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Datum |
21.
April 2009 |
Position |
54°24,793´N,
011°11,892´E - Burgtiefe/Fehmarn |
Seemeilen bisher |
0 |
Wind |
O 4 Bft |
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Wo ist die schwarze Leinentasche? Die
Frage taucht auf, als Uwe seinen Waschbeutel sucht
und wird beinahe zum Super-Gau ...
Aber erst mal der Reihe nach:
Die Geschichte beginnt mit
dem Umzug von zwei Schwaben in den hohen Norden,
am Sonntagmorgen,
dem 5. April 2009.
Und es ist auch höchste Zeit zum
Abreisen, denn viel Zeit braucht man jetzt bei den
Erledigungen
in der Stadt, seit die
Kornwestheimer und die Ludwigsburger Zeitung von unserer
Reise um die Welt berichteten. Viele e-mails erreichen
uns mit den besten Wünschen für unser Vorhaben,
danke, die können wir brauchen!!! Der Abschied
fällt uns schwer. Die Freunde sind mit Skype versorgt,
so können wir uns in den nächsten Jahren
wenigstens in die Augen sehen, und nicht nur unsere
Stimmen hören. Trotzdem fällt uns der Abschied
schwer.
Ein Gemischtwarenladen auf Rädern.
Ein letztes Mal bringt uns unser blauer VW-Bus auf
die Sonneninsel Fehmarn in der Ostsee. Tiefer gelegt
bis unters Dach, beladen mit Taschen, Tüten
und Schachteln. Ein fahrender Gemischtwarenladen.
Sogar zusätzliche Autoreifen gehen mit auf die
Reise und der Fahrradträger schmückt die
Rückfront. Am Mittwoch holt Familie Münstermann
aus Berlin das Fahrzeug ab, es ist schon so gut wie
verkauft, ab Fehmarn.

Die letzten Tage an Land!
Bei den Sieben Zwergen, in der Ferienwohnung unserer
Spanierin, wohnen wir bis zu unserem Krantermin am
Donnerstag. Die Arbeitstage in der Halle schaffen
uns. Leiter rauf und runter, Sachen hoch schleppen,
Momo startklar machen zum Kranen, hundert Kleinigkeiten
liegen an, auch ein Motortest auf der Waschplatte
vor der Halle. Abends sind wir fix und foxi. Obwohl
alles im vergangenen Herbst bestellt, fehlen immer
noch Teile, wie z. B. ein Beschlag für den Mast,
ein Ersatzteil für den Windmesser, das Gestänge
vom Sonnensegel (Bimini) ist zu hoch, es passt nicht
unterm Baum durch. Der Segelmacher hat sich vermessen.
Auch ist die vor Monaten bestellte Segellatte noch
nicht da, und die Tasche für die Fock hat er über
den langen Winter auch nicht genäht. Mañana
- das geht schon in Fehmarn los. Erst nach den Osterferien
kann er für uns die Sachen machen, es sei jetzt
um Ostern Hochbetrieb, klärt er uns auf. (Bestellung
vom September zählt da wohl nicht.) Eine Seefahrt
die ist lustig – momentan sieht sie weniger
lustig aus.
Krantermin!
Der spannende Moment, Momo hängt am Kran, voll
beladen - wird sie schwimmen oder absacken? Sie sinkt
tiefer und tiefer, das Wasser steigt bis leicht über
den Wasserpass. So schwer war sie noch nie. Den Mast
noch aufstellen - alles Routine inzwischen.

Der Kran ächzt, Momo ist schwer beladen
Susi und Paul wollen sich noch verabschieden,
als wir gerade Momo am Rundsteg vertäuen. Sie
segeln jetzt los mit ihrer Segelyacht
Tipsy. Ihr
Törn
soll sie einmal rund um die Ostsee führen. Quasi
auf Momos Spuren. Das Wetter ist herrlich, aber die Temperatur
ist recht
frisch. „Gute
Reise“ wünschen
wir uns gegenseitig. Das war wieder eine ganz eckige
Geschichte, wie wir Susi und Paul kennen gelernt haben:
Über den Link auf unserer Homepage zur Fa.
Dübe haben sie ihr neues gebrauchtes Schiff, die Tipsy gefunden.
Wir kennen die Vorbesitzer Sylvia und Reiner
aus Stuttgart seit über einem Jahr - auch über
Momos Homepage.

Susi und Paul mit Tipsy beim Start zur großen Ostseerunde
Vom totalen Chaos zum geordneten Chaos!
Der letzte Rest von unserem Gepäck steht aufgereiht
auf dem Steg, darunter auch eine schwarze Bosch-Rexroth
Leinentasche (eigentlich immer Uwes Waschbeutel, aber
heute zweckentfremdet und bestückt mit der schwarzen
Dokumentenmappe und der schwarzen Mappe mit meinem
komprimierten Büro). Uwe hilft das Gepäck
auf das Deck zu stellen, dann ist er mit wichtigeren
Dingen beschäftigt. Ich kümmere mich um das
katastrophale Chaos auf und unter Deck. Überall
stehen wieder Kartons, Taschen, Tüten und Beutel.
Kreativität ist jetzt gefragt beim Verstauen in
den wenigen Schubfächer, Schapps, dem Stauraum
unter den Bänken, unter den Betten und den Bodenbrettern.
Die Plätze sind eigentlich schon belegt, jetzt
wird es richtig eng. Erst gilt es die Sachen grob zu
verteilen, um sie dann ordentlicher zu verstauen. Das
endgültige Feintuning wird sich erst unterwegs
ergeben, vielleicht. Vielleicht bleibt es auch ein
Chaos, wenigstens ein geordnetes.

wohin bloß mit dem Zeug?
Wir besitzen an Bord so viele Dinge,
die normalerweise in einer Werkstatt, einem Keller,
Abstellraum, Fahrradschuppen,
Ersatzteillager, Foto- und Computerladen, Lebensmittelladen,
Drogerie, Apotheke, Geschenklädchen, Büro,
Kartenabteilung und Kleiderschrank Platz finden. Fast
alles was wir in den kommenden Jahren brauchen, befindet
sich jetzt auf Momo, unserem Segelboot.
Jetzt kommt der Super Gau!
Alles ist im Schiffsbauch verstaut. Aber wo ist die schwarze
Leinentasche? Die Frage taucht auf, als Uwe seinen
Waschbeutel sucht. Die Waschsachen sind da, aber der
Beutel ist weg. ... Unauffindbar! .... Nirgends! Meine
Nerven liegen blank. Alle Dokumente, einschließlich
Kopien, Schiffspapiere, Führerscheine, Pässe,
Versicherungen, Bankunterlagen, Visa, Impfausweise und und und – weg,
einfach weg!!. Wie kann man auch zwei schwarze Mappen in eine schwarze
Leinentasche stecken, die eigentlich ein Waschbeutel
war. Monate würde uns eine Wiederbeschaffung der
Papiere dauern, ohne sie ist an eine Abfahrt nicht
zu denken. Uwe lässt sich von meiner Unruhe anstecken,
mit der Taschenlampe leuchtet er in alle Ecken, ich
bin mir aber sicher, sie ist nicht da, denn ich habe
sie nicht verstaut. Bestimmt ist der Beutel beim Schiff
beladen über die Reeling gefallen. Eine Stunde
später: zwischen Bordwand und dem kardanisch aufgehängten
Herd, in dem schmalen Spalt, da steht - schwarz, unscheinbar,
schlicht und ganz still - der kostbare Leinenbeutel.
Die Richterskala zeigt Stärke sechs, als der Stein
der Erleichterung auf dem Grund der Ostsee aufschlägt.
Die Crew fällt dem Skipper um den Hals.
Damit sie
nicht verloren
geht,
habe
ich
die Tasche wohl heute früh völlig ohne nachzudenken,
instinktiv hinter dem Herd abgestellt. Ein wirklich
origineller Platz. Auf den Schreck hilft jetzt nur
noch ein Bier zur Beruhigung.

Da ist sie wieder und die Welt ist in Ordnung!
Neue Adresse:
Hafen Burgtiefe, Fehmarn, Rundsteg, Platz Nr. 70
Manche Leute schwören auf ihr Wasserbett, wir
ab sofort auch, auf einem ganz großen schlafen
wir künftig, fast immer werden wir jetzt in den
Schlaf geschaukelt, mal mehr, mal weniger, manchmal
zu heftig, dazu rauscht der Wind und plätschern
die Wellen.
Bord- und Hafenleben:
Immer ist was los! Am Steg gegenüber legt
unser Freund Willi an, mit seiner Freundin Andrea aus
Metzingen und Susanne und Walter aus Kiel. Am Steg
liegt auch Johannes Stöber mit seinem Schiff "Frank
und Frei". Von ihm haben wir die Windfahnensteuerung
im Herbst gekauft, er braucht sie nicht mehr in der
Ostsee. Johannes war im vergangenen Jahr mit der Windfahnensteuerung
im Mittelmeer. Jetzt kann er sie auf Momo montiert
wieder sehen.

Walter aus Kiel und Uwe blasen die Navigationsunterlagen
für die Weltumsegelung auf.
Besuch aus dem Allgäu kommt an: Georg Klingler
mit seiner Familie. Georg richtet uns die Computer
ein, ich bin da im Weg und spiele gerne Fremdenführer
für Maria und die Kinder. Plötzlich klopft
jemand an den Stahlrumpf vom Momo. Erika und Hans aus
Graubünden stehen vor der „Tür“.
Ihr Schiff, die Citadell liegt noch in der Halle im
Nachbarort Lemkenhafen. Erika und Hans wollen im Juni
los zu den Lofoten, die Reise um die Welt treten sie
erst im kommenden Jahr an.
Unser e-mail an Bord läuft
jetzt über Sailmail, Jörg Drexhagen von der
Firma Yachtfunk baut
uns ein neues Modem ein. Wir hoffen jetzt, gute Verbindung
mit dem Rest der Welt in den
kommenden
Jahren
aufrecht erhalten zu können.

es hirnen v.l.n.r. Georg, Jörg und Uwe
Fast jeden Morgen bringt uns Herr Wohler
etwas von der Post mit oder von der Halle: Motorenöl,
den Außenborder, ein Paket von daheim, er ändert
noch was an den Maststufen, für das Bücherbord
konstruiert er eine neue "Reeling", damit die Sachen
bei Lage nicht so leicht abstürzen, und eine zusätzliche
Ankerbefestigung zur Sicherung bei starkem Seegang.
Der neue Spibaum sollte auf gleiche Länge wie
der alte gesägt werden, das ist aber nicht möglich,
er ist nämlich zu kurz. Wir brauchen einen neuen
Baum.
Ein Verkabelungs- oder Geräteproblem mit dem
GPS zum Laptop tritt auf, bis jetzt ungelöst.
Ein Motorstartversuch schlägt fehl, auch noch
ungelöst. Das Segelsetzen vertagen wir von Tag
zu Tag, der starke Ost-Wind schlägt sie uns sonst
um die Ohren. Im Hafen driften selbst die Schwäne
mit schräg gerecktem langen Hals gegen den Wind.

Momo, jetzt auch im Norden bekannt!
Heute früh bringt uns Herr Bode die Lübecker
Zeitung mit einem Artikel der Ostholsteiner Nachrichten
mit. Darin abgedruckt ein halbseitiger Artikel: „Mit
Momo und dem Wind drei Jahre rund um die Welt“.
Auf dem Titelbild ist Momo am Rundsteg zu sehen und
vom Skipper leider nur das Hinterteil, geschnürt
mit dem Klettergurt. Ein Einklinker zeigt uns dann
aber noch gemeinsam, passend zum Wetter – im Ölzeug.
Den Klettergurt hat Uwe öfters an, ständig
hat er einen Grund um auf den Mast zu klettern, mit
den Stufen geht das jetzt viel einfacher.

Und wieder Besuch, am Samstag kommen
Gert und Veronika aus Heiligenhafen. Sie haben www.momos-meilen.de
gelesen
und wollen uns persönlich kennen lernen. Wir verbringen
einen netten Nachmittag an Bord, es gibt viel zu erzählen.
Die beiden wollen mit ihrer SY Kiwi dieses Jahr zu
den Lofoten segeln.

Seit 14 Tagen macht die Sonneninsel
ihrem Namen alle Ehre, strahlender Sonnenschein,
glasklare Luft, bei
bis zu 7 Windstärken im Hafen fühlt sich
das an wie im Winter bei 0 Grad und das Ende April.
Aber jetzt gibt es erst mal einen Festschmaus
- Fehmarn-Spargel! Unter
der Erde und der warmen Plastikfolie kriegt der
Spargel den kalten Wind nicht so mit
wie wir.

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