorenölstand. Inzwischen stecken wir in einer isobarenfreien Zone zwischen drei Fronten. Mal Wind, mal keiner, Maschine aus, Maschine an. Noch zirka 400 Seemeilen! Die Fahrt zieht sich, es wird nichts mit einer Woche, das ist jetzt schon klar.

Freitag der 13. Mai
Um 6.00 Uhr früh, fahren wir mal wieder unter Maschine, als Uwe unter den besagten 100 Geräuschen an Bord ein fehlendes Geräusch auffällt: am Heck hinten fehlt das Pusten des Kühlwassers. Motor ausschalten ist das Erste. Ich stürze aus der Koje, „was ist los?“ Sir Perkins! Auf der holprigen See geht jetzt an Bord die Ursachenforschung los. Hat sich ein Schlauch gelöst, ist der Kühlwasserzulauf verstopft oder der Impeller defekt? Es ist die Wasserpumpe! Seit Fehmarn fährt eine Ersatzwasserpumpe mit uns um die Welt und die baut Uwe jetzt unter widrigsten Umständen ein. Die Maschine läuft wieder und das Kühlwasser kommt plätschernd aus dem Auspuff! Toll, Uwe freut sich, ich alter Pessimist bin erst Mal skeptisch. Tagsüber segeln wir bei 5 Knoten Wind, am Abend brauchen wir jedoch schon wieder Sir Perkins.



Samstag früh um 6.15 Uhr
Qualm von Abgasen in der Koje und im Salon!
Der Thermoalarm schrillt, das Kühlwasser kocht. Die Verbindung zwischen Nockenwelle und Pumpe ist ausgeschlagen und gebrochen, mit weiteren Ersatzteilen müssen wir passen. Noch 260 Seemeilen bis Noumea auf Neu Kaledonien. Rainer und Ursula sind mit ihrer Thule inzwischen schon angekommen. Wann wir ankommen werden weiß nur der Wind. Wir sind jetzt ein reines Segelboot – nur der passende Wind kann uns dem Ziel näher bringen. Unsere Freunde rund um die Welt versorgen uns inzwischen per e-mail mit Ratschlägen, sie kommen aus Singapur, Bermuda, Neuseeland, Neukaledonien und Deutschland. Wir versuchen den Wassersammler des Auspuffsystems, der bei der Überhitzung geschmolzen ist, mit einer elastischen Binde und Sika zu flicken, darüber wickeln wir noch einen Fahrradschlauch.


geflickter Wassersammler

Dann greifen wir den Vorschlag der SY Argonauta auf, eine externe Kühlwasserpumpe zu installieren. Dazu verwenden wir den Deckwaschpumpenkoffer, den uns Bert von der SY Heimkehr mal gebaut hat. Wir pumpen durch den Salzwasserzuflussschlauch das Pazifikwasser vom Cockpit in den Motor, direkt in den Wärmetauscher. Den Schlauch legen wir durch das Kojenfenster. Es hätte funktioniert, wenn der Kühlwasserbehälter dicht wäre, aber der hat mehr Risse als wir angenommen hatten. Ein Versuch war es wert.


neuer provisorischer Kühlwasserzulauf

Ein Segelboot braucht Wind, wir haben keinen, Flaute und das noch mit hohem Seegang. Nerventötendes Schlagen der Segel. Das verursacht richtige Schmerzen, das Material leidet.

Sonntag
Totale Flaute. Wir rollen den Klüver ein. Uwe birgt das Großsegel. Wir treiben, wie eine Nussschale – mitten auf dem Pazifik. Keine Fahrt, kein Strom an Bord. Um unsere Batterien zu laden schleppt der Skipper den Hondagenerator ins Cockpit – endlich brummt mal wieder was.

Montag
Das nächste Tief rückt näher. Mit ihm kommt Wind, erst mit 5 Beaufort, im Laufe des Tages bekommen wir 7 Windstärken und bis Dienstag Nachmittag ist noch mehr Wind angesagt – Wellenhöhe acht Meter. Unsere Stimmung ist im tiefsten Tief. So tief, dass wir beschließen unsere Tour in Neu Kaledonien zu beenden.


Auch ein Regenbogen, der sich über den Horizont spannt, heitert uns nicht auf.
Wir können nicht mehr schlafen, Appetit haben wir auch nicht. Statt Nudelsuppe gibt es heute Kartoffelbrei aus der Packung mit einem Löffel Butter. Das ideale Schwerwettermenü bei Lage und 7 Windstärken. Wir fahren mit drei Reffs und nur einem Fetzen Klüver. Noch niemals sind wir bei Nacht eine Insel angelaufen mit vorgelagertem Riff, aber jetzt stecken wir in einem Dilemma. Bremsen können wir nicht, Momo läuft mit gerefften Segeln wie der Teufel, beizudrehen ist auch nicht verlockend bei diesem Seegang in Riffnähe - wir müssen die Insel anlaufen – noch heute Nacht!


der Skipper hat Sorgen

Statt Vollmond erwartet uns am Barriereriff vor Neu Kaledonien tropischer Regen. Von der SY Argonauta, die wenige Meilen vor uns segelt und durch den Bolari Pass in die Lagune einlaufen will, hören wir von starker auslaufender Tide mit extremem Seegang und Overfalls. Wir aber haben uns für den Pass De Dumbéa entschieden und bis dort sind es noch zwei Stunden. Unserer Tidenrechnung nach müssten wir dort bei Stillwasser ankommen, das bedeutet weniger Seegang und weniger Strom. Der Pass De Dumbéa ist gut betonnt, und relativ breit, das bestätigt uns auch Rainer von der Thule. Rainer ist übrigens die ganze Nacht über Funk für uns standby und auch Sheri von der Argonauta meldet sich regelmässig über SSB Radio.

Bis zum Hafen und Ankerplatz sind es ab der Riffeinfahrt 10 Seemeilen, die wir unter Segeln noch meistern müssen. Frachtschiffe kommen uns entgegen, der Dampfer Tasman Marine ist auf Kollisionskurs, Squalls und der Dauerregen nehmen uns jede Sicht. Wir sehen absolut nichts von der Insel. Der Adrenalinspiegel steigt je näher wir der Riffeinfahrt kommen. Inzwischen ist es zwei Uhr morgens, Uwe am Steuer, die Crew schwitzend in Ölzeug und Schwimmweste im Salon vor der elektronischen Karte am Laptop.



Wir haben nur eine Chance. Würde der Wind jetzt drehen oder abflauen, wäre unsere Fahrt am Ende - auf dem Riff. Der Wind hält durch, der Skipper stundenlang auf den Windmesser starrend, um ja keine Höhe zu verschenken, auch und die Crew leitet ihn auf den richtigen Weg. Dank sei dem GPS, es ist nicht ausgestiegen, aber meine Nerven liegen blank. Der Blindflug durch die Einfahrt ist geschafft, die 10 Meilen zum Ankerplatz ziehen sich noch in die Länge und das Fahrwasser zwingt uns, immer mehr anzuluven und kurz vor Noumea noch aufzukreuzen, das heißt auch noch Frühsport bei strömendem Regen!

Um 5.00 Uhr morgens, sehen wir dann das Dinghy mit Rainer und Ursula an der roten Tonne neben der Einfahrt. Sie fahren voraus zum Ankerplatz. Das Ankermanöver unter Segel wird dann der krönende Abschluss der letzten zehn Tage. Wir sind so gut wie manövrierunfähig in dem Ankerfeld. Das Thule Dinghy legt an unserem fahrenden Schiff an, Ursula und Rainer ziehen sich an Bord von Momo und helfen die Segel zu bergen. Unser Anker greift - wir sind fest!
Um 5.30 Uhr gibt’s im Cockpit ein Anlegerbier – bei strömendem Regen! Sind wir müde? Eigentlich nicht! Wir sind total aufgedreht. Adrenalin macht's möglich!

Wir sind da. In New Caledonia.

Zwei Stunden später: aufräumen

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