1.
Dezember 2007, Standort: Fehmarn
Momos
Reise ins Winterlager
Da
ist man mal ein paar Monate unterwegs und schon erwarten
uns zu Hause zwei Enkelkinder. Lilli, sie wurde in
USA geboren gerade als wir im Hafen von Mariehamn in
Aland lagen, ist gerade zu Besuch da, und Greta aus
München beeilt sich und kommt am 19. September
zur Welt. Süß sind die zwei Mädels.
Moin,
moin - zurück im Norden
Zurück im Norden, es ist inzwischen Sonntag, der 23. Sept. 2007. Die Tage
sind kürzer geworden. An Arbeit ist heute nicht mehr zu denken, die verschieben
wir auf morgen und beschließen den Tag gemütlich in der Brauereigaststätte
in Flensburg.
Dann
sind wir
aber nur noch für Momo da, hat sie uns schließlich
5000 Seemeilen sicher und zuverlässig über
die Ostsee gebracht, von einem Hafen und einem
Ankerplatz zum anderen. Bei jedem Wetter konnten
wir uns auf sie verlassen. Letztes Jahr haben wir
sie wegen Uwes Bandscheibenvorfall ganz schnell
in Schweden auf der Gryts Werft abgestellt. Da
unsere Momo bekanntlich aus Stahl ist, verlangt
sie extra viel Zuwendung.
Was bisher
geschah
Während
wir in Kornwestheim waren hat Flocki, Allroundgenie
und unser Elektriker, die Reparatur am Kühlschrank
ausgeführt. Die Segelmacherei am Ort, Granow
und Schiller, hat zuverlässig wie immer unsere
Segelreparaturen erledigt.
Der
Radarmast wird umgebaut
Unser
Edelstahlfachmann Stefan
Urban kommt prompt auf unseren Anruf und nimmt,
wie telefonisch schon
besprochen, den 3,50 Meter hohen Radarmast mit,
um ein Scharnier an zu schweißen, der Mast
soll künftig im Winterlager umgelegt werden
können. In der Backskiste kauernd hat Uwe
zuvor die ganze Elektrik abgeklemmt. Schon am nächsten
Tag bringt Stefan den Mast wieder. Aufstellen,
verspannen. Radar, Windgenerator, Hupe und UKW-Antenne
schließt
der Elektriker an. Toll so zuverlässige Handwerker
zu haben.
Der
Skipper als Schreiner
Skipper Uwe ist nun als Schreiner gefragt, er sägt und raspelt unser solide
eingebautes Schränkchen aus der Schlafkoje heraus. Er hat meine „Maulerei“,
dass ich nicht genügend Platz zum Schlafen habe, satt. Die Aktion viel
schlimmer als gedacht und wahnsinnig staubig. An der jetzt leeren Rückseite
am Schiffsrumpf muss eine Verkleidung angebracht werden. Dazu lassen wir uns
vom Tischler Teakholzleisten auf Maß sägen. Ganz einfach mit Epoxy-Kleber
am Schiffsbauch anbringen, - fertig. Von ganz einfach keine Spur, mit der Spannung
der Leisten in der Rundung haben wir nicht gerechnet, aber mit Geduld und Tricks
schaffen wir es.
Besuch
an Bord und Großeinkauf
Abends ein Klopfen an
unserem Stahlrumpf, Peter und Sachiko, von der Segelyacht
Lop Nor, die auch im Hafen von Sonwik, liegt, stehen
mit einer Flasche Wein an unserer „Tür“.
Peter und Sachiko sind dieses Jahr die norwegische
Westküste bis zum Nordkap hoch gefahren, das
interessiert uns sehr, denn genau das haben wir ja
nächste Jahr vor. Großeinkauf beim super
Farbenhändler Petersen in Flensburg. Die fachkundige
Bedienung und das Sortiment suchen ihresgleichen.
Wir brauchen Farbe, Lack, Kleber, Epoxi, Pinsel und
vieles mehr.
Krafttraining
mit Bleibarren
Anschließend Krafttraining
mit unseren Bleibarren. Aus Trimmgründen liegen
diese unter den Bodenbrettern im Vorschiff. Uwe meint,
die müssen mal raus, der Boden kontrolliert
und wieder eingeräumt werden. 400 kg in handlich
kleinen aber sehr schweren Barren raus und wieder
rein puzzeln. Auch die 70 Meter lange Ankerkette
lassen wir auf den Steg aus rauschen, wir spülen
sie ab und lassen sie trocknen, bevor sie wieder
in der Ankerbox verschwindet.
Tief
Faysal und der erste Herbststurm
Am Freitag herrscht Schiet Wetter – kalt, Dauerregen, Nordost-Sturm mit
43 Knoten, das bedeutet Hochwasser. 1,30 Meter über dem mittleren Wasserstand
in der Förde, sogar die Fehmarnsundbrücke ist gesperrt. Wir liegen
in Sonwik gut in der Ostabdeckung und kriegen - außer Hochwasser - vom
Sturm nicht viel ab. Das richtige Wetter, um sich mit den Teakleisten weiter
zu beschäftigen. Im 12 Stunden Rhythmus streichen wir sie nun mit Zweikomponentenklarlack,
einmal – zweimal – dreimal. Nachts ist der Lackgestank besonders
lästig.
Arbeiten
in den unbequemsten Lagen
Auch
unseren 600 Liter Edelstahl-Wassertank haben wir
sauber, blitzblank und trocken gemacht, wir wollen
ihn später mit einer Spezialfarbe streichen.
Statt mit gewohntem Fließwasser leben wir jetzt
aus dem Wasserkanister. Die Bilge, ein Loch mit fast
zwei Meter Tiefe und die tiefste Stelle im Schiff überhaupt,
ist jetzt an der Reihe. Saubermachen, trocknen, entfetten,
mit Rostschutz behandeln und flüssiges Epoxitharz
in die Kanten streichen.
Der
Staubsauger hat jetzt seinen Einsatz, dazu heben
wir alle Bodenbretter an und untersuchen dabei den
Stahlboden auf Roststellen, die bessern wir dann
auch gleich aus. Und dann das ganze Chaos im Schiff
wieder aufräumen!
Ist
die Momo-Baustelle noch fahrtüchtig?
Beim
Absegeln des Segelvereins von Sonwik machen wir mit,
müssen mal testen, ob die Momo-Baustelle noch
fahrtüchtig ist. Wir SEGELN die Förde runter
bis zur Ochseninsel. Jeder Segler ist heute unterwegs,
kreuz und quer huschen die weißen Segel. Keine
Sekunde kann man entspannt an Bord stehen, ständig
gilt es Ausschau zu halten, wer jetzt Wegerecht hat,
ob man seinen Weg fortsetzen kann, abfallen oder
anluven muss, eventuell bleibt nur noch die Wende
um einen Crash zu verhindern. Der Skipper findet
das toll, die Crew überhaupt nicht. Zurück
im Hafen gibt’s dann „Flens“ und
Currywurst mit Pommes.
Langsam wird es Zeit, unser Winterlager aufzusuchen, der Krantermin auf Fehmarn
steht fest. Zwei Stunden lang fahre ich durch das herbstliche Schleswig-Holstein
und setze unser Auto nach Burgtiefe auf Fehmarn um. Zurück fahre ich mit
verschiedenen Bussen, ab Kiel mit dem Zug und dann wieder mit dem Bus. 9 Stunden
später bin ich zurück in Flensburg.
Wir
verlassen unseren fast schon zur Heimat gewordenen
Hafen Sonwik
Schon
wieder ist Sonntag, ein kalter Morgen. Wir verlassen
den Hafen Sonwik um 9.20 Uhr. Unter Motor fahren
wir die Flensburger Förde hoch, hinter dem Leuchtturm
Kalkgrund biegen wir rechts ab zur Schlei, einer
flussartig verengten idyllischen Förde. Nach
dem schwarz-weiß gestreiften Leuchtturm Schleimünde
laufen wir im engen Tonnenstrich den Hafen Maasholm
an. Nach 33 Seemeilen machen wir hier Zwischenstation.
Momo ist einiges langsamer als unser Auto, das die
Strecke Flensburg-Fehmarn nonstop in 2 Stunden geschafft
hat.
Olympiahafen Kiel Schilksee
Am
nächsten Morgen setzen wir die Segel, Ziel Kiel.
Dort wollen wir uns mit Herrn Reincke, dem Macher
von Kiel Radio treffen, da der Funk noch optimiert
werden muss. Wind und unsere Richtung passen nicht
zusammen. Bei Süd und später Süd-Süd-Ost-Wind
müssen kreuzen, hin und her, Kiel in weiter
Ferne, wollen wir nach Dänemark? Nein. Endlich
wirft Uwe den Motor an – direkter Kurs Kiel,
wird auch Zeit. Dichter Schiffsverkehr erwartet uns
jetzt. Frachter, Fähren, Dampfer, alle auf dem
Weg von und zum Nord-Ostsee-Kanal. Wir steuern den
Hafen Kiel Schilksee an. Betonhauskomplexe an Land,
groß, unpersönlich, das Projekt aus den
70er Jahren wurde gebaut als Olympiahafen für
die Spiele von 1972. Der Hafen selber ist gigantisch
groß, jedes Jahr treffen sich hier 5000 Segler
aus 70 Nationen zur Kieler Woche. Auch Kaiser Wilhelm
II ist hier 1894 schon mit seiner Yacht Meteor Regatta
gesegelt.
Am
5. 10. legen wir in Schilksee wieder ab, zur allerletzten
Fahrt in diesem Jahr. Hoch Olga beschert uns Regen.
Wir müssen das Schießgebiet Todendorf
umfahren. Der Wind dreht ständig mit, manchmal
schaffen wir nur mühsam die Tonnen, die das
Schießgebiet abgrenzen. Die Fehmarnsundbrücke!
Wir bahnen uns einen Weg zwischen den vielen kleinen
Fischerbötchen hindurch, die direkt unter der
Brücke stehen und auf ihren besten Fang warten.
Wiedersehen
mit Hakuna Matata
Wir
laufen den Hafen Burgstaaken an, zum Tanken. Leider
ist der Sprit an der Tankstelle alle. Aber an der
Kaimauer steht der Katamaran Hakuna Matata, den wir
letztes Jahr in Lettland getroffen haben mit Skipper
Dietmar. Dietmar und seine Frau Karin warten auf
den Kran, der ihr Schiff aus dem Wasser heben soll.
Wir verabreden uns für heute Abend zum Essen
in einer Strandkneipe, es gibt viel zu erzählen,
sind wir uns doch in dieser Saison auf dem Wasser
nicht begegnet.
Endstation
Burgtiefe auf der Insel Fehmarn
Dann
rüber zum Nachbarhafen Burgtiefe, dort machen
wir Momo fest. Die Segel müssen wieder runter,
die Schoten und Fallen verstaut werden. Auch der
Perkins Motor braucht unsere Aufmerksamkeit, auf
ihn konnten wir uns während unserer langen Reise
hundertprozentig verlassen. Er bekommt einen Ölwechsel,
den Kraftstofffilter und den Kraftstoffvorfilter
ausgetauscht, eine Süßwasserspülung
und Frostschutz eingefüllt und alle Schrauben,
Anschlüsse und Schläuche kontrolliert.
Noch ein paar Routinearbeiten, dann ist unser Schiff
fertig zum Kranen.
Momo
will abtauchen
Um
Momos Bauch werden breite Bänder gelegt, der
grantige, gut genährte Kranführer, hebt
per Knopfdruck die 14 Tonnen hoch. Mir bleibt das
Herz fast stehen, sehe ich das Schiff schon als U-Boot
abtauchen. Momo hängt total schräg an der
Traverse, der Bug Kopf über dem Wasser, das
Heck reckt in die Höhe. Uwe, der Kranführer,
setzt die 14 Tonnen nochmal ins Wasser ab und hängt
die Bänder um, jetzt klappt es.
Ein
Ungetüm fährt über die Straßen
von Fehmarn
Unglaublich,
aber wahr, das schwere Schiff wird auf einen Trailer
gesetzt, gezogen von einem Bulldog (Traktor). Ob
das wohl gut geht? Eine abenteuerliche Fahrt beginnt
jetzt. Mit e l f Stundenkilometern schleicht das
Gespann über die Straßen vonl Fehmarn.
Das Ungetüm fährt durch die Hauptstadt
Burg, passt gerade so zwischen den schönen Baumalleen
durch, im zirka sechs Kilometer entfernten Ort Niendorf
ist die Reise auf der Waschplatte neben der Bootshalle
zu Ende. Überall sonst wäre das seltsame
Gefährt ein Schwertransport mit Polizei vorne
und hinten, auf Fehmarn gehört das zum Straßenbild
im Frühjahr und Herbst.
Putzen,
schleifen, grundieren, spachteln und lackieren
bestimmen die nächsten Tage
Heil
angekommen, putzen wir das Unterwasserschiff, den
Rumpf und das Deck mit dem Hochdruckreiniger ganz
sauber und lassen dann Momo im Hof der Dübe-Werft stehen, erst nach den Schleifarbeiten wollen wir
sie in die
Halle bringen lassen.
Eine
einzige Kletterei werden die folgenden Tage: Leiter
rauf zur Momo und wieder runter. Am dringendsten
ist jetzt das schleifen, spachteln und streichen
einiger Roststellen am Unterwasserschiff. Zu schnell
wird es dunkel. Auf dem wohl ältesten Hof im
Ort Niendorf, finden wir für die kommenden Nächte
eine gemütliche Ferienwohnung.
Wir trainieren
unsere Armmuskeln
Zum
Arbeiten müssen wir ein Gerüst, bestehend
aus Böcken und einem „Laufsteg“ aus
3 (drei) zusammen geschraubten Baudielen aufstellen.
Das Ganze muss ständig nachgerückt und
die 3-er Bretter hoch gestemmt werden, das gibt Armmuskeln!
Und erst das Schleifen! Uwe steht den ganzen Tag
mit dem Exzenterschleifer auf dem Podest und schleift
Momos blaue Farbe ab. An Deck krieche ich mit der
kleinen Multimaster-Schleifmaschine herum und schleife
das lackierte Teakholz an. Zum Glück wird es
auch heute dunkel und wir können total erschöpft
pünktlich Feierabend machen.
Die Farbe blau verfolgt uns,
aber 3 Tage später steht Momo da wie neu
Der nächste Morgen beginnt leider
nochmal mit schleifen. Bevor Momo dann mit dem Traktor
in die Halle gefahren wird, bekommt sie zum Entstauben
nochmal eine Dusche mit dem Hochdruckreiniger. Jetzt
geht es in die Halle, haarscharf passt sie mit gelegtem
Radarmast durch das Tor! Wieder müssen wir unser
schweres Gerüst aufbauen, dann streichen wir
zum Üben erst den oberen weißen Streifen,
dann bleibt für heute nur noch Zeit die besonders
kritischen Stellen am Rumpf blau vor zu streichen,
um am nächsten Tag das komplette Schiff mit
der Zweikomponentenfarbe zügig lackieren zu
können.
Es
ist hart, jeden morgen wieder in der Arbeitsoverall
zu steigen und zur „Baustelle“ zu fahren.
Heute walzt Uwe mit Routine die Farbe auf und ich
verschlichte, direkt im Anschluss, mit einem kleinen
Schaumstoffpinsel den frisch aufgetragenen Lack,
so sollen möglichst keine Streifen entstehen.
Tausend mal gehe ich dazu hoch und runter in die
Knie, das gibt Muskelkater!
Alles
wunderbar, aber e i n Anstrich reicht nicht, wir
müssen noch einmal streichen , das war eigentlich
nicht vorgesehen! Es wird ein zusätzlicher Tag
und zweitausend mal mit dem Schaumstoffpinsel in
die Knie gehen.
Uwe
Kopfunter im Wassertank
Der
Wassertank braucht auch noch seine Spezialfarbe,
insgesamt drei Lagen. Dazu hängt Uwe brutal
ungemütlich kopfüber oder kopfunter in
dem dunklen Mannloch, ich leuchte mit der Lampe und
tauche den Pinsel, den er mit meinem Kochlöffel
verlängert hat, in die zähe Farbe..
Endspurt
Teakholz
mit Klarlack streichen, Windmesser ausbauen, der
misst falsch und muss zu einem Fachmann geschickt
werden. Hundert Kleinigkeiten noch. Auch bespricht
Uwe mit dem sehr fachkundigen Jörn Wohler von
der Firma
Dübe noch alle möglichen Probleme
und Fragen, auch Arbeiten, die nach unserer Abreise
gemacht werden müssen. Zum Beispiel der Austausch
der Batterien und der Einbau einer Heizung, die mit
der Abwärme des Motors heizen soll. Nächstes
Jahr kann es kalt und feucht werden im Hohen Norden
Norwegens.
Die
Crew fährt ins "Winterlager"
Inzwischen
ist schon der dritte Sonntag, es gibt immer noch
was zu tun, wir sind aber erledigt und hören
jetzt einfach auf – Punkt. Momo ist gut aufgehoben
in Dübes Winterlager und wir setzen uns erleichtert
hinter das Steuer unseres voll beladenen VW-Busses
und fahren die 750 Kilometer auf der Autobahn heim
ins Winterlager der Crew - nach Kornwestheim.
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